Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.
Mit dem Sommer ist auch die Zeit der Liebeskomödien gekommen.
Allerdings hat das Genre unzweifelhaft schon bessere Zeiten gesehen.
Hat es Tom Hanks' Starvehikel Larry Crowne geschafft, die
qualitativ angeschlagene Hollywood-Rom-Com wieder neu zu beleben?
Leider nur sehr bedingt.
Gestatten, Larry Crowne (Tom Hanks), ein sympathischer Kerl Mitte
vierzig, der sich nach zwanzig Jahren Marine-Küchendienst
niederliess und einen Verkaufsjob bei einer Warenhauskette annahm. In
dieser Position fühlt er sich wohl, Kunden und Mitarbeiter schätzen
seine positive Einstellung. Doch eines unschönen Tages wird Larry
aus heiterem Himmel entlassen. Der Grund: Ihm fehlt eine
College-Ausbildung. Und in Zeiten der Wirtschaftskrise trifft es bei
Rationalisierungen die Unqualifizierten eben zuerst. Die Suche nach
einer neuen Arbeit gestaltet sich schwierig. Also schreibt er sich
auf Anraten seiner Nachbarn Lamar (Cedric "the Entertainer") und
B'Ella (Taraji P. Henson) an der lokalen Universität ein. Seine
Hauptfächer: Wirtschaftslehre beim exzentrischen Dr. Matsutani
(Star Trek-Veteran George Takei) und freies Reden bei der
frustrierten Mercedes Tainot (Julia Roberts). Larry lebt sich schnell
auf dem Campus ein; er findet Freunde und wird sogar in eine Clique
von Motorrollerfans aufgenommen. Bei einer abendlichen Rundfahrt
gabelt er die an einer Bushaltestelle wartende Mercedes auf, die sich
gerade mit ihrem Versager von Ehemann Dean (Bryan Cranston) heftig
gestritten hat. Unter Alkoholeinfluss küsst sie ihren Schüler sogar
– natürlich ein absolutes Tabu. Die beiden bewahren Stillschweigen
über den Vorfall, finden aber immer mehr Gefallen aneinander.
Larry
Crowne gibt sich sichtlich Mühe, sich vom durchschnittlichen
Rom-Com-Kino der letzten Jahre zu distanzieren, im Grunde kein
schlechter Gedanke. Die Autoren des Streifens, Nia Vardalos (My
Big Fat Greek Wedding) und Tom Hanks selbst, umgingen in ihrem
Skript die gängigsten und nervigsten Klischees; auf ausgelutschte
Storyelemente wie das grosse Missverständnis, welches die ganze
Handlung unnötig verlängert, oder den erbitterten Widersacher der
Hauptfigur wird verzichtet. Doch Vardalos und Hanks haben es
versäumt, diese Klischees nicht nur aus ihrem Film
herauszuschreiben, sondern sie auch durch eigene, originelle Einfälle
zu ersetzen. Dadurch stellen sich in Larry Crowne kaum
Reibungen ein; viele Szenen laufen auf nichts Spezielles hinaus und
versanden ohne grossen Einfluss auf die Geschichte. Diesen Mangel an
Spannung vermögen auch die Gags nicht wirklich auszugleichen. Für
jeden gelungenen Lacher, meistens von Seiten George Takeis oder
Cedric "the Entertainers", liefert das Drehbuch auch einen Gag,
der sein Ziel entweder verfehlt oder allzu sehr erzwungen wirkt.
Besonders in den ersten paar Szenen zwischen Larry und Mercedes
versucht das Drehbuch Kapital aus den verschiedenen Wesenszügen der
Figuren – er ist naiv und liebenswert, sie genervt und zynisch –
zu schlagen, doch was herauskommt, sind gestelzte Momente der
Peinlichkeit, welche zum Fremdschämen einladen.
Unterschiedliche Altersgenossen: Student Larry (Tom Hanks) hilft
seiner Lehrerin Mercedes (Julia Roberts) bei einem GPS-Problem.
|
Dass Larry Crowne aufs Ganze gesehen aber gefällig bleibt, ist
in erster Linie seinem Hauptdarsteller zu verdanken. Tom Hanks ist
mittlerweile Hollywoods Symbolfigur für den aufrechten und
treuherzigen, aber immer auch leicht selbstironischen, amerikanischen
Vorzeigebürger. Seine Beflissenheit, sein untrüblicher Glaube an
das Gute in seinen Mitmenschen ist auch der Grund, warum sein Larry
Crowne ein echter Sympathieträger ist. Schade nur, dass sein
weiblicher Gegenpart eine unausstehliche Kratzbürste ist. Der ganze
Film fällt mit Julia Roberts' Mercedes. Ihre Abfälligkeit, ihre
bösartigen Vorurteile und ihre Egomanie stehen dermassen in Kontrast
zu Larrys sonnigem Gemüt, dass sie selbst nach ihrem (sehr
moderaten) "Wandel" immer noch nichts taugt als
Identifikationsfigur. Dass sich Larry in jemanden, der derart
unsympathisch wie Mercedes ist, verlieben kann, scheint ganz und gar
unwahrscheinlich, was der Liebesgeschichte jegliche Glaubwürdigkeit
raubt.
Liebeskomödien leben zu einem schönen Teil von der Chemie des
Hauptdarstellerpaares. Doch so gut Tom Hanks mit George Takei oder
Cedric "the Entertainer" funktioniert, so schlecht klappt es mit
Julia Roberts. Entsprechend finden sich die Reize von Larry
Crowne auch meistens dann, wenn Roberts nicht Teil der Szene ist.
Dies ist bedauerlich, da der Film mit seinen Rückgriffen auf
Komödien der 80er- und 90er-Jahre – mitsamt der Stilisierung des
College-Lebens – durchaus Potenzial gehabt hätte. Eine gründliche
Überarbeitung des Drehbuchs im Allgemeinen und des Charakters
Mercedes Tainot im Speziellen hätte den Film wohl vom
Genre-Durchschnitt abgehoben. So aber ist Tom Hanks' zweite
Regiearbeit ein nicht weiter bemerkenswertes, schnell vergessenes
Sommerfilmchen, das immerhin leidlich zu unterhalten vermag.
★★★☆☆☆
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen