Die erste Phase des Marvel-Projekts, eine Reihe inhaltlich miteinander verbundener Comicverfilmungen zu drehen, endete im vergangenen Sommer mit dem bei Kritik wie Publikum gleichermassen erfolgreichen The Avengers. Phase zwei startet mit dem zwar unterhaltsamen, aber letztlich enttäuschenden Iron Man 3.
Als das Kinopublikum den egomanischen Milliardär und Philanthropen
Tony Stark (Robert Downey Jr. – wie immer ein Genuss) alias Iron
Man das letzte Mal zu Gesicht bekommen hat, beförderte er eine
Atombombe per Wurmloch ans andere Ende des Universums, schaffte es
knapp zur Erde zurück, wo er mit seinen Freunden und
Superhelden-Kollegen (darunter Hulk, Thor und Captain America) wieder
vereint wurde. Im dritten Teil der Iron Man-Franchise lässt
Shane Black, der das Regie-Zepter von Jon Favreau übernommen hat,
Tony mit den Folgen dieser Ereignisse kämpfen.
Von Schlaflosigkeit und Panikattacken heimgesucht, stürzt er sich in
seine Arbeit und werkelt tagein, tagaus an seinen Super-Rüstungen,
während seine Freundin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow) sein
Geschäftsimperium führt und sein Assistent James Rhodes (Don
Cheadle) als metallener Iron Patriot die USA beschützt. Es droht
jedoch Gefahr: Der mysteriöse Mandarin (Ben Kingsley) terrorisiert
mit Hilfe des Wissenschaftlers Aldrich Killian (Guy Pearce) das Land
mit Bombenanschlägen. Als Tony, dessen Alter Ego jeder kennt, dem
Mandarin offen droht, geraten er und seine Liebsten ins Visier des
Verbrechers.
Ein vereinendes Merkmal jüngerer Kinointerpretationen von
Marvel-Superhelden (Iron Man, Thor, Captain America:
The First Avenger, The Amazing Spider-Man) ist deren
Fähigkeit, die eigenen Mängel aufzuwiegen. Fadenscheinige Plots,
zweifelhafte Szenarien und zuweilen unterdurchschnittliche Dialoge
wurden durch stilvoll vorgetragene Action, Momente emotionaler
Zugkraft und der kindlichen Freude an neurotischen Männern in
grellen Kostümen zwar nicht ausgemerzt, aber doch aufgewogen.
Entsprechend wurde die begeisterte Rezeption von The Avengers primär der Tatsache zugeschrieben, dass Regisseur Joss Whedon das
Medium Comic richtig verstanden hatte und nicht davor
zurückschreckte, dessen klassischen, altbackenen Heroismus zu
zelebrieren.
Der psychisch angeschlagene Tony Stark (Robert Downey Jr.) widmet
seine Zeit dem Verbessern seiner Iron-Man-Rüstung.
© Marvel
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Der Weg, den Shane Black in Iron Man 3 einschlägt, führt in
eine andere Richtung: Zwar bietet auch er mitreissende
Verfolgungsjagden und Prügeleien zu Land, zu Wasser und in der Luft,
doch gleichzeitig ist er versessen darauf, mit der Tradition zu
brechen. Dass dies nicht grundsätzlich schlecht sein muss, haben
andere vor ihm bewiesen, doch Black leistet sich in seiner zweiten
Regiearbeit eindeutig zu viele Schnitzer, um die Vorzüge von Jon
Favreaus ersten beiden Teilen vergessen zu machen. Ein Hauptproblem
stellt dabei das chaotische, unstete Drehbuch dar, verfasst – und,
wie es scheint, mehrfach umgeschrieben – von Drew Pearce und Black
selbst, welches sich einerseits über die Comic-Tropen wie
überdramatische Sinnsprüche oder stereotype kriminelle Genies
lustig macht, andererseits aber Tony Stark "good old-fashioned
revenge" schwören lässt.
Die lakonischen Sprüche von Robert Downey Jr. mögen sich gehalten
haben, der Film geizt nicht mit grossen Momenten und die Effekte sind
einwandfrei; doch der Wert des Gesamtprodukts wird durch Blacks
oftmals verheerende Entscheidungen erheblich vermindert. Bestes
Beispiel ist Ben Kingsleys Darbietung, vielleicht seine beste seit
Jahren, welche dank einer Wendung, deren Zweck nicht der Story,
sondern lediglich einem kurzlebigen Witz dient, verschwendet anmutet. Kein Marvel-Streifen vermochte bis dato restlos zu überzeugen, doch Iron Man 3 gesellt sich zu den wenigen Einträgen, deren
Defizite sich in ihrem ganzen Ausmass bemerkbar machen.
★★
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