Samstag, 29. Oktober 2011

Special: 5 Movies You Won't Watch This Hallowe'en (But Should)


What do people do on Hallowe’en? Some go trick-or-treating. Some just go tricking, i.e. throw eggs at houses. Some go to parties that are completely identical to the ones they go to every weekend, the exception being people wearing costumes and drinks being orange. Some, however, get together in a darkened room and spend the night watching horror(ish) movies. The programme includes everything from Hallowe’en party classics (The Exorcist, The Shining) to popular shockers (The Blair Witch Project, Paranormal Activity) and unknown genre gems (Haute Tension). But today, I will ignore all of these films and list five movies I know won’t be played at any sane person’s Hallowe’en cinema night – for shame.

Ganze Liste auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Giochi d'estate

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Seit 1961 schickt die Schweiz jährlich einen Film ins Rennen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Streifen. Mit Rolando Collas Giochi d'estate wird diese Ehre nun erstmals einem italienisch gesprochenen Leinwandwerk zuteil. Leider bleibt dieses hinter den Erwartungen zurück.

Kindliche und (früh)pubertäre Sommereskapaden sind beileibe kein Novum in der Welt des Kinos – man denke an Filme wie Robert Mulligans Summer of '42 oder Hayao Miyazakis märchenhaftes Anime My Neighbor Totoro. In diese Kerbe schlägt auch Rolando Collas neuester Film. Seine Hauptfigur ist Nic (Armando Condolucci), ein 12-jähriger Junge, der mit seinem wankelmütigen Vater Vincenzo (Antonio Merone), seiner Mutter (Alessia Barela) und seinem jüngeren Bruder Agostino (Marco D'Orazi) in der Toskana Camping-Sommerferien macht. Am Strand begegnen ihm und Agostino die Mädchen Patty (Chiara Scolari) und Marie (Fiorella Campanella) sowie der Draufgänger Lee (Francesco Huang). Nach einigen Konflikten freunden sich die Jugendlichen an und beginnen ihre sommerlichen Spiele, die mal harmlos, mal weniger harmlos sind.

Was Colla in Giochi d'estate darzustellen versucht, ist offensichtlich: Sein Ziel war es, die Frustrationen und das erotische "Knistern" der frühen Jugend darzustellen. Gelungen ist ihm das aber nur stellenweise, da der Film mit einigen grundsätzlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Dies fängt bei den minderjährigen Darstellern an, deren Schauspiel im günstigsten Falle (Huang, Campanella) mittelmässig, im schlechtesten (Condolucci, D'Orazi) unerträglich steif ist. Besonders in der Prügelei kurz nach Filmbeginn wirken die Kinder so natürlich, als läsen sie ihren Text von ihren Handflächen ab. Ein weiterer Krisenherd ist das von nicht weniger als vier Leuten verfasste Drehbuch. Zwar wartet die Geschichte mit ein paar wahrhaftig inspirierten Momenten auf – unterstützt durch Lorenz Merz' wunderschöne Aufnahmen der Toskana; sie lässt aber den für die Thematik so wichtigen Realismus fast gänzlich ausser Acht. Giochi d'estate ist ein veritabler Problemfilm, der sich von Katastrophe zu Katastrophe hangelt – in regelmässigen Abständen von zehn bis fünfzehn Minuten – und den Zuschauer so aufs Schamloseste manipuliert.

Kindheitserfahrungen: Nic (Armando Condolucci) kommt während der Sommerferien der hübschen Marie immer näher.
Endgültig Schiffbruch erleidet der Film schliesslich aufgrund seiner Figurenzeichnung. Die im Mittelpunkt stehenden Kinder sind am Reissbrett entstandene Ideen ohne einen Funken Wiedererkennungswert. In vergleichbaren Filmen glaubt man wenigstens, ähnliche Leute in der eigenen Kindheit gekannt zu haben; hier jedoch agieren 12-Jährige, deren "Sommerspiele" einem in ihrer vollkommen unnötigen Boshaftigkeit fremd bleiben. Insbesondere Nics Verhalten erinnert nicht an das eines etwas zu direkten Kindes, sondern an das eines angehenden Psychopathen. So werden andere Unstimmigkeiten wie Vincenzos abruptes, ohne Grautöne auskommendes Wechselspiel zwischen fürsorglichem Vater und prügelndem Monster, oder die Tatsache, dass am Ende des Films keine signifikanten Charakterentwicklungen stattgefunden haben, schon fast zu einer Randnotiz.

