Vor rund zwei Monaten hat das Magazin des British Film Institute, Sight & Sound, seine zehnjährliche Liste der "besten Filme aller Zeiten" veröffentlicht (Top 50). Gefragt wurden Hunderte von Filmkritikern, Branchenexperten und Regisseuren. Das Resultat fiel folgendermassen aus:
1. Vertigo (Alfred Hitchcock, 1958)
2. Citizen Kane (Orson Welles, 1941)
3. Tokyo Story (Yasujiro Ozu, 1953)
4. La règle du jeu (Jean Renoir, 1939)
5. Sunrise (F. W. Murnau, 1927)
6. 2001: A Space Odyssey (Stanley Kubrick, 1968)
7. The Searchers (John Ford, 1956)
8. Man with a Movie Camera (Dziga Vertov, 1939)
9. La passion de Jeanne d'Arc (Carl Theodor Dreyer, 1928)
10. 8½ (Federico Fellini, 1963)
Allzu viel hat sich also seit 2002 nicht verändert, abgesehen davon, dass die 50-jährige Herrschaft von Citizen Kane ein Ende fand, dass Sergei Eisensteins Kritiker- und Filmhistorikerliebling Battleship Potemkin aus der Top 10 fiel und dass mit The Searchers der Western wieder Einzug hält.
Was aber Filmfans auf aller Welt irritierte war eine rein formale Tatsache: Nur zwei der bestplatzierten Filme sind jünger als 50 Jahre. "Kritiker sind feige", hiess es. Als "überaltert", "konservativ" und "realitätsfern" wurden sie beschmipft.
Wo aber ist das Problem? Zunächst einmal sind derartige Listen reine Spielerei, ein alle zehn Jahre stattfindender Zeitvertreib, dessen interessanteste Komponente die individuellen Listen der einzelnen Filmemacher sind.
Darüber hinaus nimmt die Klassikerwerdung eines Films viele Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte in Anspruch. Trotz aller Genialität von Filmen wie The Social Network, No Country for Old Men oder A Separation wäre es doch vermessen, diese bereits wenige Jahre nach ihrem Erscheinen in eine Linie mit den Meisterwerken Eisensteins, Renoirs, Hitchcocks oder Welles' zu stellen.
Die Liste ist anderweitig zweifelhaft. Während sich in der Top 50 drei Filme Francis Ford Coppolas und sogar vier von Jean-Luc Godard finden, müssen sich Meister wie Ingmar Bergman, John Ford oder Charlie Chaplin mit einer Nennung begnügen. Ganz zu schweigen von Luis Buñuel, Vsevolod Pudovkin und D. W. Griffith (!), von denen es niemand auf die Liste geschafft hat.
Letzten Endes jedoch ist die BFI-Liste eben nur eine Aufstellung und immerhin eine, die aufzeigt, wie viel die Filmhistorie noch zu bieten hat. Zudem gewährt sie einen spannenden Einblick in die Präferenzen der Befragten.
Diese zehn Filme sind für mich die besten Filme aller Zeiten – nicht aber meine Lieblingsfilme –, ermittelt nach möglichst objektiven Gesichtspunkten. Müsste ich bei der BFI-Umfrage meine Stimme abgeben, würde ich diese alphabetisch und nicht qualitativ geordnete Auflistung einreichen. Und welch Überraschung: Der jüngste Film ist 44 Jahre alt.
- 2001: A Space Odyssey (Stanley Kubrick, 1968)
- Battleship Potemkin ("Броненосец 'Потёмкин'", Sergei Eisenstein, 1925)
- Un chien andalou (Luis Buñuel, 1929)
- City Lights (Charlie Chaplin, 1931)
- Les enfants du paradis (Marcel Carné, 1945)
- Intolerance (D. W. Griffith, 1916)
- The Searchers (John Ford, 1956)
- The Seventh Seal ("Det sjunde inseglet", Ingmar Bergman, 1957)
- Sunset Boulevard (Billy Wilder, 1950)
- Throne of Blood ("蜘蛛巣城", Akira Kurosawa, 1957)
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