Für jene zumeist jüngeren Zuschauer, welche 2010 dem Debüt des
Illumination-Entertainment-Studios, Despicable Me von Pierre
Coffin und Chris Renaud, dazu verholfen haben, sich an den Kinokassen
neben Toy Story 3 behaupten zu können, dürfte das neu
erschienene Sequel genau das bereit halten, was sie sich erhofft
haben. Riskiert wird in Despicable Me 2 nichts; Renaud, der
nach dem völlig missratenen The Lorax gut daran tut, sich von
Adaptionen fernzuhalten, und Coffin sowie die Autoren Ken Daurio und
Cinco Paul filmen nach Zahlen und sind sichtlich darum bemüht, jene
Elemente in den Vordergrund zu rücken, welche sich vor drei Jahren
als besonders rentabel erwiesen haben.
Entsprechend wirkt diese Fortsetzung wie eine aufgeblähte
Best-of-Sammlung der populärsten Figuren-Manierismen des ersten
Teils. Die Geschichte um den zum hingebungsvollen Adoptivvater
gewordenen Bösewicht Gru (Stimme: Steve Carell), der mit Hilfe der
tollpatschigen Geheimagentin Lucy (Kristen Wiig) einen unbekannten
Superschurken ausfindig machen soll, ist noch dünner als die des
Originals und dient lediglich dazu, Gru, seine kleinen gelben
"Minions" (gesprochen von Coffin und Renaud), Töchter
Margo (Miranda Cosgrove), Edith (Dana Gaier) und Agnes (Elsie Fisher)
in Situationen zu versetzen, die zu schnellen Lacher verleiten.
Dabei werden die ohnehin nur spärlich vorhandenen Charakterzüge der
Figuren noch weiter reduziert, während das Geschehen um sie herum
ausladender, lauter und explosiver wird. Während Agnes sich
mittlerweile nur noch durch ihre obsessive Natur auszeichnet –
vermutlich dank der Beliebtheit ihrer "It's so fluffy"-Linie
in Despicable Me, wirft sich die vernünftige Margo plötzlich
stotternd dem erstbesten Schönling gleichen Alters an den Hals;
derweil Edith, dramaturgisch das fünfte Rad am Wagen, beinahe
unsichtbar wird, wäre ihr nicht eine unerklärte, aber angesichts
ihrer Abwesenheit passende Faszination mit japanischer Ninja-Kultur
angedichtet worden.
Auf ihre Kosten sind nun die Minions ins Rampenlicht gerückt, welche
2014 in ihrem eigenen Langspielfilm agieren werden. Ob Illumination
Entertainment sich mit dieser Entscheidung einen Gefallen getan hat,
bleibt abzuwarten, sind die inkompetenten Helferlein, offenkundig
angelehnt an Pixars Plüsch-Ausserirdische aus der Toy
Story-Franchise, doch grundsätzlich eindimensionale Konstrukte
mit einem Repertoire von zwei Witzen – ihrer aus Französisch,
Englisch, Italienisch und Spanisch zusammengesetzten
Kauderwelsch-Sprache und ihre unbeholfenen Fehden untereinander. Eine
abendfüllende Plattform dürfte die Kapazität der Minions-Possen
überstrapazieren.
Superschurke Gru (Stimme: Steve Carell) muss mit Agentin Lucy (Kristen Wiig) einen neuen Bösewicht ausfindig machen – in einem Shopping Center. © Universal Pictures |
Trotzdem tragen auch sie mit vereinzelten Momenten der
Slapstick-Inspiration zum unzweifelhaften Unterhaltungswert von
Despicable Me 2 bei. Zwar ist der Humor an vielen Stellen
entlang der Altersgrenzen konzipiert – Minions, Furzgewehre und
Tanzeinlagen für Kinder, Anspielungen (darunter, kurioserweise, The
Love Boat) und "erwachsener" Humor für Zuschauer über
dem zwölften Lebensjahr –, doch da der Film keinerlei Risiken
eingeht, liegt er qualitativ auch nicht weit hinter seinem insgesamt
recht amüsanten Vorgänger zurück. Beträchtlichen Anteil daran
haben einmal mehr die prominenten Synchronsprecher, welche auch in
kleineren Nebenrollen zu gefallen wissen, so etwa Russell Brand als
Bösewicht-Assistent Dr. Nefario oder Kristen Schaal in einer für
sie durch und durch untypischen Rolle.
Getragen wird der Film letztlich aber von Steve Carells Gru, einer
starken Figur, herausragend verkörpert, und Kristen Wiigs Sonderling
Lucy, die, ganz im Stil von Sally Hawkins in Happy-Go-Lucky,
das Kunststück vollführt, dem Kinogänger nach anfänglichen
Irritationen allmählich ans Herz zu wachsen – ohne ihr Wesen
erkennbar zu verändern. Es ist ein Schimmer von Menschlichkeit, der
Despicable Me 2 andernorts fehlt, weshalb er, wie schon Teil
eins, nicht lange im Gedächtnis haften bleiben wird. Dennoch gibt es
mühseligere Arten, einen Nachmittag zu füllen.
★★★
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