Mit seinem zupackenden Langspielfilm-Debüt, dem parabelhaften Science-Fiction-Thriller District 9, schaffte es der südafrikanische Regisseur Neill Blomkamp nach Hollywood. Sein Zweitwerk Elysium schlägt in die gleiche Kerbe, wird aber durch die erzwungene Gesellschaftskritik beeinträchtigt.
Wenn Blomkamp als Filmemacher eine markante Schwäche hat, dann die,
dass er sich in der Rolle des subversiv-ideologischen Revolutionärs
zu sehr gefällt, dass er seinen kritischen Kommentaren zum Zeitgeist
in seiner Arbeit zu viel Bedeutung beimisst. Zurückverfolgen lässt
sich dies bis zu seinem viel beachteten Kurzfilm Alive in Joburg,
die Basis zu District 9: Die fünfminütige Mockumentary
besteht aus diversen Interviews, in denen sich Johannesburger
Passanten scheinbar zu den Ausserirdischen äussern, welche, so die
Prämisse, vor einigen Jahren in der Stadt gelandet und mittlerweile
in Slums abgeschoben worden sind. Was erst im Nachhinein klar wird:
Die oft unverhohlen rassistischen Aussagen der Befragten sind
Originalzitate von echten Bürgern, welche ihrem Ärger über
Gastarbeiter aus Simbabwe Luft machten. Spannend war dieses Konzept
zweifellos, doch als Zuschauer hätte man gerne mehr über die Aliens
erfahren, ihren Hintergrund, ihre Geschichte, ihre Interaktion mit
Menschen. Also produzierte Blomkamp zusammen mit Peter Jackson District 9, welcher in drastischen Bildern vom brutalen Umgang
der Menschen mit den extraterrestrischen Besuchern (dargestellt von
lebensechten Puppen) erzählte.
Der Subtext blieb erhalten, doch er wurde angereichert mit einer
anregenden, überraschend emotionalen Geschichte eines Alien-Jägers,
der sich gezwungen sieht, mit einem seiner Opfer zu kooperieren. In District 9 erwies sich Blomkamp, einfach gesagt, als ein
besserer Geschichtenerzähler als Sozialkritiker. Entsprechend wirkt Elysium diesbezüglich oft wie ein Rückschritt. Die Dystopie
spielt im Jahr 2154 und zeigt eine ausgebeutete, verpestete Erde, auf
der die Arbeiterklasse ein sklavisches Dasein fristet, während sich
die Oberschicht auf dem rieisgen Weltraum-Habitat "Elysium" den
technischen Annehmlichkeiten hingibt, zu denen auch die Fähigkeit
gehört, sämtliche Krankheiten binnen Sekunden heilen zu können.
Blomkamps Plot dreht sich um den Arbeiter Max (Matt Damon), der bei
einem Strahlenunfall mit Krebs infiziert wird und sich daraufhin in
den Dienst eines Schwarzmarkt-Händlers stellt, um genügend Geld für
eine Reise nach Elysium aufbringen zu können. Doch auf der
entscheidenden Mission entführen er und seine Mitstreiter einen
regierungsnahen Geschäftsmann, was Elysiums Verteidigungsministerin
(Jodie Foster, welche aus nicht näher definierten Gründen
Französisch spricht) dazu veranlasst, den skrupellosen Söldner
Kruger (ein herausragender Sharlto Copley) damit zu beauftragen, Max
zu fassen.
Bewaffnet mit einem modernen Exoskelett, versucht der arme Max (Matt
Damon), auf die Luxus-Raumstation Elysium zu gelangen.
© 2012 Sony Pictures Releasing GmbH
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Subtil ist an der Botschaft von Elysium wenig. Blomkamp, der
betont, der Film sei ein Abbild der Welt von heute, arbeitet sich
durch abgedroschene Tropen wie restriktive Einwanderungspolitik, das
korrumpierte (amerikanische) Gesundheitswesen, Wohlstandsschere und
Standesdünkel (ein Elysium-Abgesandter herrscht einen Arbeiter an: "Don't breathe on me"). Dabei durchläuft die mit einwandfreiem
CGI auf die Leinwand gebannte Raumstation im dritten Akt eine
klassisch marxistische Entwicklung; vom kapitalistischen Despotismus
über die Diktatur des Proletariats Kruger) bis zur
quasi-sozialistischen Erlösung der unschuldigen Menschheit,
symbolisiert durch die rehäugige, leukämiekranke Tochter einer
Freundin von Max.
Doch obwohl der Film weit weniger gewichtig ist, als er sich geriert,
und obschon die Emotionen hier, anders als noch in District 9,
hohl und konstruiert wirken, zeichnet sich Blomkamp auch im dichten,
stringenten, äusserst effizient gemachten Elysium als
talentierter Action-Regisseur aus, der sich an den richtigen Stellen
vom "körperlichen" Stil eines David Cronenberg inspirieren
lässt, und die von ihm ersonnene Welt mit seinen typischen
Kameraflügen (und inflationärem Gebrauch von Zeitlupe) zum Leben
erweckt. Trotz offenkundiger Defizite hebt sich auch sein zweiter
Film vom gleichförmigen Gros der US-Actionstreifen ab.
★★★
Er erfüllte seinen Zweck als Actionblockbuster, mehr darf man aber sicherlich nicht erwarten.
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