2011 gewann ein dänischer Film den Oscar für den besten
fremdsprachigen Film. Dieses Jahr schaffte es ein eher ungewöhnlicher
Kandidat aus demselben Land unter die letzten neun Anwärter: SuperClásico ist eine charmante Komödie, welche die
unverwechselbare argentinische Leichtigkeit zu imitieren versucht.
Christians (Anders W. Berthelsen) Leben ist an einem Tiefpunkt
angelangt: Seine einst so erfolgreiche Vinothek steht kurz vor dem
Bankrott; sein Sohn Oscar (Jamie Morton) distanziert sich von ihm und
verbringt seine Zeit damit, alles Mögliche zu fotografieren und die
Werke Camus' und Kierkegaards zu lesen; und seine Frau Anna (Paprika
Steen) arbeitet schon seit fast einem Jahr als Fussballmanagerin in
Buenos Aires. Als diese plötzlich per Post die Scheidung verlangt,
hält es Christian nicht mehr aus. Mit Oscar im Schlepptau verlässt
er Kopenhagen und reist in die argentinische Hauptstadt, um Anna
zurückzuholen. Im von heissblütigen Fussballfans bewohnten
Südamerika angekommen, lernt Christian den neuen Liebhaber seiner
Frau kennen: Juan Diaz (Sebastián Estevanez), den etwas einfach
gestrickten Starkicker und Rekordtorschützen des Stadtvereins Boca
Juniors. Auf diesem ihm fremden Terrain versucht Christian, Anna
umzustimmen, während Oscar auf eigene Faust die Liebe entdeckt.
SuperClásico
mag die dänische Einsendung zu den diesjährigen Oscars gewesen
sein, doch mit dem Land verbindet ihn nicht mehr als die Herkunft
seiner Protagonisten und ein paar vereinzelte Anlehnungen ans
nationale Kino, darunter Wilbur Wants to Kill Himself. Dänemark
figuriert in den ersten Minuten des Films als grauer, freudloser
Moloch, welcher dem von Anders Berthelsen famos gespielte Christian
den letzten Nerv kostet. Und obwohl ihm Argentinien überhaupt nicht
zusagen will – zu heiss, zu laut, zu fussballverrückt, schlechter
Wein –, weiss Regisseur Ole Christian Madsen die Metropole äusserst
verlockend zu inszenieren: Die Farben, nach denen man in Madsens
Dänemark vergeblich sucht, sind in Argentinien im Überfluss
vorhanden. Blauer Himmel, goldene Sonnenuntergänge, romantisch
vergilbte Hausfassaden; Smog und Staub tauchen Buenos Aires in einen
verführerischen Sepia-Ton.
Schwieriger Scheidungsprozess: Christian (Anders W. Berthelsen)
besucht seine Noch-Frau Anna (Paprika Steen) in Buenos Aires.
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So wie der Film die Stadt verklärt – mehrfach auch auf
absurd-komische Weise; sogar die Strassenräuber sind höflich hier
–, so orientiert er sich stilistisch am argentinischen Kino,
welches seit der Wirtschaftskrise um 2000 internationales Interesse
geweckt hat, an seiner lakonischen, aber dennoch warmherzigen Art,
seinem Sinn für optimistische Melancholie – El perro, Diarios de motocicleta, Un cuento chino. Die Exzentrik
jener Filme vermag Madsen, der gemeinsam mit Anders Frithiof August
für das Skript zeichnet, nicht bis ins kleinste Detail einzufangen;
die tanzenden Kakerlaken oder der märchenhaft-entrückte Erzähler –
trotz hervorragendem Text – können nicht restlos überzeugen. Auch
hat SuperClásico mit gewissen Glaubwürdigkeitsproblemen zu
kämpfen, was wohl primär auf die fehlbesetzte Paprika Steen
zurückzuführen ist. Aber trotzdem kann das sympathisch
unvollkommene Konstrukt letztlich überzeugen. Die Reifung Christians
und die Liebesgeschichte Oscars werden gekonnt aufgezogen und durch
zahlreiche wahrhaft inspirierte komödiantische Momente ergänzt.
Höhepunkte des Weltkinos sehen definitiv anders aus als Ole
Christian Madsens neuer Film, doch wem der Sinn nach einer sommerlich
leichten Komödie mit südländischem Einschlag steht, der ist mit SuperClásico bestens bedient.
★★★
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