Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.
Drei Jahre nach Martin McDonaghs Kino-Erstling bringt Bruder John
Michael seinen ins Kino. The Guard mag zwar nicht den Tiefsinn
von In Bruges erreichen, begeistert aber mit einem Feuerwerk
schwarzen irischen Humors – wahrscheinlich der lustigste Film des
Jahres.
Sergeant Gerry Boyle (der fantastische Brendan Gleeson, siehe Kasten
rechts) ist ein Polizist im verschlafenen Connemara-Gaeltacht, einer "Schutzzone" der gälischen Sprache, im Westen Irlands. Um seine
eintönigen Tage etwas interessanter zu gestalten, unterhält Gerry
gute Beziehungen zu Prostituierten und lässt sich auch den
Drogenkonsum nicht schlecht reden. Als aber die Gerüchte über eine
Ladung Drogen, die auf dem Wasserweg die grüne Insel erreichen soll,
laut werden, kommt Bewegung in den Polizei-Alltag. Davon bleibt auch
Gerry nicht verschont, dem der afroamerikanische FBI-Mann Wendell
Everett (Don Cheadle) zur Seite gestellt wird. Während der Besucher
Problem hat, sich bei der teilweise rassistischen Landbevölkerung
verständlich zu machen, wird die Geduld des Iren durch die
Gesetzestreue des "Yanks" schwer auf die Probe gestellt.
In einer Zeit, in der die meisten Komödien auf altbekannten
Klischees beruhen, ist es erfrischend, jenen beizuwohnen, deren Humor
auf Aspekten wie Lokalkolorit beruht. Die Kehrseite dieser
Ausrichtung ist natürlich, dass sich gewisse Leute ausgeschlossen
fühlen, wenn ein Film zu stark auf die Kenntnis lokaler Eigenheiten
setzt. Diesen Vorwurf muss sich The Guard aber nicht machen
lassen. Tatsache ist zwar, dass sich Kinogänger mit einem Vorwissen
über Kultur und Gesellschaft Irlands über viele kleine "In-Jokes"
amüsieren werden, doch John Michael McDonaghs Film grenzt niemanden
aus. Jeder wird über Gerry Boyles naiven Rassismus herzlich lachen
können, ebenso über Wendells Konversation mit einem Pferd, oder
über die Frustration des Londoner Gangsters (gespielt vom
umwerfenden Mark Strong, bekannt aus RocknRolla) über die in
Sachen Drogen und Bestechung reichlich unerfahrenen irischen
Polizisten. Wer sich jedoch etwas auskennt, wird auch an Dingen wie
dem Poster des Schmusesängers Daniel O'Donnell, der vorrangigen
Witzfigur des Landes, in Gerrys Schlafzimmer, dem irischen Idiom
("Gobshite!") oder der traditionellen Musik ("Carrickfergus", "Star of the County Down") seine helle Freude haben. Insofern
erinnert der humoristische Einbezug der eigenen Kultur sehr an den
des Judentums in A Serious Man der Coen-Brüder: Der kulturelle
Hintergrund ist da, wird aber – zum Glück, da sonst die
Authentizität verloren ginge – nicht erklärt.
Ritualmord oder Ablenkungsmanöver? Gesetzeshüter Gerry Boyle
(Brendan Gleeson) begutachtet einen Tatort.
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The
Guard schafft es auch hervorragend, landesinterne Themen wie die "Alle gegen Dublin"-Mentalität, den momentanen Status der IRA
oder die Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Liberalisierung und
katholischer Tradition auf die Schippe zu nehmen. Aber Irland wäre
nicht Irland, wenn nicht auch die Tragödie – ganz nach dem "Come
all ye"-Prinzip von Folksongs – ihren Platz
bekäme. McDonagh findet sie in Gerrys sterbender Mutter und dem
bittersüssen, aber auch überaus konsequenten Ende.
Jeder Freund des schwarzen Humors sollte John Michael McDonaghs
erstem Langspielfilm etwas abgewinnen können; kaum eine Szene, die
einem nicht einen lauten Lacher entlockt. The Guard ist ein
Hochgenuss von einem "Fillum".
★★★★★½
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