Giochi d'estate ist ein seltsamer Film, der in vielerlei Hinsicht einfach die falschen Töne trifft – vor allem in Sachen Figuren und Storyaufbau. Ein realer Italienurlaub scheint wie eine probate Alternative.

★★½

Freitag, 21. Oktober 2011

Silent Souls


★★★½

Silent Souls
is, if anything, a fascinating piece of Russian magical realist cinema. It succeeds on many levels and may well be seen as an important contribution to saving the Meryan culture, which itself is enormously aborbing. But it is unfortunately weighed down by its director’s ego, and an ending which shoots completely off target and offsets the whole carefully constructed atmosphere of the film. However, despite being anything but an altogether satisfying experience, it is definitely worth your attention and time.

Ganze Kritik auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Donnerstag, 20. Oktober 2011

I Don't Know How She Does It

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Die Zeiten, in denen das Thema der erwerbstätigen Mütter kontrovers diskutiert wurde, liegen glücklich hinter uns. Regisseur Douglas McGrath scheint dies aber nicht mitbekommen zu haben. Sein I Don't Know How She Does It rennt auf unbeholfenste Art und Weise offene Türen ein.

Kate Reddy (Sarah Jessica Parker) ist eine moderne Frau: Sie hält die Balance zwischen Familie – Ehemann Richard (Greg Kinnear) und Kinder Emily und Ben – und Job (Fondsmanagerin) so gut es geht. Doch als einer ihrer Entwürfe von Manager Jack Abelhammer (Pierce Brosnan) gutgeheissen wird, verbringt Kate immer mehr Zeit im fernen New York. Und da Architekt Richard ebenfalls einen grossen Auftrag bekommt, leidet das Familienleben der Reddys sehr.

Eine Frage, die sich während den ganzen eineinhalb Stunden Laufzeit von I Don't Know How She Does It stellt, ist diejenige nach dem Zielpublikum dieses Films. Wem muss im Jahr 2011 noch gepredigt werden, dass arbeitende Mütter Akzeptanz verdienen? Wer, ausser vielleicht die religiöse Rechte, kann sich immer noch nicht mit der Tatsache anfreunden, dass der Spagat zwischen Familie und Beruf mittlerweile ein Charakteristikum der modernen westlichen Gesellschaft ist? An der gleichnamigen Romanvorlage, die Drehbuchautorin Aline Brosh McKenna (27 Dresses) hier adaptierte, kann es nicht liegen – diese ist auch erst neun Jahre alt.

Nein, das antiquierte Programm des Films ist höchstwahrscheinlich auf die schiere Naivität der Macher zurückzuführen. Ein Indiz dafür sind die widersprüchlichen Prioritäten, die hier gesetzt werden: Die liberale Kate schwingt plötzlich Anti-Abtreibungs-Reden; der Film kann sich nie richtig entscheiden, ob Richard nun Recht mit seiner Kritik an seiner Frau hat oder nicht; und das dem Zuschauer eingehämmerte Motto "Frauen, bleibt euch selber treu!" wird durch die Quasi-Verteufelung der Familienplanung – einschliesslich der Haltung, gar keine Kinder haben zu wollen – anhand der Figur Momo (Olivia Munn, bekannt aus Jon Stewarts Daily Show) komplett über den Haufen geworfen. Und als Krönung des Ganzen wird auch noch Howard Hawks' Screwball-Klassiker His Girl Friday in einem völlig falschen Licht gezeigt – ohne jeden Kontext, der hier wahrlich nötig wäre.

Arbeitsbeziehung: "Working Mum" Kate (Sarah Jessica Parker) unterhält sich mit ihrem Geschäftspartner Jack Abelhammer (Pierce Brosnan).
Aber selbst wenn man von den verwirrten Botschaften, die I Don't Know How She Does It zu vermitteln versucht, absieht, bleibt nicht viel Lobenswertes übrig. Die Witze sind bestenfalls Hit-and-Miss – einige passable sind dabei –, jedwede satirischen Anklänge verpuffen im Ansatz, es werden antiquierte Rollenmuster zelebriert, die Dialoge wirken schmerzhaft künstlich – die Linien der sechsjährigen Emily sind die eines mehr als doppelt so alten Mädchens – und auch die Inszenierung lässt sehr zu wünschen übrig. Bestes Beispiel dafür ist der verschwendete Pierce Brosnan, der offenbar als eine Art Gaststar hätte aufgebaut werden sollen, aber schon vor seinem Auftritt stimmlich in Erscheinung tritt. Doch Brosnan hat wenigstens seinen Charme; Sarah Jessica Parker agiert gänzlich ohne solchen.

I Don't Know How She Does It gehört nicht zu den allerschlechtesten Hollywood-Rom-Coms. Dazu ist er viel zu harmlos und bekömmlich. Dennoch wiegt das kraftlose und altbackene Skript zu schwer, um einen befriedigenden Film zu generieren.

★★

Samstag, 15. Oktober 2011

David Holzman's Diary

"Art imitates life", sagt man. Sinnbildlich dafür steht David Holzman's Diary aus dem Jahr 1967, der erste Film von Jim McBride, der sich in späteren Jahren als Regisseur von Fernsehserien wie The Wonder Years oder Six Feet Under gemacht hat. Sein erstes Werk ist eine satirisch angehauchte Mockumentary und einer der frühesten Vertreter des Handkamera-Filmemachens, weshalb man es durchaus zu den stilistischen Wegbereitern von Sacha-Baron-Cohen-Projekten wie Borat oder Ali G, Found-Footage-Schockern wie Blair Witch Project oder Paranormal Activity sowie der Internet-TV-Kultur (Nostalgia Critic, The Spoony Experiment) zählen darf.

David Holzman (L.M. Kit Carson) ist ein New Yorker Twentysomething mit einer Leidenschaft für Filme. Nicht nur schmücken Poster von Klassikern wie Suspicion oder Touch of Evil seine Wände, er beschliesst eines Tages sogar, selber zum "Macher" zu werden. Gesagt, getan: Mit seiner tragbaren Kamera beginnt er, sein Leben zu dokumentieren, in der Hoffnung, herauszufinden, was in seinem Alltag falsch läuft – er hat gerade seinen Job verloren und auch mit Freundin Penny (Eileen Dietz) könnte es besser laufen. Doch bald stellt sich heraus, dass das Herumtragen einer Kamera das Einfangen des "echten" Lebens stark erschwert.

Den zentralen Satz von David Holzman's Diary sagt ein hispanischer Freund der Hauptfigur: "As soon as you start filming, it's not reality anymore. It becomes a movie. It becomes something else." Mit dieser Problematik – der festen Grenze zwischen Realität und Zelluloid – setzt sich Regisseur und Autor Jim McBride auf höchst eigenwillige Weise auseinander. Sein Film besteht nur aus Davids Aufnahmen, eine Fremdeinwirkung auf das gezeigte Material ist nicht erkennbar. So wirkt der Streifen über seine ganzen 73 Minuten durchaus real, auch dank den Anspielungen auf die Unmöglichkeit von Davids Unterfangen; wenn schliesslich im Abspann Schauspieler und andere Mitwirkende genannt werden, ereilt einen das Gefühl der Antiklimax.

