Fast zwei Jahre nach Drehschluss hat es The Beaver nun endlich
auf die Leinwand geschafft – allen Kontroversen zum Trotz. Hat sich
das Warten gelohnt? Jein. Jodie Fosters Neuester besticht zwar in
diversen Punkten, ist aber ein heilloses Durcheinander von Ideen und
Ansätzen.
Spielzeugfabrikant Walter Black (Mel Gibson) hat ein Problem. Er ist
klinisch depressiv und spricht auf keine Therapie an. Mittlerweile
hat er resigniert und verbringt den Grossteil seiner Zeit mit
Schlafen. Dies nagt an den Kräften seiner Familie: Ehefrau Meredith
(Jodie Foster) vergräbt sich in ihrer Arbeit als
Achterbahn-Designerin, wird damit aber auch nicht glücklich; Walters
jüngerer Sohn Henry (Riley Thomas Stewart) hat Schwierigkeiten,
Freunde zu finden und wird zusehends zum Einzelgänger; und der
ältere Porter (Anton Yelchin) hat panische Angst davor, so zu werden
wie sein Vater. Als Meredith schliesslich ihren Mann aus dem Haus
wirft, versucht dieser sich umzubringen – ohne Erfolg. Stattdessen
fällt ihm ein Fernseher auf den Kopf, woraufhin er beginnt, durch
eine Biber-Handpuppe, die er in einer Mülltonne gefunden hat, mit
seiner Umwelt zu kommunizieren. Dieses Plüschtier, welches ab sofort
mit "The Beaver" angesprochen werden will, verleiht Walter
scheinbar neue Kräfte. Er nimmt wieder aktiv am Familienleben teil,
er beschäftigt sich wieder mit Henry und er rettet seine
Spielzeugfirma mit einer Glanzidee vor der Insolvenz. Nur Porter kann
sich mit dem Biber nicht anfreunden; er wendet sich immer mehr von
seinem Vater ab und kümmert sich um seine eigenen Sorgen. Er wird
nämlich von der hübschen Musterschülerin Norah (Jennifer Lawrence,
Oscar-Nomination für Winter's Bone) darum gebeten, ihre
Abschlussrede für sie zu schreiben.
The
Beaver ist erst der zweite Film seit 2004, in welchem Mel Gibson
(Mad Max, Braveheart) vor der Kamera zu sehen ist. Der
gefallene Superstar ist in den letzten Jahren mit ultrakonservativen
Ansichten, antisemitischen Sprüchen und Alkoholexzessen negativ
aufgefallen und mutierte so vom Vorzeige-Prominenten zum Problemfall
für die Studios. Dementsprechend wird er auch gerne aufs Heftigste
kritisiert; schon nach dem ersten Trailer für The Beaver wurde
die Frage gestellt, was er sich bei der Wahl dieser Rolle gedacht
habe. Doch überraschenderweise gehört Mel Gibsons Performance zu
den Vorzügen des Films. Er spielt Walter Black mit der richtigen
Subtilität und man hat als Zuschauer keinerlei Schwierigkeiten, den
Wunsch der Hauptfigur, aus der Depression auszubrechen, abzunehmen.
Selbst Gibsons viel parodierter unnatürlicher britischer Dialekt,
mit dem er die Biberpuppe sprechen lässt, funktioniert zum Vorteil
des Films, indem er einen daran erinnert, dass der "Beaver" trotz
allem ein Teil von Walter ist.
Erfolgreiche
Behandlung? Der depressive Walter Black (Mel Gibson) findet zu neuer
Lebenskraft, indem er durch seine Biber-Handpuppe kommuniziert.
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Doch selbst die
beste Schauspielleistung – und The Beaver ist fast
ausnahmslos vorzüglich besetzt – vermag nicht über das Kyle
Killens maues Drehbuch hinwegzutäuschen. Dies fängt bei der
Prämisse an. So sehr sich der Film bemüht, sie nachvollziehbar zu
erklären, es gelingt ihm nie hundertprozentig. Der Gedanke, dass ein
depressiver Mann plötzlich per Handpuppe zu interagieren anfängt,
ist schlicht zu weit hergeholt, um glaubwürdig zu wirken. Verstärkt
wird dieser Eindruck des allzu unrealistischen Plots durch den
Wechsel der Tonart, den The Beaver zu Beginn des dritten Aktes
vollzieht: Walters Situation, die zuvor sogar leicht humoristisch
angegangen wurde, verwandelt sich plötzlich und ohne Vorwarnung oder
Andeutung in einen Psychothriller Marke Child's Play – es
scheint, als habe sich Killen in eine Ecke geschrieben, aus der er
ohne Kraftakt nicht mehr herauskam. Eine weiterere erzählerische
Eigenart von The Beaver ist der Subplot mit Walters Sohn Porter
und dessen "Klientin" Norah, der wie ein komplett anderer,
besserer, Film eines anderen Autors daherkommt. Im Gegensatz zur
Hauptstory ist dieser Handlungsstrang nämlich durchaus realistisch
und emotional anregend, nicht zuletzt dank Anton Yelchin und Jennifer
Lawrence, und darüber hinaus echt spannend.
The
Beaver ist kein schlechter Film, aber, und das ist wohl der
Knackpunkt, wirklich gut ist er eben auch nicht. Jodie Fosters
neuestes Werk hat zweifelsohne seine Stärken, doch seine Probleme
sind zu gross, als dass man sie einfach ignorieren könnte. Zu sehr
nagt das unausgegorene Szenario an der Qualität von Jodie Fosters
neuestem Werk. Letzten Endes ist The Beaver nichts anderes als
ein interessantes kleines Projekt eines noch unerfahrenen
Drehbuchautors, das dank einigen prominenten Darstellern und einer
zweifellos begabten Regisseurin mehr Aufmerksamkeit erhält, als es
verdient.
★★★½
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