The Counselor ist die mit Spannung erwartete Kollaboration zwischen dem gefeierten Regie-Haudegen Ridley Scott und dem Pulitzer-Preisträger Cormac McCarthy. Doch die Affiche hält nicht, was sie verspricht; der Thriller ist zwar wortgewandt, verfehlt aber seinen Zweck als abgründige Moralfabel.
In einem 2003 erschienenen Artikel bezeichnete der Kritiker und
Yale-Professor Harold Bloom die Schriftsteller Thomas Pynchon, Philip
Roth, Don DeLillo und Cormac McCarthy als die "bedeutendsten
amerikanischen Literaten der Gegenwart" – ein Urteil, welches
sich im Laufe der vergangenen zehn Jahre angesichts von Büchern wie Cosmopolis (DeLillo, 2003), No Country for Old Men (McCarthy, 2005), Against the Day (Pynchon, 2006) oder Indignation (Roth, 2008) als richtig erwiesen hat. Vielen gilt
McCarthy als "abgründigstes" Mitglied dieser Quadriga: Seine
literarische Welt ist ein Jammertal, in dem nekrophile Serienmörder
umgehen (Child of God, 1973) und Säuglinge in Swift'scher
Manier Kannibalen zum Opfer fallen (The Road, 2006). Oft lautet
die niederschmetternde Erkenntnis, dass in dem ganzen Leid keinerlei
inhärenter Sinn auszumachen ist.
Diesen nihilistischen Zynismus vollauf zufrieden stellend auf die
Leinwand zu bannen, ist bislang nur Joel und Ethan Coen mit ihrer
zeitgenössischen, düster-kargen Western-Elegie No Country for
Old Men (2007) gelungen. Nun hat McCarthy selber die Initiative
ergriffen und nach zwei TV-Skripten erstmals ein Originaldrehbuch zu
einem Kinofilm verfasst. Dass dieses ein Werk aus dem McCarthy-Kanon
ist, lässt sich nicht leugnen: Wie schon seine "Border Trilogy" (All the Pretty Horses, The Crossing, Cities of the
Plain) spielt auch The Counselor in jener mal verklärten,
mal verteufelten Gegenwelt des amerikanisch-mexikanischen
Grenzgebiets, wo "México Lindo" und texanischer Nationalismus,
Pionier-Romantik und Bandenkriege seit bald zwei Jahrhunderten
aufeinander prallen.
Dort versucht die Titelfigur, ein namenloser Anwalt (Michael
Fassbender), mit Hilfe des zwielichtigen Geschäftsmannes Reiner
(Javier Bardem) im Drogengeschäft Fuss zu fassen, dessen
mannigfaltigen Gefahren er aber nicht gewachsen ist (den Topos des
mit den Konsequenzen der eigenen Entscheidungen überforderten
Protagonisten kennt man aus No Country for Old Men). Die in
einem Abwassertank versteckte Ladung Kokain, welche aus der
berüchtigten Grenzstadt Ciudad Juárez nach Chicago geliefert werden
soll und um deren Profit neben dem "Counselor" und den
verfeindeten Kartellen auch Reiners verschlagene Freundin (die
herausragende Cameron Diaz), der lakonische Mittler Westray (Brad
Pitt) sowie ein aus All the Pretty Horses bekannter Drogenboss
(Rubén Blades) buhlen, wird in McCarthys von hyperliterarischen
Monologen gespicktem Skript zu einem veritablen MacGuffin, einem
vagen, für den Verlauf, nicht aber für den Inhalt, der Geschichte
wichtigen Erzählelement.
Der naive "Counselor" (Michael Fassbender, rechts) will sich mit
der Unterstützung des Gangsters Reiner (Javier Bardem) am
Drogenschmuggel bereichern.
© 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation
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Zentral ist in The Counselor eher der von Regisseur Ridley
Scott (Blade Runner, Gladiator) oft durch Grossaufnahmen
unterstrichene Verweis auf die Ungeheuerlichkeiten, zu denen die
Menschheit fähig ist – auf Film festgehaltene Enthauptungen,
Exekutionen per "Bolito" (eine sich automatisch zuziehende
Schlinge) –, die Sinnlosigkeit allen Seins ("Death has no
meaning. I don't believe that. My family is dead. I have no
meaning"), die Verführungskraft des weiblichen Geschlechts (ein
unangenehm frauenfeindlicher Charakterzug des Films) sowie die
Hilflosigkeit des trotz seines Rufnamens stets unterinformierten "Counselors". Dies führt stellenweise zu interessanten,
bisweilen sogar faszinierenden Dialogen und inspirierten Momenten des
schwarzen Humors, doch McCarthys Text erwacht, auch wegen Scotts
routiniert-formelhafter Inszenierung, nie zum Leben. The
Counselor ist ein distanzierter, emotional hohler Film, in dem
wahrscheinlich ein spannendes Buch über Gier, Hybris und menschliche
Perversion verborgen liegt.
★★
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