Seit dem viel beachteten Inception scheint sich das
Action-Genre ein wenig festgefahren zu haben. Doch nun bringt
Indie-Regisseur Rian Johnson Verbesserung. Looper mag
Christopher Nolans Film nicht ganz das Wasser reichen; dafür ist er
sympathischer, zugänglicher, blutiger und tiefgründiger.
Kansas, 2044: Joe (Joseph Gordon-Levitt – mit Nasen-Prothese, um
seinem älteren Ich ähnlicher zu sehen) ist ein junger Mann mit
ansehnlichem Einkommen, was in einer Welt voller Landstreicher und
Strauchdiebe keine Selbstverständlichkeit ist. Der Grund: Joe
arbeitet als "Looper" für die Mafia. 30 Jahre später sind
Zeitreisen nämlich erfunden, aber verboten. Dennoch nutzt die "ehrenwerte Gesellschaft" die Technologie, um Menschen
loszuwerden. Die Opfer werden gefesselt, geknebelt und verhüllt ins
Jahr 2044 zurückgeschickt, wo die Looper sie mit Retro-Schrotflinten
umgehend exekutieren. Ein Teil der Abmachung ist, dass man in diesem
Berufszweig eines Tages sich selber ermorden wird; danach kann man
sich zur Ruhe setzen und darauf warten, am anderen Ende des
Gewehrlaufs zu enden. Doch als Joes zukünftiges Selbst (Bruce
Willis, der nach Moonrise Kingdom schon zum zweiten Mal in
diesem Jahr sein wahres Schauspieltalent unter Beweis stellt)
auftaucht, entwischt ihm dieses. Der alte Joe sucht nach drei
Kindern, von denen eines in 30 Jahren zu einem grausamen Mafiaboss
werden wird. Auf der Flucht vor seinem Arbeitgeber Abe (ein
grossartiger Jeff Daniels) sucht der junge Joe Schutz auf der Farm
von Sara (Emily Blunt). Dumm nur, dass ihr Sohn (Pierce Gagnon) auf
der Todesliste des alten Joe steht.
2005 beschenkte Rian Johnson das Publikum mit Brick, einem
hochintelligenten Thriller, in welchem er den Film Noir neu
interpretierte und das Geschehen in eine High School des 21.
Jahrhunderts versetzte – mitsamt den dazugehörigen Rollenmustern.
Nun legt der 39-Jährige seinen ersten Actionfilm vor, erst seine
dritte Regiearbeit, und er untermauert, was sein Debüt erahnen
liess: Er gehört mit seiner Fertigkeit, Coolness mit Substanz und
Subversion mit Innovation zu verschmelzen, zu den spannendsten
Talenten im zeitgenössischen amerikanischen Independent-Kino. Auch Looper blickt in der Geschichte zurück, um gleichzeitig mit
Originalität und einem anregenden Konzept zu begeistern. Johnson
orientiert sich an Dystopien aus den Achtziger- und Neunzigerjahren – Brazil, 12 Monkeys, Total Recall, Demolition
Man – sowie an einigen Klassikern wie etwa Once Upon a Time
in the West oder den Erzählungen Philip K. Dicks, spinnt daraus
aber eine ganz eigene, durch und durch faszinierende Vision.
Kampf mit sich selbst: Der alte Joe (Bruce Willis) nimmt den jungen
Joe (Joseph Gordon-Levitt) in die Mangel.
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Die Zukunft, die er entwirft, ist nicht überfuturistisch gestaltet,
sondern überzeugt durch überraschende Realitätsnähe und beissende
Gesellschaftssatire – hier ein heruntergekommener Sonnenkollektor,
dort ein an Children of Men erinnernder Stadt-Slum im
waffenvernarrten Herzen Amerikas. Auch umgeht Johnson die Tücken des
Zeitreisens; er geht das berühmt-berüchtigte Paradoxon frontal an
und liefert sogar eine im Universum des Films stimmige Auflösung.
Insgesamt bleiben zwar einige Storyelemente auf der Strecke; doch Looper kompensiert dies mit trockenem Humor, gewagten
Einfällen, drastischen Bildern, einer hervorragend konstruierten
Atmosphäre und einer Handlung, welche ganz auf ihren Charakteren
ruht. Besonders bleibt hierbei die Szene in Erinnerung, in welcher
sich Bruce Willis und Joseph Gordon-Levitt in einem Diner gegenüber
sitzen. Und wenn am Ende der Abspann über die Leinwand rollt, ohne
finalen Knall, ohne bombastische Musik, bleibt das Gefühl:
Hollywood, so wird Action gemacht.
★★★★
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