Sonntag, 21. Juli 2013

Now You See Me

Der neue Film des französischen Regisseurs Louis Leterrier funktioniert, ganz seinem Thema entsprechend, wie ein Zaubertrick, wenn auch nur wie ein mittelmässiger. Mit einer vielversprechenden Prämisse zieht er einen zwar in seinen Bann und führt mit geübter Hand sein unterhaltsames Programm vor. Doch anstatt von der Raffinesse des Magiers beeindruckt zu sein, fühlt man sich von ihm übers Ohr gehauen.

Now You See Me versucht, die düstere Faszination des gehobenen Taschenspielertricks, wie sie Christopher Nolan in The Prestige vergleichsweise erfolgreich porträtiert hat, mit leichtfüssigem Heist-Kino im Stile von Steven Soderberghs Ocean's-Trilogie zu vermischen. Zu diesem Zweck schicken die drei Drehbuchautoren Boaz Yakin, Edward Ricourt und Ed Solomon The Four Horsemen auf die Reise, eine Gruppe von Strassenzauberern, die unter mysteriösen Umständen zusammen finden.

Daniel (Jesse Eisenberg) führt sein Publikum mit seinen schnellen Fingern hinters Licht, Henley (Isla Fisher) verdient sich ihr Geld als Entfesselungskünstlerin, Merritt (Woody Harrelson) ist ein hinterlistiger Mentalist, Jack (Dave Franco) ein gewitzter Taschendieb. Zusammen stellen sie in Las Vegas eine Aufführung auf die Beine, an deren Ende das Ausrauben einer Pariser Bank steht; der Erlös der Aktion wird auf spektakuläre Art und Weise an die Zuschauer weitergegeben. Als sich herausstellt, dass der Tresorraum besagter Bank tatsächlich geleert wurde, nehmen FBI-Agent Dylan Rhodes (Mark Ruffalo) und die Interpol-Novizin Alma Dray (Mélanie Laurent) die Verfolgung auf. Doch trotz der Unterstützung des Ex-Magiers Thaddeus Bradley (Morgan Freeman) sind sie den Horsemen immer einen Schritt hinterher.

Gezielte Irreführung des Publikums ist die Basis jeglicher Bühnen-Magie. Nicht dort, wo der geübte Illusionist hindeutet, geschieht das Kunststück, Hinweise sind verschlagene Ablenkungsmanöver, der freie Wille des Zuschauers ist eine Illusion. So lautet der mantrahafte Kernsatz von Now You See Me, der sich ohne weiteres auch auf das Filmmedium als Ganzes anwenden lässt. Verfügt ein Regisseur über genügend Fingerfertigkeit, ist er in der Lage, Emotionen und Erwartungen nach Belieben zu manipulieren, ohne den Konsumenten vor den Kopf zu stossen.

Zu Beginn gelingt dies Leterrier problemlos: Die vier diebischen Magier werden mit durchaus verblüffenden Einzeleinlagen eingeführt, deren Faszination auch im Angesicht von Schnitt und CGI nicht wesentlich geschmälert wird. Die Exposition geht zügig voran; dynamische Kameraschwenks verhelfen den einleitenden Szenen zu Bewegung, die Musik kündet vom Mysterium um den geheimnisvollen fünften Horseman. Von den Schauspielern erweisen sich vorab Jesse Eisenberg und Woody Harrelson als gewichtig genug, den bestenfalls verschwommenen Figurenkonturen zu einer enigmatischen Aura zu verhelfen.

The Four Horsemen: Daniel (Jesse Eisenberg, hinten links), Henley (Isla Fisher), Merritt (Woody Harrelson, rechts) und Jack (Dave Franco).
© Ascot Elite
Doch da Leterrier Now You See Me buchstäblich als Zaubertrick versteht, kümmert er sich, um der klimaktischen Wendung willen, welche zwar einigermassen zu überraschen, aber nicht zu überzeugen vermag, mehr um die verstreuten Ablenkungen als um den eigentlichen Plot. Dass ein mitreissender Heist-Thriller von seiner Diebesbande abhängig ist, wird spätestens dann evident, als der Film im zweiten Akt seinen Fokus auf Dylan zu richten beginnt. Fortan muss sich der Kinogänger mit dem denkbar unattraktiven Blickwinkel der betrogenen Seite begnügen; wie in einer Zauber-Vorstellung kann er dem Geschehen aus eigener Kraft nicht folgen; er bedarf der umständlichen Erklärungen Thaddeus Bradleys, um das Vorgehen der ursprünglichen Protagonisten nachvollziehen zu können.

Im Zuge dieser Verlagerung werden die Szenarien unübersichtlicher, actionreicher, weniger raffiniert; anstatt sich zu verdichten, löst sich der Plot in seine unglaubwürdigen Einzelteile auf. Themen und Motive wie Almas Hohelied vom blinden Glauben oder die populistischen Fischzüge der Four Horsemen, etwa das Blossstellen eines Versicherungsmagnaten (Michael Caine) vor einem Auditorium voller Hurrikan-Katrina-Geschädigter, versanden allesamt im Nirgendwo. Und darin liegt der Unterschied zwischen guter und mittelmässiger Zauberei. Beide wissen zu unterhalten, doch nur eine hält kritischer Reflexion stand. Now You See Me gehört nicht dazu.

★★

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen