Freitag, 30. Dezember 2011

The Ides of March

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Während sich die republikanischen Aspiranten auf das Amt des US-Präsidenten einen Schlagabtausch nach dem andern liefern, läuft im Kino der Film dazu: George Clooneys The Ides of March ist ein intelligenter Politthriller, der aber leider die Durchschlagskraft etwas vermissen lässt.

Wir befinden uns im amerikanischen Vorwahlkampf, den sogenannten "Primaries". Die Rolle der Herausforderer übernehmen die Demokraten, das Feld der Bewerber zählt nur noch zwei Kandidaten: den gläubigen, aber unsympathischen Senator Pullman und den idealistischen Humanisten Mike Morris (George Clooney). Am 15. März, den Iden des März, soll in Ohio die alles entscheidende Wahl stattfinden, weshalb bei Morris' Wahlhelfern höchste Konzentration gefragt ist. Federführend sind dabei der aufstrebende PR-Agent Stephen (Ryan Gosling) und dessen Mentor Paul (Philip Seymour Hoffman). Wie Morris glaubt auch der junge Stephen an Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit und macht sich deshalb nichts aus den in der Politik üblichen Intrigen. Doch als er sich im Geheimen mit Pullmans Berater Duffy (Paul Giamatti) trifft, sieht Paul Morris' Kampagne in Gefahr. Gleichzeitig kämpfen beide Seiten um die Gunst von Senator Thompson, dessen Unterstützung für einen der beiden Kandidaten die Ohio-Wahl unbedeutend machen würde.

Für George Clooney ist die amerikanische Politik filmisch kein Neuland. 2005 inszenierte er den brillanten Good Night, and Good Luck, die wahre Geschichte um das Journalistenteam von Edward R. Murrow, das sich gegen den mit totalitären Methoden Kommunisten jagenden Senator McCarthy auflehnte. The Ides of March hingegen ist kein Tatsachenbericht, sondern eine fiktionalisierte Aufarbeitung von Gouverneur Howard Deans erfolgloser Kampagne im Jahr 2004, basierend auf Beau Willimons Stück Farragut North. Trotz dieser Freiheit kommt Clooneys neuer Film nie über sein Dasein als zwar politisches, aber kaum wirklich mitreissendes Thrillerdrama hinaus. Es fehlen die emotionalen Anbindungsfiguren, die in Good Night, and Good Luck reichlich vorhanden waren. Dies führt dazu, dass die ganze Angelegenheit eher unterkühlt wirkt, weshalb auch die politischen Botschaften – obgleich richtig und, angesichts des gegenwärtigen Klimas in Washington D.C., mehr als nur angebracht – nicht vollends zu befriedigen vermögen.

Krisensitzung: Gouverneur Morris (George Clooney, links) wird von Paul (Philip Seymour Hoffman, Mitte) und Stephen (Ryan Gosling) beraten.
Besser steht es um die Dramaturgie. Clooney, Grant Heslov sowie Theaterautor Willimon erzählen in The Ides of March eine durchaus spannende, wenn auch wenig berührende, Geschichte um Integrität, Loyalität und Verrat – Motive, wie man sie aus den Werken William Shakespeares kennt. Ebenso kommt es dem Film zugute, mit hochkarätigen Darstellern in Höchstform wie Philip Seymour Hoffman, George Clooney und Paul Giamatti ausgestattet zu sein. Einziger Schwachpunkt im anonsten hervorragend besetzten Cast ist der zurzeit in Hollywood äusserst beliebte Ryan Gosling, der seiner Figur die nötige Tiefe nicht so recht verleihen kann.

The Ides of March stellt im Genre des politisch motivierten Dramas keinen Meilenstein dar. Dennoch ist George Clooneys Neuester ein interessantes Lehrstück über die Mechanismen der US-Politik mit all ihren Tücken und Abgründen und ein nicht unwichtiger Beitrag zur Lage derselben, weshalb er auch im Oscarrennen nicht ganz unbemerkt bleiben dürfte.

★★★★

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