3 Sterne
Mathieu Kassovitz hat sich mit seinem ebenso schockierenden wie anschaulichen Pseudodokumentarfilm La Haine im deutsch- und englischsprachigen Raum einen gewissen Namen gemacht. Es folgten einige eher mittelmässige Produktionen - wie beispielsweise Gothika - und nun hat ihn Hollywood wieder engagiert. Dass das nicht gut kommen kann, war quasi vorprogrammiert. Dennoch hat er - so scheint es - zumindest ein Mindestmass an Unabhängigkeit bewahren können.
Wenn man Berichte vom Set von Babylon A.D. liest und hört, dann tut einem der arme Kassovitz richtig Leid. Ihm wurde Vin Diesel aufgezwungen, mit dem er prompt Streit bekam, die Produzenten liessen ihm kaum freie Hand und er wurde auch sonst bei seiner Arbeit behindert - wie soll man da in Ruhe ein als unverfilmbar geltendes Buch auf die Leinwand bringen? Kein Wunder, dass der Regisseur kurz nach der Premiere verlautbaren liess, er wolle mit Babylon A.D. nichts zu tun haben. Es wäre nicht sein Film, hiess es. Wenn man den Film sieht, kann man das schlecht abstreiten. Es kommen zu viele altbackene Actionszenen und Verfolgungsjagden vor, die Story - übernommen von Maurice G. Dantecs Buch - wirkt unnötig aufgebauscht und die Gesellschaftskritik geht beinahe unter. Trotzdem schimmert hie und da doch auch der Stil von Mathieu Kassovitz durch, etwa wenn ein Zug durch ein neues Tschernobyl fährt oder wenn langsam in eine postapokalyptische Welt hineingezoomt wird. Auch der etwas vertrackte Humor des Franzosen kommt stellenweise gut zum Tragen.
Selbst die Schauspieler können einigermassen überzeugen. Vin Diesel spielt ganz in der Tradition von Filmen wie xXx oder The Chronicles of Riddick. Toorop, seine Figur, wirkt nicht zu stark überzeichnet und unterhält den Zuschauer mit einigen gut gesetzten, sarkastischen Sprüchen. Eher schwächer sind die Nebendarstellerinnen Mélanie Thierry und ganz besonders Michelle Yeoh, welche die Entwicklungen ihrer Figuren etwas unglaubwürdiger spielen. Allerdings halten sich ihre Schwächen im Rahmen, sodass Babylon A.D. nicht schon an den Darstellern scheitert. Schauspielerisches Highlight des Films ist Gérard Depardieu, der einen russischen Mafiosi spielt und eine ungeheure Show abziehen darf.
An den Schauspielern liegt es definitiv nicht, dass Babylon A.D. einen etwas faden Geschmack hinterlässt. Was schon eher stört ist die Story, die für einen gewöhnlichen Actionstreifen einfach zu übertrieben dramatisch wirkt. Eine Sekte, die die Zivilisation mithilfe von Supermenschen wieder auf den richtigen Pfad führen will, ist zwar haarsträubend, passt aber trotzdem nicht zu einem Actionfilm. Dem Drehbuch kann man allerdings keinen Vorwurf machen, denn das ist solide geschrieben und legt den Protagonisten keine abgelutschten Floskeln in den Mund. Eric Besnard und Mathieu Kassovitz haben hier wirklich das Beste aus der komplizierten Vorlage gemacht. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass der Film fast immer interessant bleiben kann und nicht langweilt. Trotzdem muss gesagt werden, dass diese Tatsache die Löcher in der Logik und der Story nicht zu flicken vermag.
Eine grosse Stärke von Babylon A.D. hingegen ist seine Bildervielfalt, die man dem Kameramann Thierry Arbogast zu verdanken hat. Er hat es bravourös verstanden, eine postapokalyptische Welt mit stimmigen Bildern darzustellen.
Mathieu Kassovitz' Aussage, Babylon A.D. sei nicht sein Film, kann man nicht zu 100% ünterschreiben. Er konnte einige sehr gute Ideen einbringen, doch die Produktionsleitung hinderte ihn offensichtlich daran, einen Independent-Film mit seinem eigenen Stil zu drehen. So kam leider nur ein mittelmässiger, aber immerhin interessanter Actionfilm heraus. Wir wünschen Mathieu Kassovitz für das nächste Mal verständnisvollere Vorgesetzte.
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