Rein inhaltlich bietet McBrides Film das, was man von einer hyperrealistischen Mockumentary, einem Mittelding aus Dokumentar- und Essayfilm erwarten darf: viel Alltägliches, das stellenweise aber leider fast wie Leerlauf wirkt. Das natürliche Licht und das rudimentäre Mikrofon verleihen Szenen wie dem ausgedehnten Dialog an einer stark befahrenen Strasse oder der Stalker-Sequenz in der U-Bahn zwar eine grossartige Authentizität, erinnern aber gleichzeitig an die Vorzüge des nachbearbeiteten "künstlichen" Films. 


Der künstlerische Einfluss – obschon weniger signifikant als der von The Graduate und Bonnie and Clyde, den beiden grossen New-Hollywood-Pionierfilmen des Jahres 1967 –, den David Holzman's Diary auf nachfolgende Generationen hatte, darf aber dennoch keinesfalls unterschätzt werden. Einzelne Szenen und Einstellungen fanden ihren Weg ebenso in die Werke nachgeborener Filmemacher – so etwa die Reihe von leicht missbilligend in die Kamera blickenden älteren Leuten in Todd Haynes' I'm Not There – wie die dem Film zugrunde liegende "Mission" Davids, die Welt aus den Augen eines normalen Menschen zeigen. So hat es McBrides Debüt auch weitestgehend geschafft, dem Schicksal vieler Indie-Filme der 1960er Jahre – dem Verlust der unmittelbaren gesellschaftlichen Relevanz – zu entkommen. Anders als beispielsweise der ein Jahr ältere Morgan: A Suitable Case for Treatment, dessen Tonfall sehr ähnlich ausfällt, hat sich seine Wirkung kaum überlebt.

David Holzman's Diary mag kein Film sein, den man sich immer und immer wieder ansehen wird, vorab weil es sich dabei mehr um ein Experiment als um echtes narratives Filmen handelt. Doch als Studie über die omnipräsente Diskrepanz zwischen Film und Realität ist er nicht nur ein interessantes Stück Zeitgeschichte, sondern auch ein noch immer aktueller Beitrag.
★★★★½

La piel que habito


★★★★★
There might be people who accuse the film of being overly artificial and contrived. It’s true that Almodóvar’s latest work is no exercise in analysing a life-and-death struggle in a callous urban setting like Alejandro González Iñárritu’s Biutiful earlier this year was; it’s not even particularly realistic. In this respect, La piel que habito will certainly split audiences: either you accept the premise and get swept away by the film’s sheer suspense, or you don’t. If you do, you will be rewarded with narrative, fictional cinema at its most enthralling. It’s a dark, sexy, and even slightly twisted film – love it or hate it. As for me, put me down under “lovers”.

Ganze Kritik auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Margin Call

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Während die Welt noch immer mit der anhaltenden Finanzkrise zu kämpfen hat, hat sie das Kino schon als Thema entdeckt. J.C. Chandors starbesetztes Drama Margin Call mag Wirtschaftslaien mitunter etwas verwirren, glänzt aber mit einer knackigen Inszenierung und einem kritischen Tonfall.

Unter "Margin Call" versteht der Finanzexperte die Warnung eines Brokers an einen Händler, wenn eine offene Handelsposition die sogenannte Margin zu unterschreiten droht. Alles klar? Nein? Auch egal. Denn Regisseur und Autor J.C. Chandor hat Margin Call nicht so konzipiert, dass man als Zuschauer sämtliche Fachbegriffe verstehen muss, um der Handlung zu folgen. Es genügt, wenn man begreift, dass der Risikoanalyst Peter Sullivan (Co-Produzent Zachary Quinto) auf dem USB-Stick, den ihm der frisch entlassene Eric Dale (Stanley Tucci) zusteckt, auf ein Finanzierungssystem stösst, das die namenlose Investmentbank, bei der er arbeitet, in den Ruin treiben könnte. Je höher die explosive Information weitergeleitet wird – von Peter zu Will Emerson (Paul Bettany), weiter zu Sam Rogers (Kevin Spacey), Jared Cohen (Simon Baker), über Sarah Robertson (Demi Moore) bis hin zu Firmenboss John Tuld (Jeremy Irons) – desto mehr spitzt sich die Lage zu, bis schliesslich die Prioritätenfrage "Firma oder Weltwirtschaft?" gestellt werden muss.

