Joshua Michael Sterns Jobs (2013) war der erste Versuch, das bewegte Leben des ambitionierten "Pirate of Silicon Valley" einem Mainstream-Publikum näher zu bringen. Mit Ashton Kutcher in der Titelrolle pflügte das Biopic durch Jobs' Vita; 129 Minuten lang stellten sich farblose Investoren vor; in den ewig gleichen Sitzungszimmern wurde ohne ersichtliche Änderung des Tonfalls von Gewinnen und Verlusten gesprochen, bevor Stern den von Weggefährten gerne als tyrannisch beschriebenen Bilderbuch-Kapitalisten schliesslich kritiklos auf das Podest des Genies hievte.
Somit stellte sich den Produzenten von Steve Jobs, dem neuesten Eintrag in den Jobs-Kanon, nicht nur die Aufgabe, den blamablen Jobs gänzlich vergessen zu machen, sondern auch die Schwierigkeit, dies auf eine Weise zu tun, die sich entschieden vom enzyklopädischen dokumentarischen Format abgrenzt. Zu diesem Zweck Aaron Sorkin als Drehbuchautor zu verpflichten, war eine nahe liegende Entscheidung, gilt doch der von ihm verfasste The Social Network, David Finchers brillantes Porträt des Facebook-CEOs Mark Zuckerberg, nach wie vor als unangefochtener Höhepunkt des amerikanischen IT-Kinos.
Danny Boyle, der nach unzähligen Casting-Änderungen sowie einem Studiowechsel Fincher auf dem Regiestuhl von Steve Jobs beerbte, hat diese Herausforderung mit Hilfe von Dialog-Experte Sorkin (A Few Good Men, The West Wing, Charlie Wilson's War, The Newsroom, Moneyball) hervorragend gemeistert. Sein Film, basierend auf Walter Isaacsons gleichnamiger Jobs-Biografie, wirft jede traditionelle Biopic-Struktur über Bord. Chronologische Entwicklungen und unfilmisch-langfädige Erklärungen von Intrigen und Zusammenhängen werden von Sorkin ebenso konsequent wie gnadenlos wegrationalisiert, sodass Steve Jobs letzten Endes nur noch aus drei verdichteten Momentaufnahmen besteht.
Bühne frei: Steve Jobs besteht aus drei Episoden, welche alle direkt vor der Lancierung eines von Steve Jobs (Michael Fassbender) entwickelten Computers spielen. © Universal Pictures Switzerland |
In diesen drei Episoden kartografieren Boyle und Sorkin das Phänomen Steve Jobs. Das mag aufgrund der extremen Komprimierung eines kreativen Lebens auf drei sehr eingeschränkte Schlaglichter mitunter etwas steif und künstlich wirken, tut der eindringlichen Faszination dieses packenden Films aber kaum Abbruch. Aufgehängt an technischen Problemen und zwischenmenschlichen Krisen – etwa zwischen Jobs und seiner einstigen Partnerin Chrisann Brennan (Katherine Waterston) und deren Tochter Lisa (Makenzie Moss, Ripley Sobo und Perla Haney-Jardine), zu deren Vaterschaft sich Jobs nicht bekennt – und durchsetzt von kurzen Rückblenden, nähert sich der Film der fundamentalen Problematik seiner Hauptfigur. Jobs ist sowohl der Inbegriff inspirierenden Unternehmergeistes als auch der kalkulierende reiche Kontrollfreak, der innige Freund und der gefühlskalte Einzelgänger.
Zwar kann sich auch Steve Jobs, wie bereits Jobs, der finalen Salbung der Titelfigur nicht erwehren – Jobs' Anerkennung der eigenen Fehlbarkeit kommt einer tiefen Verneigung gleich, die dem Film als Ganzem nicht unbedingt gerecht wird; doch das genügt nicht, um der stimmigen Arbeit Boyles und Sorkins ihre Eindringlichkeit abzusprechen. Für den emotionalen Kern sorgen indes die ausgezeichneten Schauspielleistungen, von denen neben Fassbenders Darbietung besonders jene von Michael Stuhlbarg (als Programmierer Andy Hertzfeld), Seth Rogen, Jeff Daniels (als Apple-CEO John Sculley) und Kate Winslet (als Marketing-Chefin und Jobs-Vertraute Joanna Hoffman) in Erinnerung bleiben. So wird der Film über den zögerlich gefeierten Egomanen von Apple zu einem Musterbeispiel für mitreissendes, flüssiges und ungemein sagenhaft kurzweiliges Kollektiv-Kino aus der Hollywood-Fabrik.
★★★★
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