5 Sterne
Bienvenue chez les Ch'tis ist mittlerweile die erfolgreichste Komödie, die Frankreich je hervorgebracht hat. Damit stiess der erfrischende Film von Dany Boon - selbst ein Ch'ti - den Komödienklassiker La grande vadrouille mit Louis de Funès und Bourvil vom Podest. Der Erfolg des Films ist zwar verdient, doch ebenso überraschend, da er eigentlich nur eine stinknormale Komödie ist, die sich durch nichts besonders von anderen Dingen abhebt. Doch vielleicht ist Bienvenue chez les Ch'tis die ultimative Synthese der gängigen Voraussetzungen für eine gelungene Komödie.
Das Thema des Films ist einfach und gängig: Man nehme das beliebte "Fish-Out-Of-Water"-Prinzip (vergleichbar mit dem Funès-Film Le gendarme à New York) und vermische dies mit dem französischen Klischee der dummen Leute im verregneten Industrie- und Bergwerknorden nahe der belgischen Grenze. Die Franzosen lachen über die Ch'tis mit ihrem Ch'timi-Dialekt, während die Deutschen die Friesen auf die Schippe nehmen und die Schweizer Kantone sich gegenseitig auslachen. Doch was eine waschechte Komödie sein will, sollte natürlich irgendwann Schluss machen mit den Vorurteilen. Also wird der Hauptfigur eine Rosskur verpasst, bis er sich da oben in Bergues ("Börgues...?") bei Lille richtig wohlfühlt. Natürlich ist das altbacken und nicht gerade neu. Aber Regisseur und zweiter Hauptdarsteller Dany Boon vermischt das veraltete Konzept mit dem typischen Witz des französischen Films und spielt auf Louis-de-Funès-Filme an, indem er beispielsweise den Hauptdarsteller Kad Merad nicht merken lässt, dass er gerade blöderweise aus seinem Rollstuhl aufgestanden ist. Wenn man sich damit abgefunden hat, dass vom Prinzip her Bienvenue chez les Ch'tis nichts Neues bietet, hat man die Möglichkeit, sich auf einen erfrischenden und durchs Band unterhaltsamen Film einzulassen.
Sieht man sich die Schauspieler an, dann ist der Begriff "Idealbesetzung" sicherlich passend. Kad Merad wandelt sich glaubwürdig vom Süd-Saulus zum Nord-Paulus, obwohl er seiner Frau (talentiert: Zoé Félix) das Blaue vom Himmel runterlügen muss, weil sie nicht glauben will, dass der Norden gar nicht so schlecht ist. Die zweite Hälfte des Hauptdarstellerduos - Dany Boon - hingegen gibt den Ch'ti aus dem Bilderbuch. Er ist zwar nicht der Intellektuellste unter der Sonne (zugegeben, Kad Merads Figur ist auch kein Einstein), dafür aber fröhlich, liebenswert und gutmütig. Auch das Städtchen Bergues, das diesem Film einen unglaublichen Beliebtheitsboom zu verdanken hat, macht sich sehr schön und trägt zur Leichtigkeit des Films bei. Der Kinozuschauer kann sich mit den Figuren freuen, leidet mit Kad Merad mit und versteht beim Ch'timi-Dialekt zu Beginn auch nur Bahnhof.
Schlussendlich wird das Filmvergnügen noch durch ein gut ausgereiftes Drehbuch abgerundet, das immer wieder sehr lustige Dialoge zu bieten hat. Unangefochtenes Highlight des Films ist aber immer noch der Auftritt des französischen Altstars Michel Galabru als Schwiegervater von Kad Merad, der den Norden (Nord-Pas-de-Calais, um genau zu sein) ziemlich dramatisiert. -40°C gibts selbst bei den Ch'tis nicht!
Bienvenue chez les Ch'tis glänzt zwar nicht durch storytechnische Werte, doch er besticht durch die Vermarktung der französischen Provinz. Garniert mit hervorragenden Darstellern und einem frechen und erfinderischem Drehbuch unterhält der Film mühelos. Die Region wurde zwar gerade von einem Tornado heimgesucht, doch so wie man die Ch'tis kennt, werden die kurz "Du brun!" (Ch'timi für "Merde") sagen und sich frisch fröhlich wieder aufrappeln. Passend dazu auch das Sprichwort über den Norden, rezitiert von Dany Boon: "Qui dans le nord, pleure deux fois: quand il arrive et quand il part."
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