Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.
Während sich die republikanischen Aspiranten auf das Amt des
US-Präsidenten einen Schlagabtausch nach dem andern liefern, läuft
im Kino der Film dazu: George Clooneys The Ides of March ist
ein intelligenter Politthriller, der aber leider die
Durchschlagskraft etwas vermissen lässt.
Wir befinden uns im amerikanischen Vorwahlkampf, den sogenannten "Primaries". Die Rolle der Herausforderer übernehmen die
Demokraten, das Feld der Bewerber zählt nur noch zwei Kandidaten:
den gläubigen, aber unsympathischen Senator Pullman und den
idealistischen Humanisten Mike Morris (George Clooney). Am 15. März,
den Iden des März, soll in Ohio die alles entscheidende Wahl
stattfinden, weshalb bei Morris' Wahlhelfern höchste Konzentration
gefragt ist. Federführend sind dabei der aufstrebende PR-Agent
Stephen (Ryan Gosling) und dessen Mentor Paul (Philip Seymour
Hoffman). Wie Morris glaubt auch der junge Stephen an Aufrichtigkeit
und Ehrlichkeit und macht sich deshalb nichts aus den in der Politik
üblichen Intrigen. Doch als er sich im Geheimen mit Pullmans Berater
Duffy (Paul Giamatti) trifft, sieht Paul Morris' Kampagne in Gefahr.
Gleichzeitig kämpfen beide Seiten um die Gunst von Senator Thompson,
dessen Unterstützung für einen der beiden Kandidaten die Ohio-Wahl
unbedeutend machen würde.
Für George Clooney ist die amerikanische Politik filmisch kein
Neuland. 2005 inszenierte er den brillanten Good Night, and Good
Luck, die wahre Geschichte um das Journalistenteam von Edward R.
Murrow, das sich gegen den mit totalitären Methoden Kommunisten
jagenden Senator McCarthy auflehnte. The Ides of March hingegen
ist kein Tatsachenbericht, sondern eine fiktionalisierte Aufarbeitung
von Gouverneur Howard Deans erfolgloser Kampagne im Jahr 2004,
basierend auf Beau Willimons Stück Farragut North. Trotz
dieser Freiheit kommt Clooneys neuer Film nie über sein Dasein als
zwar politisches, aber kaum wirklich mitreissendes Thrillerdrama
hinaus. Es fehlen die emotionalen Anbindungsfiguren, die in Good
Night, and Good Luck reichlich vorhanden waren. Dies führt dazu,
dass die ganze Angelegenheit eher unterkühlt wirkt, weshalb auch die
politischen Botschaften – obgleich richtig und, angesichts des
gegenwärtigen Klimas in Washington D.C., mehr als nur angebracht –
nicht vollends zu befriedigen vermögen.
Krisensitzung: Gouverneur Morris (George Clooney, links) wird von
Paul (Philip Seymour Hoffman, Mitte) und Stephen (Ryan Gosling)
beraten.
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Besser steht es um die Dramaturgie. Clooney, Grant Heslov sowie
Theaterautor Willimon erzählen in The Ides of March eine
durchaus spannende, wenn auch wenig berührende, Geschichte um
Integrität, Loyalität und Verrat – Motive, wie man sie aus den
Werken William Shakespeares kennt. Ebenso kommt es dem Film zugute,
mit hochkarätigen Darstellern in Höchstform wie Philip Seymour
Hoffman, George Clooney und Paul Giamatti ausgestattet zu sein.
Einziger Schwachpunkt im anonsten hervorragend besetzten Cast ist der
zurzeit in Hollywood äusserst beliebte Ryan Gosling, der seiner
Figur die nötige Tiefe nicht so recht verleihen kann.
The
Ides of March stellt im Genre des politisch motivierten Dramas
keinen Meilenstein dar. Dennoch ist George Clooneys Neuester ein
interessantes Lehrstück über die Mechanismen der US-Politik mit all
ihren Tücken und Abgründen und ein nicht unwichtiger Beitrag zur
Lage derselben, weshalb er auch im Oscarrennen nicht ganz unbemerkt
bleiben dürfte.
★★★★☆☆