Donnerstag, 8. November 2012

Skyfall

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.


Nur wenige fiktive Figuren erfreuen sich so grosser und anhaltender Beliebtheit wie Ian Flemings Geheimagent James Bond. 50 Jahre nach der ersten Kinoadaption lockt nun der 23. Film der Serie ins Kino. Skyfall bleibt der Serienlinie treu: ein aufwändiger, solider Actionfilm mit Edel-Label.

Harte Zeiten für MI6-Chefin M (Judi Dench): Eine vom britischen Geheimdienst gehütete Liste mit NATO-Undercoveragenten wird in Istanbul entwendet. Beim Versuch, sie dem Dieb zu entreissen, wird Top-Spion James Bond (Daniel Craig) von seiner Partnerin (Naomie Harris) versehentlich angeschossen und muss als "missing, presumed dead" abgebucht werden. Kurz darauf wird das Hauptquartier von MI6 zum Ziel eines Anschlags, woraufhin M sich beim Beamten Gareth Mallory (Ralph Fiennes) und vor einem Regierungsausschuss verantworten muss. Als der tot geglaubte Bond wieder auftaucht, macht er sich auf die Suche nach demjenigen, der die Angriffe auf den Geheimdienst orchestriert hat – obwohl er seine Position nur unter Vorbehalt wieder einnehmen darf. Nach einem mässig erfolgreichen Training und einem eher frustrierenden Treffen mit dem Computer-Tüftlergenie Q (Ben Whishaw) gelangt er über die verführerische Sévérine (Bérénice Lim Marlohe) zu Raoul Silva (Javier Bardem), der einen persönlichen Rachefeldzug gegen M und das Vereinigte Königreich führt.

Am 5. Oktober 1962 startete Dr. No mit dem jungen Schotten Sean Connery in der Hauptrolle in den Kinos. Der Film avancierte zum Kassenschlager und ebnete den Weg für sämtliche 007-Streifen, die seither über die Leinwände flimmerten. Ganz dem Jubiläum entsprechend, erweisen Top-Liga-Regisseur Sam Mendes (American Beauty, Revolutionary Road) und das Autorenteam Neal Purvis, Robert Wade und John Logan in Skyfall der Seriengeschichte ihre Reverenz: Der alte Aston Martin – mit "Eject"-Knopf – wird aus der Versenkung geholt, Gut und Böse prügeln sich auf dem Dach eines fahrenden Zuges, klassische Figuren wie Q und Moneypenny tauchen in Neubesetzung wieder einmal auf. Doch die Nostalgie hat ihre Kehrseite. Bond und M kämpfen gegen ihren Ruf als Auslaufmodelle, Q schmunzelt, die Zeit der explodierenden Kugelschreiber sei vorbei. Das Fazit am Ende ist ebenso bewährt wie vorhersehbar: Neue Besen kehren gut, aber die alten kennen die Ecken.

James Bond (Daniel Craig, links) wird vom mysteriösen Superschurken Raoul Silva (Javier Bardem) festgehalten.
Fans der Serie werden zweifelsohne ihre Freude am Geschehen haben, auch wenn 007 sich ausnahmsweise nur einen Martini und keine wirkliche Sexszene gönnt. Aber Skyfall deutet, wie schon viele seiner Vorgänger, unabsichtlich auf eine tiefer liegende Problematik hin. Nähme man das Element "James Bond" aus der Gleichung, erhielte der Film weder den Hype noch die begeisterten Kritiken, welche derzeit omnipräsent sind. Das Ganze würde nüchterner betrachtet, im Guten wie im Schlechten. Denn in seinem Kern ist der 23. Bond ein eher durchschnittlicher Actionfilm, der erst 110 Minuten Anlaufzeit braucht, um das Publikum mit 30 Minuten bester Unterhaltung zu belohnen. Zwar begeistern Roger Deakins' Panorama-Bilder, ebenso Adeles Titelsong und der britische Mimen-Hochadel von Ralph Fiennes bis Judi Dench, unterstützt vom Spanier Javier Bardem, zeigt sich in guter Form – allen voran der Schrotflinten schwingende Albert Finney, bei dem ein Hauch von Walter Brennans Stumpy aus Howard Hawks' Rio Bravo mitschwingt. Doch Skyfall bietet eben auch genreübliche Plotlöcher, farblose (Daniel Craig) oder schlicht stümperhafte (Bérénice Lim Marlohe) Darsteller, schwache Effekte und haarsträubend abgedroschene Dialoge. Bond war schon immer mehr Schein als Sein und seine neueste Mission veranschaulicht dies in greller Deutlichkeit.

★★

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