Die globale Finanzkrise hält an und mit Arbitrage kommt ein
weiterer cineastischer Beitrag zum Thema ins Kino. Grosse Neuerungen
hat Nicholas Jareckis solides Thrillerdrama zwar nicht zu bieten,
doch es überzeugt mit guten Schauspielerleistungen und klug
dosierter Nostalgie.
Andere Männer verbringen ihren 60. Geburtstag im Kreise der Familie
und freuen sich insgeheim schon auf den langsam in Reichweite
rückenden Ruhestand. Ganz anders Robert Miller (Richard Gere),
milliardenschwerer Hedge-Fund-Manager: Auch an seinem Ehrentag gönnt
ihm sein Terminkalender keine Ruhe. Sitzt er nicht an seinem
Schreibtisch im Privatjet, befindet er sich in Verhandlungen um den
Verkauf seiner Firma. Abends lässt er sich von seiner Familie
feiern, danach besucht er seine heimliche Geliebte Julie (Laetitia
Casta). Doch das erfolgreiche Leben ist in akuter Gefahr: Nachdem
sich Robert in Russland verspekuliert hat, klafft in seinen Finanzen
ein riesiges Loch, das er mit dem Profit seines Firmenverkaufs zu
stopfen gedenkt. Ein Fehltritt könnte die ganze Aktion ins Wanken
bringen. Es kommt, was kommen muss: Als er mit Julie im Auto
unterwegs ist, baut er einen Unfall, bei dem sie ums Leben kommt. Nun
muss Robert alles daran setzen, seine Schuld zu vertuschen. Damit
bringt er seine Frau Ellen (Susan Sarandon) sowie seine Tochter und
Geschäftspartnerin Brooke (Brit Marling) in eine heikle Situation,
welche vollends aus dem Ruder zu laufen droht, als Polizeiinspektor
Bryer (Tim Roth) beginnt, dem Ex-Häftling Jimmy (Nate Parker)
nachzustellen, der Robert vom Unfallort abgeholt hat.
In den vergangenen Jahren waren Irrationalität, Verlogenheit und
Unbelehrbarkeit der Finanzwirtschaft schon mehrfach Stoff für
erfolgreiche Filme. Charles Fergusons oscarprämierte Dokumentation Inside Job aus dem Jahr 2010 deckte kompromisslos die
begangenen Fehler auf und scheute nicht davor zurück, die Namen der
Verantwortlichen zu nennen. Im folgenden Jahr rekonstruierte J. C.
Chandor die zum Symbol der Finanzkrise gewordenen Kollapse von
Goldman Sachs, Lehman Brothers und Bear Stearns in Margin Call.
Und 2012 präsentierte David Cronenberg in der enigmatischen
Don-DeLillo-Adaption Cosmopolis eine radikale Abrechnung mit
dem modernen Kapitalismus. Zu sagen, dass sich Arbitrage
irgendwo zwischen diesen drei Filmen bewegt, wäre aber zu kurz
gegriffen. Spielfilmdebütant Nicholas Jarecki vermischt
Aktualitätsbezug mit Rückgriffen auf Schlüsselwerke der vor gut 25
Jahren aufgekommenen "New Economy", insbesondere auf Oliver
Stones Wall Street – Robert Miller wirkt wie ein weniger
zynischer Gordon Gekko – und die John-Grisham-Romane und
-Verfilmungen (etwa Sydney Pollacks The Firm).
Sorgenvolle Zukunft: Hedge-Fund-Manager Robert Miller (Richard Gere)
sieht sich mit grossen Problemen konfrontiert.
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Bei einer derartig geballten Ladung an Einflüssen ist eigentlich nur
logisch, dass Arbitrage in Ästhetik und Plot mitunter etwas
antiquiert wirkt. Jareckis Botschaft ist dies aber glücklicherweise
nicht abträglich; Wall Streets Teufelskreis ist unmissverständlich:
Spekulationsblase reiht sich an Spekulationsblase, jedem Boom folgt
eine Rezession und am Ende gewinnt immer das ominöse "eine
Prozent". Die Geschichte, die um dieses Gerüst herum aufgezogen
wird, besticht durch bewährte Spannungsmache, atmosphärische
Inszenierung und eine Schauspieltruppe, die bis in die Nebenrollen
überzeugt – grosses Lob an Nate Parker und Tim Roth – und von
einem Richard Gere in Bestform angeführt wird. Nach einer
mehrjährigen Durststrecke darf dieser wieder einmal sein ganzes
Talent ausspielen. Gere schafft es, Robert Miller eine ungeahnte
Dreidimensionalität zu verleihen, wodurch es Arbitrage
gelingt, der kühlen Materie menschliches Drama zu entlocken.
★★★★
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