Zwei Dutzend Autos fahren stundenlang im Kreis – eine sonderlich
filmreife Angelegenheit sind die Rennen der Formel 1 nicht. Der
legendären Rivalität zwischen den Fahrern James Hunt und Niki Lauda
entlockt Ron Howards oberflächliches Sportdrama Rush allerdings ungeahnten Unterhaltungswert.
Die Formel-1-Saison 1976 gilt gemeinhin als eines der
geschichtsträchtigsten Jahre des Rennsports: Nach neun Rennen stand
der eigenbrötlerische Österreicher Niki Lauda unangefochten an der
Spitze des Tableaus, weit vor seinem erbittertsten Konkurrenten (und
alten Freund – ein Fakt, der in Rush unter den Tisch fällt),
dem britischen Lebemann und Heisssporn James Hunt. Doch am 1. August
wurde Lauda auf dem Nürburgring Opfer eines verheerenden Unfalls,
bei dem er schwerste Brandwunden erlitt, die ihn beinahe das Leben
kosteten. Nichtsdestotrotz sass er 42 Tage später, nach nur zwei
verpassten Rennen, wieder im Cockpit seines Ferraris und setzte
seinen Versuch, seinen Titel zu verteidigen, fort.
Ron Howards Film widmet knapp zwei Drittel seiner Laufzeit dieser
turbulenten Saison, welche am 24. Oktober 1976 mit dem
hochdramatischen Grand Prix von Japan zu Ende ging. Zuvor liegt der
Fokus von Drehbuchautor und "Based on a True Story"-Experte Peter
Morgan (The Queen, Frost/Nixon, The Damned United)
auf dem Werdegang der beiden Piloten. Beide haben mit der Ablehnung
ihrer jeweiligen Familien zu kämpfen, welche ihre Liebe zu schnellen
Autos nicht billigen; beide schaffen es nicht nur wegen ihres
Talents, sondern auch aufgrund des strategischen Einsatzes von
Kapital, in die Formel 1.
Tiefe lassen Howard und Morgan in diesen Passagen nur bedingt walten.
James Hunt, überzeugend verkörpert vom Australier Chris Hemsworth
(Thor), wird mit einfachsten Mitteln – zumeist gleichförmige
Montagesequenzen, in denen One-Night-Stands, Alkohol- und
Drogenexzesse angedeutet werden – als hedonistischer Playboy
positioniert. Als polares Gegenstück figuriert Lauda, gespielt vom
herausragenden Daniel Brühl, den Howard als gewissenhaften,
arroganten, gnadenlos analytischen Kopfmenschen inszeniert. Dass
letztendlich ausgerechnet der stets die Risiken eiskalt kalkulierende
Lauda statt der weitaus aggressivere Hunt aus einem brennenden Wrack
gerettet werden muss, ist der ironische Clou dieser
Figuren-Gegenüberstellung. (Das Gleichgewicht wird schliesslich
wieder hergestellt, als der Zuschauer erfährt, dass Lauda nach
seinem Gesamtsieg 1975 noch zweimal Weltmeister wurde, während Hunt
1979 zurücktrat und 1993 45-jährig starb.)
In der Saison 1976 ist die Formel 1 gezeichnet von der erbitterten
Rivalität zwischen den Fahrern James Hunt (Chris Hemsworth, links)
und Niki Lauda (Daniel Brühl).
© Ascot Elite
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Subtil ist an dieser angeblich nicht übermässig fiktionalisierten
Rivalität wahrlich wenig: Entwicklungen finden oft zwischen
Schnitten statt; Morgans Dialoge sind ungewohnt deklamatorisch; die
ominösen symbolischen Vorboten von Laudas Unfall könnten
klischierter nicht sein – Feuer ist in jeder Einstellung der
vorangehenden Sequenz zu sehen, am Tag des Rennens zeigt die Kamera
eine schwarze Spinne neben der Strecke, ein Kommentator bemerkt,
Lauda sitze in seinem "blutroten" Ferrari.
Dennoch wird Rush von einer soliden Struktur sowie unbestritten
aufregenden – obschon stellenweise etwas verwirrend geschnittenen –
Rennszenen getragen, was den Film nicht nur passabel, sondern sogar
hochgradig unterhaltsam macht; derweil die sich gegenseitig
aufrichtig bewundernden Figuren Hunt und Lauda die ihnen gebührende
Tiefe in der allerletzten Szene immerhin verspätet erhalten. Hinter
der schnittigen Fassade von Howards Film mag nicht allzu viel
Substanz stecken, doch gerade für Formel-1-Banausen bietet Rush süffige Rennsport-Unterhaltung.
★★★
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