Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.
In der altgriechischen Mythologie finden sich unzählige Charaktere
und Abenteuer, welche sich ausgezeichnet verfilmen oder mit
fantasievollen Eigenkreationen ergänzen liessen. Wrath of the
Titans versucht Letzteres, scheitert aber formal wie inhaltlich.
Seit den Vorgängen in Clash of the Titans (2010; Remake des
1981 produzierten und, mit Ausnahme von Ray Harryhausens grandiosen
Spezialeffekten, recht drögen Originals) sind zehn Jahre vergangen.
Die Aufmerksamkeit des Halbgottes Perseus (Sam Worthington) gilt nach
seinem grossen Sieg gegen den Kraken seines Vaters, Göttervater Zeus
(Liam Neeson), ausschliesslich der Fischerei und seinem Sohn. Als
aber sein alter Herr von dessen Bruder Hades (Ralph Fiennes), dem
Gott der Unterwelt, gefangen genommen und seiner Kräfte beraubt
wird, muss der Heros wieder zum Schwert greifen. Mit den neuen
Kräften will Hades nämlich seinen und Zeus' Vater, den Urgott
Kronos, aus seinem Gefängnis befreien, um die Welt ins Chaos zu
stürzen. Hilfe erhält er dabei von seinem Neffen und Perseus'
Halbbruder, dem Kriegsgott Ares (Edgar Ramírez). Nun liegt es an
Perseus; seinem Vetter, dem linkischen Halbgott Agenor (Tony
Kebbell), Sohn des Poseidon (Danny Huston); Königin Andromeda
(Rosamund Pike); und dem alt gewordenen Schmiedegott Hephaistos (Bill
Nighy), die Zerstörung der Erde zu verhindern.
Perseus (Sam Worthington) im Kampf gegen einen Zyklopen.
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Grundsätzlich spricht überhaupt nichts dagegen, den griechischen
Mythenschatz durch neue Geschichten und Figurenkonstellationen zu
erweitern. Auch Homer und Hesiod, denen wir die Niederschrift vieler
Sagen verdanken, sowie nachfolgende Autoren frönten antiker "Fan
Fiction", indem sie die bekannten Gestalten aus der minoischen
Kultur in abgeänderten Szenarien agieren liessen. Dennoch muten die
Freiheiten, die Regisseur Jonathan Liebesman und seine Autoren sich
hier nahmen, etwas übertrieben an. Dass Perseus und sein Tross auf
die Zyklopen treffen, mag noch seine Berechtigung haben – immerhin
sind die einäugigen Riesen Hephaistos' Schmiedegehilfen –, doch
was der von Theseus erlegte Minotaurus in Wrath of the Titans
verloren hat, lässt sich kaum eruieren. Überdies mussten sich
einige Charaktere zu Hollywood-Stereotypen umfunktionieren lasssen,
so etwa Agenor, beim antiken Historiker Herodot noch ein phönizischer
König, der vom Drehbuch zum zwielichtigen und obendrein unlustigen
Comic Relief degradiert wird.
Dabei hätte, abgesehen von derartigen und anderen, für
Actionstreifen typischen, Ungereimtheiten, aus der Geschichte um
schwächelnde Götter und den zurückkehrenden Kronos, die hier
erzählt wird, durchaus eine ansprechende Fantasyposse werden können.
Anfangs weiss das Ganze sogar einigermassen zu unterhalten, doch je
länger der – verdankenswerterweise nur 100-minütige – Film
dauert, desto weniger vermag man das nötige Interesse dafür
aufzubringen. Gute Ideen wie die Einbeziehung des mächtigen Urgottes
oder gewisse Designs verpuffen aufgrund lächerlichen CGIs – Bringt
Ray Harryhausen zurück! –, nutzlosen 3-Ds, inferiorer Inszenierung
oder, in Kronos' Fall, eines beleidigend simplen dramatischen
Höhepunkts. Dazu passen die teils fast schon schmerzhaften
Schauspielleistungen: Ralph Fiennes und Liam Neeson scheinen ob des
grauenhaften Drehbuchs peinlich berührt und spielen nur in ihrem
grossen Moment, der besten Szene des Films, inspiriert auf, während
Sam Worthington einmal mehr eine gelangweilte Performance ohne jede
Gefühlsregung abliefert. Einzig der hemmungslos übertreibende Bill
Nighy sorgt für etwas darstellerische Unterhaltung. Möge die
Franchise gestoppt und der Gnade Hades' überlassen werden.
★
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