3.5 Sterne
Die Welle, ein Buch basierend auf wahren Begebenheiten, gehört seit Jahren zum Standardprogramm im Schulunterricht. Schülern kommt der Stoff zuweilen schon zu den Ohren raus. Dazu gibt es noch eine mehr als mittelmässige amerikanische Verfilmung (The Wave von 1981), mit der die Schüler zusätzlich noch belehrt werden. Nun hat der deutsche Regisseur Dennis Gansel die Handlung ins heutige Deutschland transferiert und will damit die Massen aufrütteln. Gelingts? Teilweise.
Um beim Positiven anzufangen: Jürgen Vogel spielt den 68er-Lehrer Rainer wirklich gut. Er verleiht der Figur die nötige Tiefe und man kauft ihm die Lockerheit glatt ab, so hat diese Figur auch über die ganze Länge des Films die meisten Lacher. Diese Lacher sind auch in einem schweren Drama angebracht, denn auch im echten Leben gehts ja hie und da lustig zu und her. Doch leider fragt man sich schon nach ein paar Minuten in Die Welle, ob das denn jetzt wirklich das echte Leben sein soll. Die Gruppierung kommt langsam und schleichend auf, sie vergrössert sich akribisch und die Figurenzeichnung ist eine der schlechtesten der letzten Zeit. Das ist seit jeher das Manko des deutschen Films; alles muss genau durchgeplant sein und figurenteschnisch muss man von allem etwas haben. Wir sehen die unsympathische, aber doch irgendwie herzensgute Karo (Jennifer Ulrich), den Aussenseiter Tim (Frederick Lau) und auch den Secondo Sinan (Elyas M'Barek) auf der Leinwand agieren, hören zu, wie diese und andere Leute irgendwelche ach so jugendtypischen Ausdrücke (Asi, Fascho, Anarcho, Bitch...) runterleiern und fragen uns, ob der Bildungsstandard in Deutschland wirklich so beängstigend tief ist. Und die Figurenzeichnung ist nicht nur klischiert, stellenweise sind die Protagonisten sogar masslos überzeichnet. Und bei diesem traurigen Haufen von Amateurschauspielern (einige positive Ausnahmen) hat man sogar Mitleid mit Jürgen Vogel, der seinen Namen für Die Welle hergibt.
Harsche Worte, natürlich, aber trotzdem schafft es der Film immer, interessant zu bleiben, wartet ab und zu mit Überraschungen auf und erreicht sein Ziel, nämlich zu schockieren, am Ende zumindest ansatzweise. Wie bei vielen Filmen vorher rettet das harte, aber doch sehr gute Ende, welches sehr gut ins heutige Deutschland passt, den doch recht lauen Film. Der Schluss mag unglaubwürdig sein, doch immerhin kommen da noch gut gespielte Emotionen ins Spiel und Frederick Lau zeigt, dass er doch nicht eine so schlimme Fehlbesetzung war.
Was bleibt von Die Welle? Die letzten fünf Minuten sicher, doch sonst fragt man sich, was denn jetzt im Vorfeld da so hochgejubelt wurde. Dennis Gansel erzählt eine typisch deutsche Geschichte, doch sogar dabei schafft er es, Nazi-Deutschland beinahe zu vergessen. Darauf angespielt wird zwei, drei Mal, das ist einfach zu wenig. Und als zusätzliche Lächerlichkeit kommen die bemühten Anspielungen darauf, dass der Film heute spielt, hinzu.
Fazit: Die Welle ist ein durchschnittlicher Film, der aber dank eines starken Endes im Gedächtnis haften bleibt.
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