Freitag, 2. November 2012

Robot & Frank

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.


Die Technologie schreitet mit riesigen Schritten voran, die Science-Fiction-Vision der hochintelligenten Roboter könnte bald Wirklichkeit werden. Der kuriose Genre-Mix Robot & Frank versucht, die Beziehung zwischen Mensch und Machine neu zu bewerten.

In der nahen Zukunft gehören spezialisierte Roboter in Privat- und Berufsleben zum Alltagsbild. In der Bibliothek ordnet ein grauer Kunststoffquader auf Rädern die verbliebenen phyischen Druckwerke ein, im Altersheim halten die mechanischen Kameraden die grauen Zellen der Insassen auf Trab. Auch Frank (Frank Langella), Juwelendieb im Ruhestand, muss sich mit der neuen Technik anfreunden: Trotz seiner regelmässigen Bücherei-Besuche – er findet Gefallen an der menschlichen Bibliothekarin (Susan Sarandon) – wird seine schleichende Demenz schlimmer. Sein Sohn Hunter (James Marsden) will nicht mehr untätig dabei zusehen. Also kauft er einen Hilfsroboter (Stimme: Peter Sarsgaard), der den geistigen Zerfall seines Vaters aufhalten soll. Doch nicht nur Hunters Schwester (Liv Tyler), auch Frank selber ist die "Blechbüchse" suspekt. Nach und nach wächst ihm der Roboter aber dennoch ans Herz, nicht zuletzt weil dieser ihn dazu animiert, seinen alten Beruf wieder auszuüben.

Als gelernter Musikvideo- und Werbefilmer ist der debütierende Regisseur Jake Schreier mit der Kunst der feinen Publikumsmanipulation bestens vertraut. Zusammen mit Autor Christopher D. Ford vermischt er in Robot & Frank die "hohe" mit der "tiefen" Erzählkunst. Fadenscheinige Twists, exzessive Musikuntermalung und einige hölzerne Dialoge rufen das klassische TV-Melodram in Erinnerung; dann wieder gelingt es Schreier und Ford, mit hintergründigem Humor treffende Kommentare über Alter, Demenz und Vereinsamung anzubringen, die in Hollywoodfilmen nicht eben verbreitet sind. Angereichert wird das trotzdem überraschend stringente, äusserst kurzweilige Potpourri mit einer womöglich etwas zu zahmen, dafür angenehm unaufdringlichen Fantasie einer Zukunft, in der das Geld bei den Hipstern sitzt, förmliche Anlässe von synthetisierter klassischer Musik begleitet werden und randlose Ray-Ban-Brillen der letzte Schrei sind.

Ein seltsames Paar: Rentner Frank (Frank Langella) erhält einen Roboter (Stimme: Peter Sarsgaard) als Haushaltshilfe.
Doch die Ziele von Robot & Frank sind höher gesteckt; sie reichen über das blosse Aufzeigen altersbedingter Isolierung hinaus. Dem Film ist offenkundig daran gelegen, über die Interaktion zwischen den Menschen und der von ihnen kreierten künstlichen Intelligenz nachzudenken; immerhin prophezeien führende Futurologen bereits Arbeitsrechte für Roboter. In dieser Hinsicht erweisen sich Schreier und Ford aber als nicht sonderlich visionär. Zwar ist das Fazit, welches die beiden letztendlich ziehen, durchaus korrekt – unter Zuhilfenahme Descartes' beschreibt der Roboter seine geistige Nichtexistenz –, doch es ist zu sehr an den Status quo gebunden; es liefert keinen befriedigenden Ausblick.

Im Ganzen aber ist Jake Schreiers Debüt besser als die Summe seiner Einzelteile. Manche Aspekte mögen irritieren, doch im Endeffekt weiss es gleichermassen zu unterhalten und zu berühren, wobei vieles davon auf den unbestrittenen Höhepunkt des Films zurückzuführen ist: Hauptdarsteller Frank Langella, der, wie ein Kritiker es ausdrückt, "von Dracula bis Nixon alles gespielt hat", liefert eine subtile Darstellung voller Nuancen, voller Lakonie und Melancholie. Es ist sein Verdienst, dass Robot & Frank in Erinnerung bleibt.

★★★

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