Montag, 23. November 2009

(500) Days of Summer

Wie alles begann: Summer (Zooey Deschanel) und Tom (Joseph Gordon-Levitt) kommen sich bei einer Firmenfeier in einer Bar näher.

5.5 Sterne


Das altehrwürdige Genre der romantischen Komödie hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Die grossen Studios scheinen momentan nur noch den ewig gleichen Einheitsbrei (The Proposal, The Ugly Truth) oder gänzlich humorfreie Versuche, "anders" zu sein (What Happens in Vegas..., All About Steve), zu produzieren. Wer Wert auf Romantik, Humor und Substanz legt, ist meistens mit Independentfilmen am besten beraten. Besonders FOX Searchlight hat sich in den letzten Jahren in Sachen gehaltvolle Komödien hervorgetan. 2007 landete das Studio den Überraschungshit Juno, dieses Jahr griffen sie Marc Webb bei seiner ersten grösseren Inszenierung unter die Arme. (500) Days of Summer hat ist zwar von der Grundidee her recht konventionell, überrascht aber angenehm mit ausgefallenen Einfällen, frechen Dialogen und dem Versuch, den Status der Liebe in unserer zum Zynismus neigenden Zeit zu erfassen.

(500) Days of Summer packt einen schon von der ersten Sekunde an. Der Text "The following is a work of fiction. Any resemblance to persons living or dead is purely coincidental ... Especially you Jenny Beckman ... Bitch." erscheint am Anfang auf der Leinwand und schon ist der Kinosaal von Gelächter erfüllt, ohne dass auch nur ein bewegtes Bild zu sehen gewesen wäre. Es ist auch nicht die übliche Art Spannung, die einen in diesem Moment gefangen nimmt. Man fragt sich nicht, wie sich der Plot entwickelt oder wer den Film überleben wird; vielmehr kann man es kaum erwarten zu sehen, auf welche Weise die weiteren Lacher erzeugt werden. Und die Erwartungen werden erfüllt. Scott Neustadter und Michael H. Weber führen in ihrem Drehbuch den Kniff, Musik und Filme aktiv in die Geschichte einzubinden, zur Perfektion. Augenzwinkernde Anspielungen wie die Fehlinterpretation von The Graduate oder die scheinbare Unmöglichkeit, dass Ringo Starr jemandes Lieblingsbeatle sein kann, werden zu Konfliktsituationen und Wendepunkten erhoben. Solche festen Pfeiler sind wichtig, da (500) Days of Summer nicht linear erzählt wird. Der Film fängt am 290. der 500 Tage an und hüpft in der Folge scheinbar beliebig zwischen den Tagen herum. Anfangs wirkt dies zwar irritierend, wird aber bald gar nicht mehr wahrgenommen. Auch ist die erzählte Geschichte weniger an einem geradlinigen Aufbau interessiert, sondern fixiert sich mehr auf bestimmte Ereignisse in der Beziehung von Tom und Summer. Und genau dort kommen die ausgefeilten Dialoge ins Spiel. Diese sind gespickt mit kleinen Frivolitäten sowie Anspielungen auf populärkulturelle Themen und diese erschöpfen sich nicht in unbeholfenen Pointen. Ganz nach dem Monty-Python-Rezept "Der Witz ohne Pointe ist der beste." werden eigentlich normale Sachverhalte von der etwas abseitig denkenden Summer aus einer neuen, ins Absurde tendierenden Perspektive gezeigt. Auch die Arbeit mit Montage und Split-Screen ist den Autoren und dem Regisseur Marc Webb ausgezeichnet gelungen. Wenn man dem Trio einen Vorwurf machen kann, dann der, dass das Ende vielleicht eine Spur zu süsslich geraten ist, was dem Tonfall des ganzen dritten Aktes etwas zuwiderläuft. Aber es handelt sich ja schliesslich um eine Komödie, da sei ihr das immerhin unvorhersehbare Happy End verziehen.

