Zwei grosse Illusionisten: Alfred Borden (Christian Bale, links) und Robert Angier (Hugh Jackman) sind zwei rivalisierende Zauberer im England des späten 19. Jahrhunderts.
4 Sterne
Heutzutage gibt es nicht mehr allzu viele Autorenfilmer. Und wenn, dann befinden sie sich meistens in Europa - vorzugsweise in Frankreich. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass einige Leute stutzen, wenn man ihnen Christopher Nolan als Autorenfilmer verkaufen will. Doch sieht man sich sein Werk inhaltlich etwas genauer an, stellt man fest, dass seine Themen sich nie gross voneinander unterscheiden - ein Merkmal von Autorenfilmern. So kommt es auch, dass man einen Nolan-Film auch ohne Credits problemlos ihm zuordnen kann. Meistens gibt es verschiedene Handlungsstränge, man kann nichts als gegeben annehmen und seine Filme sind allesamt in einem düsteren Tonfall gehalten. So auch sein Film über Zauberei - The Prestige - in welchem dem ansonsten relativ bodenständigen Nolan leider der Realitätsbezug zu stark abhanden kommt.
In The Prestige geht Nolan ein interessantes, bisher nicht allzu häufig angesprochenes Thema an: Die Magie. Der Film basiert auf einem Roman von Christopher Priest, der sich auf die Spuren der Illusionisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts machte. Dass dies von Christopher Nolan natürlich beeindruckend eingefangen wurde, ist selbstverständlich. Leider zeigen jedoch er und sein Bruder Jonathan ungeahnte Probleme beim Drehbuch. Die Aufteilung in verschiedene Zeitebenen und die Strapazierung der Spannung gehen zwar wie immer auf, ebenso gekonnt wurden die Dialoge verfasst, doch die Geschichte weist Schwächen in der Struktur auf. Der Grossteil von The Prestige wird so erzählt, dass der Zuschauer dem schwelenden Konflikt zwischen den beiden Protagonisten - Angier und Borden - relativ gut folgen kann. Doch am Ende wird das gesunde Tempo über den Haufen geworfen und alles wird in einer enormen Geschwindigkeit zu Ende geführt, sodass man sich beim Abspann etwas überfahren vorkommt. Auch die für Nolans Verhältnisse sehr unwahrscheinliche und physikalisch unhaltbare Wendung, die im letzten Akt des Films im Mittelpunkt steht, enttäuscht. Zwar tut dies der Freude am Film keinen Abbruch. Im Gegenteil, das Abdriften ins Mystische spielt gut mit dem Rest der Story zusammen. Aber dennoch wird mit diesem speziellen Twist die ansonsten recht intakte Logik über den haufen geworfen. Doch dies muss nicht heissen, dass The Prestige ein schlechter oder gar - bezogen auf die Glaubwürdigkeit - lächerlicher Film ist. Christopher Nolan versteht es sehr gut, geschichtliche Fakten mit etwas Fantastischem zu vermischen und diese Mischung schlussendlich auf einen spannenden Zweikampf zu projizieren, wobei das historische Faktum hier unglücklicherweise etwas gesucht erscheint. Der Stromkrieg zwischen Thomas Edison und Nikola Tesla ist zweifelsohne interessant, lässt sich aber in der Form, wie er in The Prestige vorgetragen wird, nur schwer mit der Illusion des Zauberei verbinden. Zudem ist der Film teilweise doch eine Spur zu kompliziert ausgefallen. Das Hauptthema, der weiter oben erwähnte Konflikt zwischen den beiden Hauptfiguren, ist zwar gut nachvollziehbar, doch die Irrungen und Wirrungen um die weiteren Ereignisse hätten ohne Spannungsverlust ein bisschen geradliniger inszeniert werden können.
Besser sieht es an der Schauspielfront aus. Christian Bale und Hugh Jackman spielen beide auf hohem Niveau und verkörpern die rivalisierenden Magier mit viel Esprit. Die weiblichen Figuren, gespielt von Scarlett Johansson und Rebecca Hall, die erst vor kurzem mit Vicky Cristina Barcelona gemeinsam im selben Film agierten, kommen zwar nicht um gängige Klischees herum, wirken aber nicht dazugepappt oder unnötig, was beispielsweise Cameron Diaz' Problem bei Gangs of New York war. Der dritte Mann im Bunde ist Michael Caine, der einmal mehr Michael Caine spielt. Es besteht kein nennenswerter Unterschied zwischen Alfred in den Batman-Filmen und Cutter in The Prestige. Trotzdem stört seine Präsenz in keinster Weise, schliesslich handelt es sich bei ihm um einen der besten noch lebenden britischen Schauspieler. Gemeinsam mit Scarlett Johansson bewegt er sich zwischen den Fronten der beiden Magier und erklärt zugleich noch grundlegende Dinge des Zauberns. Seine Figur ist nicht eminent wichtig, gibt dem Zuschauer aber ein Stück weit eine emotionale Anbindung, da er - wie das Publikum - bis zuletzt getäuscht wird.
Christopher Nolan arbeitete auch bei The Prestige mit seinem Hauskameramann Wally Pfister, welcher dieses Jahr zum dritten Mal für einen Oscar nominiert ist, zusammen. Er sorgt für schöne, bescheidene, nicht allzu opulente Bilder, die einem die Düsternis des Films sehr gut verkaufen. Dennoch wirkt die Oscarnomination, mit welcher er für seine Arbeit in The Prestige bedacht wurde, etwas übertrieben. Pfisters Talent soll aber hier keineswegs in Frage gestellt werden. Seine Bilder verbinden sich auch in The Prestige gut mit dem ebenso bescheiden inszenierten Score von David Julyan, der aber wohl nur im Film funktioniert. Würde er von den Bildern getrennt, hinge er wohl bloss in der Luft, ohne jedweden Eindruck zu hinterlassen.
Wie bereits erwäht, ist The Prestige zeitgeschichtlich hochinteressant, abgesehen davon, dass gewisse Teile des Films zu fantastisch ausgefallen sind. Dennoch wird die Subkultur der Magier, die sich raffinierter Tricks bedienen, um das Publikum zu erstaunen, an sich äusserst glaubwürdig dargestellt. Dass aus einem derartigen Konkurrenzkampf Mord und Totschlag entwächst ist ein filmischer Kniff, den man Christopher Nolan nachsieht, besonders da er am Ende des Films selber sich die Macht der Täuschung zunutze macht. Und das macht wohl einen guten Filmemacher aus.
The Prestige ist mitnichten Christopher Nolans bester Film. Dafür ist das Drehbuch zu unausgewogen und die Geschichte stellenweise zu fadenscheinig. Trotzdem kann man sich im Film verlieren und sich an der gelungenen Ausstattung, den gut aufspielenden Darstellern und dem spannenden Sujet verlieren. Und wer sich gerne überraschen lässt, der ist bei The Prestige sowieso an der richtigen Adresse. Hohe Filmkunst sieht zwar anders aus, doch die Mängel des Films fallen insgesamt nicht zu stark ins Gewicht. Wer sich auf Nolans Streifen einlässt und die verschiedenen Facetten aufmerksam verfolgt, erlebt angenehme zwei Stunden, die einem niemals zu lang erscheinen.
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