3 Sterne
Es ist ein Fluch. Als Mann kann man mit Frauenfilmen selten etwas anfangen. Sie können noch so kunstvoll und elegant sein, die Thematik geht am männlichen Zuschauer vorbei. Deshalb ist die Rezension eines Mannes über Caramel, den neuesten Film der Libaneserin Nadine Labaki, vielleicht nicht ideal. Dennoch muss man als Kritiker hier nun einmal durch. Und mit einem neutralen Blinkwinkel lässt sich Caramel vielleicht noch etwas Reiz abgewinnen.
Der neue Film von Nadine Labaki, die für Caramel auch gleich die Hauptrolle übernahm, zeigt die heutige Situation der Frauen in Libanons Hauptstadt Beirut. Dort bekommt der Zuschauer Einblicke ins Leben verschiedener Frauen mit unterschiedlichen Problemen. Dabei werden höchst aktuelle Problematiken angesprochen, wie zum Beispiel vorehelicher Sex, Homosexualität und geistige Behinderung. Natürlich muss sich nicht eine einzelne Frau mit all diesen Dingen auseinandersetzen, sondern gleich eine ganze Riege, deren Leben durch einen Coiffeursalon verbunden wird. Die Chefin des Salons wird von der Regisseurin Labaki überzeugend dargestellt, auch ihre Kolleginnen werden erfrischend gespielt.
Das Problem mit Caramel ist, dass eine eher künstliche Ernsthaftigkeit zelebriert wird und der Witz - wenn er mal zum Tragen kommt - zu zaghaft vorgetragen wird. Kein Vergleich also mit dem genialen israelischen Film The Band's Visit, dem der Spagat zwischen Komödie und Bestandsaufnahme eines sozialen Problems sehr gut gelungen ist.
Caramel wirkt gegen Ende auch gnadenlos in die Länge gezogen, die echte Laufzeit von 95 Minuten täuscht. Nach etwa einer Stunde verliert man als Mann etwas das Interesse am Film und wendet sich - kurz auch mit geschlossenen Augen - dem Kinosessel zu.
Sympathischer Comic Relief des Films ist die Figur Lili (herrlich gespielt von Aziza Semaan), die etwas seltsam im Kopf ist, jedoch ihre Bits noch so beisammen hat, dass man kein Mitleid mit ihr haben muss, sondern sich an ihren liebenswerten und resoluten Kapriolen erfreuen kann.
Caramel ist ausserdem sehr kunstvoll gedreht, mit guter Kameraführung und karamellfarbiger Beleuchtung wird der Zuschauer hier erfreut.
Man kann über Caramel diskutieren. Man kann ihn als einfach langweilig abstempeln oder eben zugeben, dass der Film nicht für einen geschaffen ist. Technisch und schauspielerisch gibt es quasi nichts zu bemängeln, bloss der Storyverlauf ist nicht allzu interessant. Doch das kommt wohl auf den Standpunkt an.
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