Noch lächelt der Abteilungsleiter: Sam Rogers (Kevin Spacey) motiviert seine Arbeiter mit einer Rede.
Margin Call wirkt wie ein verfilmtes Theaterstück in der Tradition eines Glengarry Glen Ross, nur mit dem Unterschied, dass hier ein Originaldrehbuch vorliegt. Der Film behandelt 24 schicksalhafte Stunden im Jahr 2008, just am Anfang der neuen Weltwirtschaftskrise. In diesem Zeitabschnitt findet Chandor Raum, auf verdichtete – und teils vielleicht auch etwas gezwungene – Art und Weise die Gefahren, Widersprüche und Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems hinzuweisen. Kritisiert werden mit scharfzüngigen Dialogen Aspekte, die sich in der neoliberalen Wirtschaft mittlerweile schon fast als Grundpfeiler etabliert zu haben scheinen; sei es das Prinzip des "rationalen Egoismus" ("If you're first out the door, it's not panic"), satte Boni oder die Allmacht der Märkte. Doch Chandors Drehbuch interessiert sich nicht nur für die grösseren Zusammenhänge; die persönliche Ebene des Ganzen wird extensiv beleuchtet, wodurch eine etwas differenziertere Darstellung von Investmentbankern und ihrer Arbeit entsteht als man sie sonst im kollektiven Bewusstsein findet.

Auch als Regisseur zeigt Chandor Talent. Er setzt nicht auf Effekthascherei, sondern auf eine ruhige, aber eindringliche Atmosphäre, sodass die drohende Katastrophe stets spürbar bleibt. Der Nachteil dieser Inszenierung ist, dass der dritte Akt so etwas zu vage ausfällt, zu wenig nachwirkt. Es fehlt das Gefühl, das Bewusstsein des globalen Ausmasses der Geschehnisse. Als Trostpflaster bieten sich die erstklassigen Schauspieler an. Insbesondere die Klassemimen Kevin Spacey und Jeremy Irons, die hier quasi als Gegenspieler auftreten, begeistern mit ihren subtilen Rededuellen.

Margin Call ist ein unspektakulärer, aber nicht unwichtiger Film, dem zum Schluss leider etwas die Konsequenz fehlt. Doch für einen spannenden und unterhaltsamen Kinobesuch eignet sich J.C. Chandors Erstling allemal – ob man jetzt die komplizierte Materie versteht oder nicht.

★★★★½

Samstag, 8. Oktober 2011

"2001: A Space Odyssey" vs. "The Tree of Life"


When Terrence Malick’s The Tree of Life was released earlier this year, audiences’ and critics’ reactions were varied. While some people dismissed the film as overlong, pretentious and presumptuous, others praised it as a beautiful cinematic approach to the miracle of life itself. Claims that Malick’s breaking of any real narrative structure destroyed any form of suspense were often refuted by the line “It’s just a film that’s ahead of its time. The same thing happened to Stanley Kubrick’s 2001: A Space Odyssey in 1968 – ten years later, people loved it”. Even renowned American critics Peter Travers and Roger Ebert made that connection, so it’s worth taking a look at it. Is the comparison justified or are Malick fans just trying to buy their hero’s latest opus a little time?

Ganzer Essay auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Le Havre

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

2006 schloss der finnische Kino-Minimalist Aki Kaurismäki mit Laitakaupungin valot (Lights in the Dusk) seine "Verlierer-Trilogie" ab. Jetzt kehrt er triumphal zurück: Le Havre ist ein stiller, lakonischer und trotz allem hoffnungsvoller Film, der unverkennbar Kaurismäkis Handschrift trägt.

