Yaron Zilberman inszeniert sein Spielfilmdebüt, ein Drama um die Existenzkrise eines Streichquartetts, mit der Präzision eines Musikvirtuosen. Dennoch wirkt der primär von seinen prominenten Hauptdarstellern getragene A Late Quartet wie eine verpasste Chance.
25 Jahre ist es her, seit der Musikprofessor und Cellist Peter
Mitchell (Christopher Walken) den begabten Jung-Violinisten Daniel
Lerner (Mark Ivanir) gebeten hat, mit ihm das Fugue String Quartet zu
gründen. Um das Jubiläum gebührend zu feiern, nimmt sich die
inzwischen weltberühmte Truppe für die kommende Tournee Beethovens
14. Streichquartett vor. Während der Proben wird bei Peter Parkinson
im Frühstadium diagnostiziert. Zwar kann der Verlauf der Krankheit
mit Medikamenten verlangsamt werden; da er jedoch seine Karriere so
oder so nicht mehr lange verfolgen kann, entschliesst sich Peter
dazu, das Konzert zur Saisoneröffnung zu seinem Abschiedsauftritt zu
erklären. Diese Hiobsbotschaft führt zu Spannungen innerhalb von "The Fugue": Robert Gelbart (Philip Seymour Hoffman, stark wie
gewohnt) ist es leid, zweite Geige zu spielen und verkracht sich
deshalb mit Daniel, der daraufhin Hilfe bei Roberts Ehefrau Juliette
(Catherine Keener), der Bratschenspielerin des Quartetts, sucht.
Zudem wirft er ein Auge auf Alexandra (farblos: Imogen Poots), die
erwachsene Tochter der Gelbarts.
Übereinstimmend mit dem Thema seiner ersten narrativen Regiearbeit,
ordnet der Israel-Amerikaner Yaron Zilberman die von ihm und Seth
Grossman entworfene Handlung fast gänzlich der Musik unter. Nicht
nur verwandeln sich so einfachste Alltagstätigkeiten –
elegantestes Beispiel: Roberts Kaffeezubereitung – dank klassischer
Musikuntermalung (Beethoven, Haydn, Bach, Korngold) in rhythmische
kleine Vignetten; auch das Motiv des Films wird am zentralen
Musikstück, Beethovens siebensätziges Streichquartett Nr. 14 in
cis-Moll op. 131, ausgerichtet: Nach Anweisung des Komponisten solle
das ungewöhnlich lange Werk "attacca", ohne Pause, gespielt
werden, sodass mit fortlaufender Konzertdauer die einzelnen
Instrumente sukzessive verstimmen, alle auf ihre eigene Art und
Weise. "Wollte der Künstler", fragt Peter, "etwa auf einen
Zusammenhang hindeuten, auf eine Einheit zwischen den zufälligen
Begebenheiten des Lebens?" Lohnt es sich überhaupt, sich stets neu
auszurichten, wenn jeder Mensch, wie sein Instrument, unweigerlich "verstimmen" wird?
Das Fugue String Quartet (v.l.): Daniel (Mark Ivanir), Robert (Philip
Seymour Hoffman), Peter (Christopher Walken) und Juliette (Catherine
Keener).
© Pathé Films AG
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Um diese enge Beziehung zwischen dem Leben und der Kunst zu
illustrieren, schicken Zilberman und Grossman ihre Figuren auf eine
tiefgreifende Sinnsuche, die schlussendlich auf ein feinsinniges und
berührendes Finale hinausläuft. Leider aber wirken die beiden
Autoren gerade in Bezug auf die für die Geschichte so wichtigen
Verstimmungen etwas wankelmütig. Während Peters Krankheit, nicht
zuletzt dank des überragenden Christopher Walken der emotional
resonanteste Teil des Films, immer mehr zur Nebensache verblasst,
rücken die eher eindimensionalen, mitunter komödiantisch
angehauchten Liebeleien von Robert, Juliette und Daniel in den
Vordergrund, welche stellenweise doch sehr an die weniger gelungenen
Werke Woody Allens erinnern.
So stolpert die souveräne Inszenierung letztlich über einen
unsteten Inhalt. Dass A Late Quartet an diesem beträchtlichen
Defizit nicht zerbricht, beweist einmal mehr den Wert überzeugender
Schauspieler.
★★★
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