3 Sterne
Irgendwie war die Ankündigung von Regisseur Louis Leterrier nicht gerade begeisternd. Er liess verlautbaren, dass sein The Incedible Hulk mehr Action und weniger Psychologie als Ang Lees Megaflop aus dem Jahr 2003 - The Hulk - enthalten werde. Zugegeben, The Hulk war nicht gerade ein Musterfilm, ja, er war sogar ziemlich langweilig. Doch die Psychologie ganz rausnehmen? Irgendwie scheint das ein Synonym für "massentauglich" zu sein, was wohl die Reduktion des grünen Wüterichs auf eine gefühllose Prügelmaschine bedeuten würde. Die Befürchtungen bestätigen sich zwar, aber so schlimm war das dann halt eben doch nicht. Doch leider wurde gleichzeitig auch noch eine Spur zu viel Raum für unnötige Gefühlsduseleien gelassen. Da nimmt man doch lieber die pfannenfertige, hirnlose Action.
Aus Eric Bana mach Edward Norton, aus Jennifer Connelly mach Liv Tyler und aus Sam Elliott (Wer schnell Orientierung braucht: der bärtige Cowboy aus The Big Lebowski) mach William Hurt. Wir sehen also, dass der neue Regisseur sich auch bei der Schauspielerwahl von Ang Lee distanziert. Überhaupt steht The Incredible Hulk eigenständig und ohne echte Verbindung zu The Hulk da. Die Geschichte wird quasi neu aufgerollt. Das tut dem Film aber ganz gut, ausserdem verzichtet er auf Längen wie die Entstehungsgeschichte von Bruce Banners Problem. Der Auslöser wird nicht direkt thematisiert. Ausgangspunkt, welcher einige wenige Male in Flashbacks thematisiert wird, ist ein schiefgelaufenens Experiment mit Banners Anomalie.
Der Cast von The Incredible Hulk ist auf dem Papier ungeheuer stark: Zu den vorhergenannten Akteuren gesellt sich nämlich auch noch Tim Roth als Bösewicht Emil Blonsky. Dass der Mann keine sympathischen Charaktere spielen kann, weiss man in der Zwischenzeit. Selbst wenn die Charaktere sympathisch sein sollten, wie etwa der von ihm verkörperte Familienvater in Funny Games U.S., selbst dann stört einen etwas. Hier aber kann Roth aus dem Vollen schöpfen und macht seine Figur zu einem sehr guten Bösewicht. Auch Edward Norton macht seine Sache gut und verleiht seiner Figur mehr Tiefe, als es Bana je gelungen wäre. Ebenso ansprechend spielt William Hurt, dessen Figur aber eigentlich gar nicht nötig wäre. Schliesslich kann man noch über Liv Tyler debattieren. Die Lord-of-the-Rings-Elfe bringt hier nichts weiter als sexy auszusehen und dem verwandelten Bruce Banner menschliche Grunzlaute, die mit viel Fantasie an Wörter erinnern könnten, zu entlocken. Auch ist ihre Figur ein wenig gar sprunghaft und Tyler schafft es nicht besonders souverän, den Spagat zwischen der smarten Wissenschaftlerin und der Hulk-Bewunderin hinzukriegen. Aber Liebesgeschichten in Comicverfilmungen sind ja meistens nicht ganz das, was man sich erhofft. Aber leider kommt nie jemand auf die Idee, das einmal ganz wegzulassen.
Nun zum Hauptpunkt: der Action. Man kriegt durchaus mehr zu sehen als in Ang Lees Film. Hulk springt nicht mehr mehrere hundert Meter durch die Luft (er rennt in einer Nacht von Brasilien nach Guatemala, das ist fast genauso haarsträubend), aber dafür spricht er. Jawohl, sogar während dem Endkampf mit "The Abomination" (Tim Roth) werden ein paar Worte gewechselt. Ein Fehlgriff, aber es sollte wohl die Vermenschlichung des grünen Monsters unterstreichen. Ansonsten aber ist der Endkampf ganz gut gestaltet und auch die sonstigen CGI-Effekte können sich sehen lassen.
Ist The Incredible Hulk interessant? Eigentlich nicht. Grob gesagt handelt es sich um ein zweistündiges Warten auf den finalen Kampf und den Gastauftritt von Robert Downey Jr. alias Tony Stark - bekannt aus Iron Man. Man soll diese Aussage sicher nicht falsch verstehen. Langweilig ist der Film selten. Er schafft es, fast durchgehend interessant und unterhaltsam zu bleiben - die überarbeitete und frische Story hilft sicherlich dabei - doch es scheint etwas zu fehlen. Jagden durch brasilianische Slums und ein Kampf Hulk vs. Geheimdienst/Armee auf dem Uni-Campus mögen zwar nett sein, doch es läuft immer aufs Gleiche hinaus. Es kommt zum grossen Kampf und Hulk zieht sich zurück, weiterhin auf der Flucht vor der Regierung. So gesehen macht es der Film The Hulk schon irgendwie nach.
Man könnte hier noch Seiten so weiterschreiben, ohne jemals zu einem Punkt zu kommen. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass The Incredible Hulk im Gegensatz zu The Hulk mehr Action und mehr Unterhaltung bietet. Zudem wird hier gelegentlich die Sache ad absurdum geführt, wenn Studenten plötzlich sagen "It looked like Hulk!" oder man Stan Lee oder Lou Ferrigno (der Hulk aus dem TV) entdeckt. Doch man wird das Gefühl nicht los, dass wenigstens ein bisschen Psychologie dem neuen Film gut zu Gesicht gestanden hätte. Denn Liebe und Action können, dürfen einfach nicht der Schlüssel zum Erfolg sein. In dem Sinne sei der Rezension hier ein Ende gesetzt. Und zwar mit Bruce Banners verunglücktem portugiesischen Catchphrase "Não me faz fome!", auf Englisch: "Don't make me hungry!"
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