Als Aki Kaurismäki 1994 nach vierjährigem Aufenthalt in Portugal ins heimische Finnland zurückkehrte, schwor er sich, seine Filme nur noch in seinem Heimatland zu drehen. Diesen Vorsatz konnte er 17 Jahre lang halten, bevor er ihn nun mit Le Havre brach. Die Entscheidung ist nachvollziehbar: Der Film ist ein, so der Regisseur, Autor und Produzent Kaurismäki, "unrealistischer" Beitrag zum Thema der afrikanischen Einwanderung nach Europa – der beste jüngerer Zeit –, welche die Finnen bekanntermassen nur marginal betrifft. Doch unter Kaurismäkis Regie und mit Kameramann Timo Salminens Auge wird selbst das nordfranzösische Le Havre zu einem Setting, das dem Helsinki aus Kauas pilvet karkaavat (Drifting Clouds) oder Laitakaupungin valot verblüffend ähnelt.

Der Fokus von Le Havre liegt aber nicht auf der Stadt, sondern auf den illustren Figuren, von denen sie, das Fischerviertel im Speziellen (wie viele Schauplätze im Œuvre des Regisseurs im Stil der Fünfzigerjahre gehalten), bewohnt wird. So auch Marcel Marx (André Wilms), Ex-Autor, Schuhputzer, Bohémien und Weiterführung einer Figur aus Kaurismäkis La vie de bohème (1992), der dort mit seiner kranken Frau Arletty (die Französisch radebrechende Kati Outinen in ihrem elften Kaurismäki-Film) ein kleines Häuschen bewohnt. Als aus einem Flüchtlingscontainer ein illegaler Immigrant aus Gabun, ein Junge namens Idrissa (Blondin Miguel), entkommt, nimmt Marcel diesen bei sich auf. Doch der melancholische Kommissar Monet (Jean-Pierre Darroussin) ist Idrissa auf den Fersen.

Neue Herausforderung für den Bohème: Marcel Marx (André Wilms) nimmt sich des afrikanischen Flüchtlings Idrissa (Blondin Miguel) an.
Kaurismäkis Filme sind seit jeher Geschmackssache. Action, Dramatik, Tempo – Fehlanzeige! Vielmehr kreiert der Autor in seinen – nur selten über 90-minütigen – Werken faszinierende Mikrouniversen; kleine Welten, die von kleinen Leuten, denen das klassisch "Heldenhafte" völlig abgeht, bevölkert werden. Auch wirken diese Figuren häufig, als warteten sie auf etwas, dessen exakter Natur sie sich nicht einmal selbst richtig sicher sind – Samuel Becketts En attendant Godot lässt grüssen. Le Havre bildet da keine Ausnahme. Nicht nur begeistert die gewohnt feinfühlige Charakterzeichnung; der Film strahlt auch eine Ruhe aus, die kaum je gestört wird; die Dialoge sind knapp und gemächlich gehalten; die Story schlendert betulich voran und keine der Figuren lässt sich je zu einem Gefühlsausbruch hinreissen.

Auch seine viel gerühmte Lakonik hat Kaurismäki in den fünf Jahren Spielfilm-Drehpause nicht verlernt. Sei es ohne Worte, sei es mit kurzen, leicht absurden Linien, der Humor, den er aus seinen zugeknöpften Charakteren gewinnt, ist nach wie vor unvergleichlich. Das antiklimaktische Ende wiederum ist auf seine eigene Art wunderschön, entspricht der Selbsteinschätzung des Regisseurs ("ein alter Mann mit weichem Herzen") und zeigt, wie jeder Film von Aki Kaurismäki, dass Melancholie und Hoffnug untrennbar miteinander verbunden sind. Le Havre ist eine wundervolle Ode ans Einfache und zutiefst Menschliche.

★★★★★½