Donnerstag, 4. Juli 2013

World War Z

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Skriptänderungen, Neubesetzungen, unstete Drehpläne und verschiedene künstlerische Visionen liessen die sechsjährige Produktionszeit von World War Z zum Albtraum eines jeden Regisseurs werden. Dennoch ist Marc Forster mit der Romanadaption ein solider Eintrag in den Kanon des Zombiekinos gelungen.

Im April 2013 sprach Brad Pitt, Hauptdarsteller und Produzent von World War Z, in Las Vegas darüber, was ihn vor rund sechs Jahren dazu inspirierte, die Rechte von Max Brooks' gleichnamigem Horrorroman zu erwerben. Sein persönliches Ziel, so Pitt, war, einen Zombie-Streifen auf die Leinwand zu bringen, "den meine Jungs sehen können, bevor sie 18 Jahre alt sind". Nun werden in Internetforen heftige Debatten darüber geführt, ob diese "familienfreundliche" Annäherung (mit US-Altersbeschränkung PG-13) Brooks' gefeiertem Quellematerial überhaupt gerecht werden kann. Wird der Stoff so zum reinen Hollywood-Blockbuster? Gehen dabei nicht der politische Subtext, Brooks' Anlehnungen an Studs Terkels The Good War: An Oral History of World War Two – der offensichtlichste Verweis findet sich schon im Untertitel An Oral History of the Zombie War – und seine Gedanken darüber, wie ein Zombie-Krieg die weltpolitischen und -religiösen Machtverhältnisse beeinflussen würde, verloren?

Die Kritik ist berechtigt und somit entbehren auch die Zweifel daran, ob Marc Forster (Monster's Ball, Finding Neverland, Stranger Than Fiction) und sein letztendliches Autorenteam (Matthew Michael Carnahan, Drew Goddard und Damon Lindelof übernahmen die Zügel von J. Michael Straczynski) keine kongeniale Verfilmung vorlegen, nicht einer gewissen Akkuratesse. Wie auch immer, World War Z passt perfekt in den Zeitgeist. Trotz des aktuellen Vampir-Hypes, primär vorangetrieben durch die Kinoadaptionen von Stephenie Meyers Twilight-Serie, beherrschen nicht sie, die Blut saugenden Fledermaus-Romantiker, die Medien, sondern Zombies, ihre untoten literarischen Verwandten. Sich häufende Berichte über kannibalistisch endende Drogentrips befeuern die Faszination; in Fernseh- (The Walking Dead) und Videospiel-Kultur (The Last of Us, schon jetzt haushoher Favorit für den Titel "Spiel des Jahres") sorgen die wandelden Leichen derzeit für Furore, während sie im Kino bereits als mögliche Sympathieträger inszeniert werden (Warm Bodies).

Turbulente Weltreise: Auch im sicher geglaubten Israel hat UN-Agent Gerry (Brad Pitt, Mitte) keine Ruhe vor den gefürchteten Zombies.
© Paramount Pictures Switzerland
World War Z wiederum bemüht sich darum, möglichst alle Seiten des Subgenres auszuloten, zu gleichen Teilen Endzeit-Sehnsüchte, actionreiche Fluchtszenen, gruppenpsychologische Ansätze sowie gesellschaftskritische Komponenten zu ihrem Recht kommen zu lassen. Dazu wurde hier der UN-Agent Gerry Lane (Brad Pitt) ins Leben gerufen – ein Kompromiss, da dem Buch ein expliziter handelnder Protagonist fehlt –, der mit seiner Familie knapp den Zombies entkommt, welche plötzlich rund um den Globus auftreten und über die Bevölkerung herfallen. Um seiner Frau und seinen zwei Töchtern einen Platz auf einem sicheren Flugzeugträger zu sichern, bricht Gerry zu einer Reise um die Welt auf, um nach dem Ursprung der Zombie-Pandemie zu forschen.

Vor allem in seiner ersten Hälfte profiliert sich Forster einmal mehr als ebenso effizienter wie effektiver Regisseur, der mit atemlosen Hetzjagden und angespannten Szenen in engen, schutzlosen Räumen eine unmittelbare, beklemmende Atmosphäre schafft. Mit geschickt platzierten Zombie-Attacken wird der Zuschauer immer wieder mit der bedrohlichen Situation konfrontiert. Zwar bleibt diese Spannung bis zum Schluss (der bereits das Sequel aufgleist) erhalten, wird allmählich aber durch zunehmend repetitive Szenarien, blindes Vertrauen auf künstliche Schreckmomente und einen kuriosen Hang dazu, die mörderischen Untoten der Lächerlichkeit preiszugeben, merklich gehemmt. Darüber hinaus frönt Forster auch hier, wie schon in Machine Gun Preacher, seiner Schwäche für plakative, aber letztlich sinnleere, Anklagen gegen die Übel der Welt: Überbevölkerung, Massenkultur, Wohlstandsschere, Organhandel – alles findet in World War Z Erwähnung; weiter geführt oder gar erläutert wird nichts davon. Entsprechend schafft es der Film nicht, sein Genre so zu revolutionieren, wie es Brooks' Buch tat. Doch für ein eigentlich schon längst abgeschriebenes Projekt erzielt er allemal überraschend solide Resultate.

★★★

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