Donnerstag, 7. Juli 2011

Larry Crowne

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Mit dem Sommer ist auch die Zeit der Liebeskomödien gekommen. Allerdings hat das Genre unzweifelhaft schon bessere Zeiten gesehen. Hat es Tom Hanks' Starvehikel Larry Crowne geschafft, die qualitativ angeschlagene Hollywood-Rom-Com wieder neu zu beleben? Leider nur sehr bedingt.

Gestatten, Larry Crowne (Tom Hanks), ein sympathischer Kerl Mitte vierzig, der sich nach zwanzig Jahren Marine-Küchendienst niederliess und einen Verkaufsjob bei einer Warenhauskette annahm. In dieser Position fühlt er sich wohl, Kunden und Mitarbeiter schätzen seine positive Einstellung. Doch eines unschönen Tages wird Larry aus heiterem Himmel entlassen. Der Grund: Ihm fehlt eine College-Ausbildung. Und in Zeiten der Wirtschaftskrise trifft es bei Rationalisierungen die Unqualifizierten eben zuerst. Die Suche nach einer neuen Arbeit gestaltet sich schwierig. Also schreibt er sich auf Anraten seiner Nachbarn Lamar (Cedric "the Entertainer") und B'Ella (Taraji P. Henson) an der lokalen Universität ein. Seine Hauptfächer: Wirtschaftslehre beim exzentrischen Dr. Matsutani (Star Trek-Veteran George Takei) und freies Reden bei der frustrierten Mercedes Tainot (Julia Roberts). Larry lebt sich schnell auf dem Campus ein; er findet Freunde und wird sogar in eine Clique von Motorrollerfans aufgenommen. Bei einer abendlichen Rundfahrt gabelt er die an einer Bushaltestelle wartende Mercedes auf, die sich gerade mit ihrem Versager von Ehemann Dean (Bryan Cranston) heftig gestritten hat. Unter Alkoholeinfluss küsst sie ihren Schüler sogar – natürlich ein absolutes Tabu. Die beiden bewahren Stillschweigen über den Vorfall, finden aber immer mehr Gefallen aneinander.

Larry Crowne gibt sich sichtlich Mühe, sich vom durchschnittlichen Rom-Com-Kino der letzten Jahre zu distanzieren, im Grunde kein schlechter Gedanke. Die Autoren des Streifens, Nia Vardalos (My Big Fat Greek Wedding) und Tom Hanks selbst, umgingen in ihrem Skript die gängigsten und nervigsten Klischees; auf ausgelutschte Storyelemente wie das grosse Missverständnis, welches die ganze Handlung unnötig verlängert, oder den erbitterten Widersacher der Hauptfigur wird verzichtet. Doch Vardalos und Hanks haben es versäumt, diese Klischees nicht nur aus ihrem Film herauszuschreiben, sondern sie auch durch eigene, originelle Einfälle zu ersetzen. Dadurch stellen sich in Larry Crowne kaum Reibungen ein; viele Szenen laufen auf nichts Spezielles hinaus und versanden ohne grossen Einfluss auf die Geschichte. Diesen Mangel an Spannung vermögen auch die Gags nicht wirklich auszugleichen. Für jeden gelungenen Lacher, meistens von Seiten George Takeis oder Cedric "the Entertainers", liefert das Drehbuch auch einen Gag, der sein Ziel entweder verfehlt oder allzu sehr erzwungen wirkt. Besonders in den ersten paar Szenen zwischen Larry und Mercedes versucht das Drehbuch Kapital aus den verschiedenen Wesenszügen der Figuren – er ist naiv und liebenswert, sie genervt und zynisch – zu schlagen, doch was herauskommt, sind gestelzte Momente der Peinlichkeit, welche zum Fremdschämen einladen.

Unterschiedliche Altersgenossen: Student Larry (Tom Hanks) hilft seiner Lehrerin Mercedes (Julia Roberts) bei einem GPS-Problem.
Dass Larry Crowne aufs Ganze gesehen aber gefällig bleibt, ist in erster Linie seinem Hauptdarsteller zu verdanken. Tom Hanks ist mittlerweile Hollywoods Symbolfigur für den aufrechten und treuherzigen, aber immer auch leicht selbstironischen, amerikanischen Vorzeigebürger. Seine Beflissenheit, sein untrüblicher Glaube an das Gute in seinen Mitmenschen ist auch der Grund, warum sein Larry Crowne ein echter Sympathieträger ist. Schade nur, dass sein weiblicher Gegenpart eine unausstehliche Kratzbürste ist. Der ganze Film fällt mit Julia Roberts' Mercedes. Ihre Abfälligkeit, ihre bösartigen Vorurteile und ihre Egomanie stehen dermassen in Kontrast zu Larrys sonnigem Gemüt, dass sie selbst nach ihrem (sehr moderaten) "Wandel" immer noch nichts taugt als Identifikationsfigur. Dass sich Larry in jemanden, der derart unsympathisch wie Mercedes ist, verlieben kann, scheint ganz und gar unwahrscheinlich, was der Liebesgeschichte jegliche Glaubwürdigkeit raubt.

Liebeskomödien leben zu einem schönen Teil von der Chemie des Hauptdarstellerpaares. Doch so gut Tom Hanks mit George Takei oder Cedric "the Entertainer" funktioniert, so schlecht klappt es mit Julia Roberts. Entsprechend finden sich die Reize von Larry Crowne auch meistens dann, wenn Roberts nicht Teil der Szene ist. Dies ist bedauerlich, da der Film mit seinen Rückgriffen auf Komödien der 80er- und 90er-Jahre – mitsamt der Stilisierung des College-Lebens – durchaus Potenzial gehabt hätte. Eine gründliche Überarbeitung des Drehbuchs im Allgemeinen und des Charakters Mercedes Tainot im Speziellen hätte den Film wohl vom Genre-Durchschnitt abgehoben. So aber ist Tom Hanks' zweite Regiearbeit ein nicht weiter bemerkenswertes, schnell vergessenes Sommerfilmchen, das immerhin leidlich zu unterhalten vermag.

★★★

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