Les Trois Mousquetaires, die klassische Ezählung Alexandre Dumas' des Älteren, gehört mit nunmehr 23 Leinwandadaptionen zu den meistverfilmten literarischen Werken der Geschichte. Dass die Story der drei Musketiere immer wieder neu aufgegriffen wird und sie alle bislang wenigstens teilweise zu gefallen wussten, ist auf die unverwüstliche Klasse von Dumas' Vorlage zurückzuführen. Doch auch die beste Geschichte stösst qualitativ an ihre Grenzen, wenn sie von Paul W.S. Anderson, seines Zeichens Macher minderer Horrorstreifen wie Alien vs. Predator oder Resident Evil (alle vier Teile), durch den Fleischwolf gedreht wird. The Three Musketeers ist ein heisser Anwärter auf den Titel des schlechtesten Films des Jahres.
Will man sich en détail mit dem Film befassen, ist leider ein kurzes Studium des Plots nötig – oder zumindest dessen, was sich als solcher ausgibt. Im Frankreich des 17. Jahrhunderts kämpfen die legendären drei Musketiere – Athos (Matthew MacFayden), Porthos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) – für den jungen König Louis XIII. (Freddie Fox). Als aber der junge D'Artagnan – Verzeihung, D'Artänjen (Logan Lerman) – in Paris ankommt, um sich ihnen anzuschliessen, muss er feststellen, dass aus seinen Helden frustrierte Einzelkämpfer geworden sind. Doch nach einem Kampf gegen 40 Soldaten der Leibwache von Kardinal Richelieu (Christoph Waltz), dem de facto mächtigsten Mann des Königreichs, finden die drei Freunde wieder zusammen und nehmen auch D'Artänjen als einen der ihren auf. Die Mithilfe können sie brauchen, da Richelieu und die Doppelagentin und Ex-Geliebte von Athos, Milady de Winter (Milla Jovovich, Paul W.S. Andersons Ehefrau), den englischen Lord Buckingham (Orlando Bloom, dessen Karriere sich langsam dem Ende zu nähern scheint) und König Louis dazu bewegen wollen, einen Krieg zwischen England und Frankreich heraufzubeschwören. Eine derartige Auseinandersetzung wäre für Europa verheerend, da Buckingham im Besitz von Leonardo da Vincis sagenumwobenen Bauplänen für fliegende Kampfmaschinen ist. Und nein, das ist kein Witz.
The Three Musketeers sieht sich als Vertreter der Kunstrichtung des Steampunk, die im Kino bereits unterhaltsame Werke wie Guillermo del Toros Hellboy-Verfilmungen oder Guy Ritchies unterbewertete Neuinterpretation von Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes hervorgebracht hat. Tatsächlich kann sich Andersons Film in Sachen Schauwerten durchaus sehen lassen: Kostüme und Austattung sind einfallsreich und hübsch anzusehen. Nur leider generieren diese Aspekte noch lange keinen guten Film. Auch Hellboy und Sherlock Holmes beeindruckten visuell, doch der Grund, weshalb diese Versuche, einen alt gestandenen Stoff neu auszulegen, gelangen, weil die Regisseure zwar einerseits der jeweiligen Vorlage Respekt zollten, sie aber mit ihrem eigenen, unverwechselbaren Stil zu vermischen wussten. Anderson hingegen scheitert in beiden Punkten: Er degradiert Dumas' Figuren zu billigen Schablonen und er beweist einmal mehr, dass seine einzige "Vision" als Regisseur darin besteht, Massenware zu liefern.
Entsprechend sind die Actionsequenzen ein unbeständiger, schlecht geschnittener, mit geistlosem 3D gespickter Brei aus Zack Snyder'scher "Zeitlupe" – eine Verlangsamung, gefolgt von doppelter Geschwindigkeit –, bekannt aus 300, Kampfmethoden, die denen aus den Assassin's Creed-Spielen aufs Haar gleichen, und Choreografien, die man Schritt für Schritt aus Pirates of the Caribbean zu kennen glaubt. Darüber hinaus scheint Anderson nicht einmal grundsätzliche Konventionen des Filmemachens begriffen zu haben. So erweist er sich beispielsweise als unfähig, Dialogszenen mit einer gewissen Dynamik, oder wenigstens einem Fünkchen Realismus, zu inszenieren. Redet jemand im Vordergrund, steht im Hintergrund alles still, sodass niemals das Gefühl aufkommt, die Welt von The Three Musketeers sei eine lebendige. Überhaupt scheint Andersons einzige Mission in diesem Film zu sein, seine Frau Milla Jovovich in viel zu knappe Kleidchen zu stecken und sie sexy herumhüpfen zu lassen. Ob dazu wirklich ein Budget von gut 80 Millionen Dollar nötig war, sei dahingestellt.
Doch nicht nur die Regie ist auf dem Niveau eines mittelmässigen Schultheaters; die Darsteller enttäuschen ebenso. Oscar-Gewinner Christoph Waltz wirkt gelangweilt und freudlos, Matthew MacFayden und Milla Jovovich scheinen ihren Text von Notizen auf ihren Händen abzulesen und Logan Lerman verliert nie sein dämliches Grinsen, was seiner sowieso schon miserabel geschriebenen Figur den Rest gibt. Ja – wen wunderts? –, auch das Drehbuch macht den Anschein, als hätten sich die Autoren, Andrew Davies und Alex Litvak, nicht sonderlich viel Mühe gegeben. Nicht nur klingt die Geschichte, als hätte sie sich ein kleines Kind ausgedacht, der Charme der originalen Charaktere wurde durch Komödienstereotypen ersetzt, die sich schlechter mit dem historischen Hintergrund nicht vertragen könnten. Jeder Akteur muss unlustige One-Liner von sich geben, die bis zur Schmerzgrenze wiederholt werden müssen, D'Artänjen ist ein nerviger Bengel, dessen Sprüche clever und vorlaut sein sollen, ihn aber nur noch unsympathischer machen, jeder lacht über seine eigenen Witze, und niemand, schon gar nicht die Bösewichte, haben auch nur im Entferntesten eine erkennbare Motivation, geschweige denn so etwas wie Charakterkontinuität. Auch Logik und Physik werden schamlos ausser Kraft gesetzt; so führt neuerdings das Rammen der Notre Dame mit einem futuristischen Luftschiff (eine Kiki's Delivery Service in Erinnerung rufende Szene) zu nicht mehr als insgesamt drei halbwegs interessierten Zuschauern und ein Sturz aus gut 500 Metern Höhe ist dermassen marginal, dass das Überleben desselben nicht einmal erklärt werden muss.
The Three Musketeers ist ein Reinfall in jeder Hinsicht – mit der möglichen Ausnahme der Kassenbilanz. Nichts wirkt echt. Originalität – Fehlanzeige. Regie, Skript, Schauspiel und sogar Schnitt sind stümperhaft. Würde sich Alexandre Dumas, wenn er davon wüsste, im Grab umdrehen? Wohl nicht, der Film lohnt schlicht den Aufwand nicht.
★
D'Artänjen gehört eingesperrt! Und zur Strafe muss er diesen Film in einer Endlosschlaufe schauen! Hah! :) Und sich vielleicht überlegen, wieso er als "Franzose" genau gleich spricht wie ein Engländer.
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