Der neue Film des französischen Regisseurs Louis Leterrier
funktioniert, ganz seinem Thema entsprechend, wie ein Zaubertrick,
wenn auch nur wie ein mittelmässiger. Mit einer vielversprechenden
Prämisse zieht er einen zwar in seinen Bann und führt mit geübter
Hand sein unterhaltsames Programm vor. Doch anstatt von der
Raffinesse des Magiers beeindruckt zu sein, fühlt man sich von ihm
übers Ohr gehauen.
Now You See Me
versucht, die düstere
Faszination des gehobenen Taschenspielertricks, wie sie Christopher
Nolan in The Prestige
vergleichsweise erfolgreich porträtiert hat, mit leichtfüssigem
Heist-Kino im Stile von Steven Soderberghs Ocean's-Trilogie
zu vermischen. Zu diesem Zweck schicken die drei Drehbuchautoren Boaz
Yakin, Edward Ricourt und Ed Solomon The Four Horsemen auf die Reise,
eine Gruppe von Strassenzauberern, die unter mysteriösen Umständen
zusammen finden.
Daniel (Jesse Eisenberg) führt sein Publikum mit seinen schnellen
Fingern hinters Licht, Henley (Isla Fisher) verdient sich ihr Geld
als Entfesselungskünstlerin, Merritt (Woody Harrelson) ist ein
hinterlistiger Mentalist, Jack (Dave Franco) ein gewitzter
Taschendieb. Zusammen stellen sie in Las Vegas eine Aufführung auf
die Beine, an deren Ende das Ausrauben einer Pariser Bank steht; der
Erlös der Aktion wird auf spektakuläre Art und Weise an die
Zuschauer weitergegeben. Als sich herausstellt, dass der Tresorraum
besagter Bank tatsächlich geleert wurde, nehmen FBI-Agent Dylan
Rhodes (Mark Ruffalo) und die Interpol-Novizin Alma Dray (Mélanie
Laurent) die Verfolgung auf. Doch trotz der Unterstützung des
Ex-Magiers Thaddeus Bradley (Morgan Freeman) sind sie den Horsemen
immer einen Schritt hinterher.
Gezielte Irreführung des Publikums ist die Basis jeglicher
Bühnen-Magie. Nicht dort, wo der geübte Illusionist hindeutet,
geschieht das Kunststück, Hinweise sind verschlagene
Ablenkungsmanöver, der freie Wille des Zuschauers ist eine Illusion.
So lautet der mantrahafte Kernsatz von Now You See Me, der
sich ohne weiteres auch auf das Filmmedium als Ganzes anwenden lässt.
Verfügt ein Regisseur über genügend Fingerfertigkeit, ist er in
der Lage, Emotionen und Erwartungen nach Belieben zu manipulieren,
ohne den Konsumenten vor den Kopf zu stossen.
Zu Beginn gelingt dies Leterrier problemlos: Die vier diebischen
Magier werden mit durchaus verblüffenden Einzeleinlagen eingeführt,
deren Faszination auch im Angesicht von Schnitt und CGI nicht
wesentlich geschmälert wird. Die Exposition geht zügig voran;
dynamische Kameraschwenks verhelfen den einleitenden Szenen zu
Bewegung, die Musik kündet vom Mysterium um den geheimnisvollen
fünften Horseman. Von den Schauspielern erweisen sich vorab Jesse
Eisenberg und Woody Harrelson als gewichtig genug, den bestenfalls
verschwommenen Figurenkonturen zu einer enigmatischen Aura zu
verhelfen.
The Four Horsemen: Daniel (Jesse Eisenberg, hinten links), Henley (Isla Fisher), Merritt (Woody Harrelson, rechts) und Jack (Dave Franco). © Ascot Elite |
Doch da Leterrier Now You See Me buchstäblich als Zaubertrick
versteht, kümmert er sich, um der klimaktischen Wendung willen,
welche zwar einigermassen zu überraschen, aber nicht zu überzeugen
vermag, mehr um die verstreuten Ablenkungen als um den eigentlichen
Plot. Dass ein mitreissender Heist-Thriller von seiner Diebesbande
abhängig ist, wird spätestens dann evident, als der Film im zweiten
Akt seinen Fokus auf Dylan zu richten beginnt. Fortan muss sich der
Kinogänger mit dem denkbar unattraktiven Blickwinkel der betrogenen
Seite begnügen; wie in einer Zauber-Vorstellung kann er dem
Geschehen aus eigener Kraft nicht folgen; er bedarf der umständlichen
Erklärungen Thaddeus Bradleys, um das Vorgehen der ursprünglichen
Protagonisten nachvollziehen zu können.
Im Zuge dieser Verlagerung werden die Szenarien unübersichtlicher,
actionreicher, weniger raffiniert; anstatt sich zu verdichten, löst
sich der Plot in seine unglaubwürdigen Einzelteile auf. Themen und
Motive wie Almas Hohelied vom blinden Glauben oder die populistischen
Fischzüge der Four Horsemen, etwa das Blossstellen eines
Versicherungsmagnaten (Michael Caine) vor einem Auditorium voller
Hurrikan-Katrina-Geschädigter, versanden allesamt im Nirgendwo. Und
darin liegt der Unterschied zwischen guter und mittelmässiger
Zauberei. Beide wissen zu unterhalten, doch nur eine hält kritischer
Reflexion stand. Now You See Me gehört nicht dazu.
★★
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