Bevor (500) Days of Summer in den USA erschien, wurde er in erster Linie als Zooey-Deschanel-Vehikel vermarktet. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass sie das zentrale Objekt des Films ist - um ihre berühmten Augen hervorzuheben, wurde der Film sogar mit Blaustich gefilmt. Ihr Schauspiel lässt kaum zu wünschen übrig. Sie spielt eine bodenständige, pragmatische, aber dennoch leicht verrückte Frau, die nicht an die wahre Liebe glaubt. Zwar ist Summer einem anfangs sympathisch, doch ehe man sich versieht, geht sie einem auf die Nerven - ohne dass Deschanel ihre Art gross verändert hätte. Wieder einmal hat der schauspielerische Minimalismus über die exzessive Emphase gesiegt. Doch auch Joseph Gordon-Levitt funktioniert nach diesem Schema. Im einen Moment mag man den Mann, im anderen fragt man sich, weshalb er sich jetzt dermassen idiotisch aufführt. Professionelles, junges Schauspiel, gepaart mit einer sorgfältig entwickelten Charakterzeichnung, ist alles, was es für ein kleineres Sympathiedilemma beim Zuschauer braucht. Da (500) Days of Summer trotz seiner dominierenden Hauptfiguren nicht ohne Einfluss nehmende Nebenfiguren auskommt, mussten auch die Nebenrollen ansprechend besetzt werden. Hier macht vor allem Chloe Moretz, eine Jungschauspielerin in der Art von Abigail Breslin, als Toms Schwester Rachel, der ruhende Pol und die Stimme der Vernunft unter ratlosen Männern, auf sich aufmerksam. Toms Freunde sind wohl das Konventionellste an (500) Days of Summer, was ihre Witzigkeit aber, anders als die mässig lustige Herrentruppe in Knocked Up, trotzdem kaum einschränkt. Vor allem Geoffrey Arend sorgt in betrunkenem Zustand für einige einfache, nicht speziell anspruchsvolle Witze, die man als Zuschauer mit einem ehrlich gemeinten Schmunzler quittiert. Daran ist überhaupt nichts Schlimmes. Ganze Filme hätten mit diesem Humorkonzept gerettet werden können.
Wie Juno bedient sich auch (500) Days of Summer musikalisch munter beim Indie-Genre: The Smiths, The Temper Trap, Feist, She & Him (bestehend aus M. Ward und Zooey Deschanel selbst) und andere. Abgerundet wird das Ganze durch die Berücksichtigung von Carla Bruni und Simon & Garfunkel. Die Musik passt zum Film und lässt sich gleichzeitig auch hervorragend verkaufen - der Traum eines jeden Produzenten.

Marc Webb greift in seinem Film die schwierige Thematik der Generation der Twentysomethings auf, die bereits in Zach Braffs surreal-absurder Romanze Garden State behandelt wurde. Braff beschäftigte sich in erster Linie mit der Entwicklung und den Zukunftsperspektiven, der Menschen, die in den 1980er- und 1990er Jahren aufgewachsen sind. Webb, Neustadter und Weber stellen sich selbst und dem Publikum die Frage, wie diese Generation mit der Liebe umgeht. In (500) Days of Summer werden zwei Meinungen miteinenader verglichen. Tom glaubt an die wahre Liebe, wie er sie im Ende von The Graduate zu sehen meint - die letzten Sekunden des Films scheinen ihm dabei entgangen zu sein -, während Summer deren Existenz entschieden anzweifelt. So ist Marc Webb nicht nur ein lustiger und romantischer, sondern auch ein sehr anspruchsvoller Film gelungen, der einem mehr bietet als man es von einer Liebeskomödie erwartet.

Wem kann man (500) Days of Summer empfehlen? Frisch verliebten Paaren? Jawohl. Verliebten Singles? Ebenfalls. Kinofans? Aber natürlich! Der Film spricht einen auf mehreren Ebenen an, ohne jedoch deprimierend oder getragen zu wirken, obwohl es ja eigentlich um eine Trennung geht. Er erlaubt es einem, in eine romantische, stellenweise aber auch bittersüsse Welt einzutauchen, die einen zum Lachen geradezu herausfordert. Selten wurde eine dem Untergang geweihte Beziehung filmisch so leichtfüssig und intelligent präsentiert. Wieder einmal zeigt ein Independentfilm den Grossproduktionen, wie man es machen muss.

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