5 Sterne
Antonin Svoboda hält sich normalerweise bei bekannteren Projekten eher etwas im Hintergrund. So hat junge Österreicher die hierzulande einigermassen etablierten Filme Darwin's Nightmare und Die fetten Jahre sind vorbei mitproduziert. Nun kam eine Regiearbeit von ihm zu uns in die Schweiz, die es einerseits in sich hat und andererseits dem Kinozuschauer einiges abverlangt. Immer nie am Meer enthält in etwa so viel Handlung wie Samuel Becketts Absurdes-Theater-Klassiker Waiting for Godot (En attendant Godot). Trotzdem wird nicht gelangweilt und der Zuschauer sieht dabei zu, wie sich Menschen in einer (absurden) Extremsituation verhalten.
Die Geister scheiden sich, wenn es um die Meinung zu Immer nie am Meer geht. Das Schweizer Fernsehen beispielsweise konnte mit dem Film rein gar nichts anfangen, während er bei OutNow.CH sehr gut wegkommt. Immer nie am Meer ist ein Film des Radikalismus. So wie er gemacht ist, so wird er vom Publikum aufgenommen. Wer auf eine lockere Komödie eingestellt ist, wird enttäuscht sein, denn der Film ist weit mehr als das. Es ist eine Charakterstudie dreier Männer, die in einem Auto eingeschlossen sind und keine Hoffnung auf Rettung haben. Gut 80 der 90 Minuten Laufzeit spielen im Auto (die ehemalige Limousine von Kurt Waldheim, das sei hier noch erwähnt), was natürlich bereits die perfekte Voraussetzung für einen langsamen und unangenehmen Film ist. Man lacht als Zuschauer zwar über das traurige Männertrio im Auto, doch gleichzeitig klemmt man die Augen zu, wenns ans Problem Ausscheidungsentsorgung geht. Dieses Problem wird von Svoboda nicht gerade selten oder gar zimperlich aufgezeigt.
Ein grosser Vorzug von Immer nie am Meer ist sicher die ideale Besetzung. Christoph Grissemann, Dirk Stermann und Heinz Strunk leben ihre Rollen vorbildlich. Alle drei bringen die komplizierten und zuweilen unsympathischen Charaktere hervorragend auf die Leinwand. Was auch zum Filmgenuss beiträgt ist das mit viel Galgenhumor geschriebene Drehbuch, das auch vor heiklen Themen nicht Halt macht ("Homosexueller Geschlechtsverkehr in frühester Jugend" ist sicher ein Schlüsselbegriff). Geschrieben wurde es unter anderem übrigens von Grissemann und Stermann.
Natürlich ist an diesem Film nicht alles gut. Der Griff in die Thrillerkiste ist zwar notwendig (kommt ja auch von selbst), doch die Rekrutierung eines gestörten kleinen Jungen wirkt etwas übertrieben. Dieser Kunstgriff ist aber möglicherweise damit zu erklären, dass ein Einfluss von aussen das Ende noch haarsträubender und fataler macht.
Immer nie am Meer ist eine seltsame Mischung aus Psychothriller und schwarzer Komödie, die uns Schweizern mal wieder zeigt, dass Österreich uns in Sachen Filmen weit voraus ist. Antonin Svoboda präsentiert gute Regiearbeit, gepaart mit herrlichen Darstellern und einem bissigen Drehbuch. Vielen Leuten werden diverse Szenen zwar missfallen, doch damit sollte der össterreichische Regisseur gut leben können, hat er dem Publikum doch den Vorzug von Heringsalat und Sekt im Auto nähergebracht.
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