Auch im Kino könnte die fatal verzahnte Geschichte dieser
Persönlichkeit und der ihr entgegen schwappenden, beinahe
fanatischen Ehrerbietung, die in Stephen Frears' The Queen
angeschnittene Asurdität der Situation – "Sleeping in the
streets and pulling out their hair for someone they never knew?",
wetterte James Cromwells Prinz Philip – ergründet werden. Man
stelle sich vor, welche Ergebnisse ein Regisseur mit einem Sinn für
(britische) Zeitgeschichte und dem nötigen Mut zur analytischen
Schärfe – ein Loach, ein Wheatley, ein Winterbottom – der
Materie zu entlocken wüsste.
Doch Diana, entstanden unter der Regie Oliver Hirschbiegels,
eines vormals wagemutigen Filmemachers (Das Experiment, Der
Untergang), den inzwischen jegliche Courage verlassen zu haben
scheint, ist nicht interessiert an einem nüchternen Blick auf seine
Titelfigur. Stattdessen bedient sich dieses als tragische Romanze
zwischen Diana (Naomi Watts) und dem Herzchirurgen Hasnat Khan
(Naveen Andrews) verpackte Biopic bei jenen verklärenden
Gemeinplätzen, welche in den 16 Jahren seit Lady Dis Tod beharrlich
durch den Boulevard-Blätterwald geistern, in der Hoffnung, der
geneigten Leserschaft das Erlebnis einer royalen Klatschkolumne in
Spielfilmlänge bieten zu können.
Diana (Naomi Watts), Prinzessin der Herzen. © Ascot Elite |
Dass ein derartiges Vehikel weder inhaltlich noch formal überzeugt,
kann nicht überraschen. Geleitet von Stephen Jeffreys' grässlichem
Drehbuch, pflügt Hirschbiegels Film durch die letzten zwei Jahre in
Dianas Leben – ohne dramaturgische Zugkraft und ohne eine präzise
Vorstellung davon, wie ihre Figur in Szene zu setzen ist. Machen sich
im einen Moment die elitären Anwandlungen eines Mitglieds der
Königsfamilie bemerkbar – "I'm a princess, and I get what I
want" –, feiert der Film seine Protagonistin wenig später
wieder als feministische Ikone, als modebewusstes Quasi-Model, dem
auch in Verkleidung noch nachgepfiffen wird, als Verfechterin der
Menschlichkeit ("I want to help people"), als
bemitleidenswertes Opfer ihrer Umstände ("I've never been
accepted by any family I've been a part of", "Is there
anyone who can stay with me?"), als idealistische Liebhaberin,
als strahlende Heilsbringerin, deren Antlitz die Kamera in den
Anfangsminuten bewusst ausweicht. In einer besonders irritierenden
Sequenz lässt sie ihr Gesicht von einem blinden Bewunderer befühlen,
welcher darob in einen Zustand tränenreicher Glückseligkeit
versetzt wird.
Anders als etwa Joshua Michael Sterns geradezu beleidigend
hagiografischer Jobs belässt es Diana aber zumeist
bei ungeschickten Regie-Entscheidungen und einem Mangel an legitimem
Drama, sodass sich das Filmerlebnis weniger entnervend als ermüdend
erweist. Grossen Anteil daran hat die Beziehung zwischen Di und
Hasnat: Watts und Andrews sind beides gestandene Schauspieler, doch
ihnen werden Äusserungen und Dialoge aufgehalst, die jegliches
Aufkommen von Chemie – oder gar Romantik – verunmöglicht, und
welche dermassen dicht gesät sind, dass willkürliche Kostproben –
"You don't perform the operation, the operation performs you",
"So hearts can't actually break?" – das Ausmass der
Misere nur ungenügend zu skizzieren vermögen. Von der Szene
abgesehen, in der das Paar Hand in Hand über ein Feld hüpft (sic),
begleitet von Jacques Brels "Ne me quitte pas", ist das
Bild Dianas, die sich nach einem Zwist wieder in Hasnats Arme wirft,
das nachhaltigste dieser angeblich grossen Liebe – und auch das nur
aufgrund seiner steten Wiederholung.
Im Herzchirurgen Hasnat Khan (Naveen Andrews) findet Diana eine neue Liebe. © Ascot Elite |
Endgültig Schiffbruch erleidet der Film im dritten Akt, in dem sich
Jeffreys vollends in seiner schizophrenen Darstellung der
Geschehnisse verheddert. Zwar legt sein Skript richtigerweise Wert
darauf, Dianas kalkulierenden Umgang mit der Presse – die
raffinierte Selbstinszenierung, der enge Kontakt zu ausgewählten
Boulevardblättern – und auch die Perfidie der Medien –
Vertragsbüche, verzerrte Darstellungen von Dis IKRK-Missionen –
aufzuzeigen, stellt sich aber letztlich mit seiner Interpretation von
Dianas Affäre mit Dodi Fayed (Cas Anvar, auf Ähnlichkeit mit Hasnat
geschminkt) selber ein Bein. Die enthüllende Berichterstattung über
ihren Aufenthalt auf Fayeds Yacht war, so Jeffreys, einerseits eine
Konzession an ihr nahe stehende Paparazzi, um Fleet Street dazu zu
bewegen, ihre Anti-Landminen-Kampagne ins rechte Licht zu rücken,
andererseits aber ein verzweifelter Versuch, Hasnats Aufmerksamkeit
zu erlangen.
Es ist eine gewagte These, der Diana nicht gewachsen ist; der
Film zerbricht daran, den daraus folgenden Implikationen mit seinem
beschränkten Angebot an cineastischen Mitteln – das Teleobjektiv
im Scharfschützengewehr-Koffer, Hasnats schicksalhaftem Zögern am
Telefon in der Nacht von Dianas Tod, der triumphale Abspann-Verweis
auf den Fortschritt bei der Landminen-Bekämpfung – beikommen zu
wollen. Diana beginnt boulevardesk und endet boulevardesk –
scheint zum Schluss aber überzeugt davon zu sein, sich dazwischen zu
investigativem Journalismus weiterentwickelt zu haben.
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