5 Sterne
Bei kaum einem Komödianten spalten sich die Meinungen so sehr wie bei Ben Stiller. Da er in vielen Filmen gleich mehrere Funktionen übernimmt - Schauspieler, Regisseur, Autor, Produzent - sehen viele in ihm den schlechteren Judd Apatow. Jetzt fährt der Mann, der sich gerne mal exzessiv verkleidet, seinen vierten Kinofilm, den ersten seit acht Jahren. Mit Tropic Thunder soll das Publikum zurückgewonnen werden, welches sich nach Zoolander von Stiller abwandte. Ob er sie wirklich zurückgewinnen konnte, ist fraglich. Doch sicher hat er sich mit seinem neusten Film neue Freunde und neue Feinde gemacht. Die Diskussion wird weitergehen.
Der Filmkritiker Peter Travers schrieb in seiner Rezension, Tropic Thunder sei "Apocalypse Now in der Version von Borat". Damit liegt er überhaupt nicht daneben. Ben Stillers Film ist brachial, blutig und sogar eine Spur episch. Tropic Thunder ist eine Genre-Parodie, die man doch so schmerzlich vermisst hat. Stattdessen musste man sich Einheitsbrei wie Date Movie, Epic Movie, Meet the Spartans oder bald schon Disaster Movie - der Trailer verursacht Brechreiz - begnügen, was auf Dauer natürlich sehr frustrierend war. Auch war man es Leid immer nur das Nulltalent Carmen Electra im Bikini herumhüpfen zu sehen. Den Leuten, die sich nun angesprochen fühlen, sei Tropic Thunder sehr empfohlen - aus verschiedenen Gründen. Der Film ist lustig. Es werden nicht plump ganze Filmszenen kopiert, es wird das Genre Kriegsfilm persifliert und hie und da einzelne Anspielungen hineinmontiert. Ausserdem nimmt Ben Stiller hier das Filmbusiness ähnlich aufs Korn wie in Zoolander die Modewelt. Die Schauspieler im Film sind verweichlichte bis drogenabhängige Jammerlappen. Die Schauspieler, welche die Schauspieler spielen - kein Grund, verwirrt zu sein, es ist einfacher als es sich anhört - gehen fröhlich ans Werk und stellen ihre Figuren jeweils schön durchgeknallt dar. Die Liste der Stars, die in Tropic Thunder mitspielen ist länger als diejenige bei The Dark Knight - und keine wird vernachlässigt. Hauptdarsteller Ben Stiller, der neben der Regie auch noch als Produzent und Autor tätig war, spielt die Karikatur des abgehalfterten Actionhelden, der inzwischen nur noch Sequels dreht. Man erinnert sich spontan an Sylvester Stallone, dessen Rocky-Filme kein Ende mehr nehmen wollen. Komödiantisches Highlight der Hauptdarsteller ist sicher Robert Downey Jr., der einen Method-Actor zum Besten gibt und als schwarzer Ghetto-Bro den echten Brooklyner im Team - der hervorragende Brandon T. Jackson als Alpa Chino - in den Wahnsinn treibt. Zum Hauptdarstellertrio gesellt sich Jack Black, der zwar ein paar lustige Zoten zu bieten hat, gegen seine Kollegen aber klar den Kürzeren zieht. Ob es das jetzt war, wird sich manch einer fragen. Drei Stars, ist das alles?! Nein! Der grosse schauspielerische Reiz von Tropic Thunder liegt in seinen Nebendarstellern, die praktisch alle Hochkaräter sind. Jedoch wirkt keine Nebenfigur dazugeflickt oder etwa unnötig. Unter den Gaststars befinden sich Matthew McConaughey, Nick Nolte als lügender Veteran, Danny McBride als völlig verrückter Pyrotechniker - sein erster Film war Driving Miss Daisy und am Set von Freaky Friday blendete er fast Jamie Lee Curtis - Steve Coogan, Bill Hader, Tyra Banks, Christine Taylor, die Frau von Ben Stiller, Jon Voight, Jason Bateman, Jennifer Love Hewitt, Tobey Maguire und Mickey Rooney. Ein Gaststar steht allerdings über allen vorhergenannten. Jedem Kritiker muss es wehtun, das Lob zu schreiben, aber es muss sein. Tom Cruise, Scientology-Mitglied und arroganter Schauspieler, zieht die Show des Jahres ab. Selbst Filmfreaks dürften ihn nicht auf Anhieb erkennen, so gut wurde er verunstaltet - Bierbauch und Glatze natürlich inbegriffen. Er hackt immer schön auf Bill Hader herum und lässt sich mehrmals zu einem Tänzchen überreden. Selten so gelacht!
Eine weitere grosse Stärke von Tropic Thunder ist das knackige und - im wahrsten Sinne des Wortes - explosive Drehbuch, geschrieben von Ben Stiller, Etan Cohen und Justin Theroux. Ein genialer Spruch reiht sich an den nächsten und das Autorentrio lässt die Akteure mehrmals über die Mechanismen in Hollywood philosophieren. So berät Robert Downey Jr. etwa Ben Stiller, wie man die Academy beeindruckt - am Beispiel von Behinderten. Er zählt auf, wer bei der Academy Eindruck schinden konnte - Forrest Gump, Being There, Rain Man - und kommt zum Schluss, dass man nicht "fully retarded" sein kann, um einen Oscar zu gewinnen. Als Beweis wird Sean Penns Performance in i am sam herangezogen.
Nicht nur ist Ben Stillers Film eine gelungene Komödie, sondern auch ein waschechter Actionstreifen. Da fliegen Helikopter und Hauptquartiere über die Leinwand, dass es eine wahre Freude ist - untermalt von einem fetzigen Soundtrack. Auch in der Kategorie "Blood and Gore" kommt der Film ziemlich derb rüber. So wird einmal kurzerhand mit Steve Coogans abgetrenntem Kopf Fussball gespielt ("Look! I'm Dave Beckham!"). Dies wird einem zwar stellenweise etwas zuviel, vermindert den Spass am Film aber keineswegs. Leider verflacht das Ganze im Mittelteil etwas, dafür jedoch wird einem ein furioses, übertriebenes und für einmal wirklich politisch unkorrektes Finale geboten.
Tropic Thunder ist nichts für Zartbesaitete. Es wird geschossen, geflucht und getötet, was das Zeug hält. Die Schauspielleistungen stimmen, die Action kommt nicht zu kurz und zu Beginn gibt es drei Trailer und eine Werbung, die zeigen, was man von den verschiedenen Schauspielern denn so erwarten kann. Spätestens beim Trailer über zwei schwule Mönche hat man sich dem Gelächter ergeben.
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