Es sind die Themen des mittleren Alters – Scheidung, Kinder, die das Nest verlassen, die Neubewertung der eigenen Lebensziele, neue Liebe – welche Regisseurin Nicole Holofcener in Enough Said umtreiben. Ihr Film hat Charme und mitunter auch Witz, ist aber insgesamt nicht weiter bemerkenswert.
Wäre Holofceners vierter Film nicht mit einem dermassen guten Cast
ausgestattet – Julia Louis-Dreyfus, Toni Collette, Catherine Keener
und natürlich der im Sommer 2013 überraschend verstorbene James
Gandolfini in seiner zweitletzten Rolle –, böte sich dem Zuschauer
wohl ein wenig begeisterndes Bild. Ja, selbst mit dieser
hochkarätigen Besetzung sind die Risse und Unzulänglichkeiten in
Holofceners (überraschenderweise mehrfach preisgekröntem) Drehbuch
nicht zu übersehen. In einem besseren Sitcom-Plot lässt sie die
geschiedene Masseuse Eva (Louis-Dreyfus) auf den sympathischen,
ebenfalls geschiedenen Albert (Gandolfini) treffen, dessen Ex-Frau
(Keener, die bislang in allen von Holofceners Filmprojekten zu sehen
war), eine Klientin von Eva, nur Verachtung für ihn übrig hat,
wodurch Eva zu hinterfragen beginnt, ob sie sich wirklich auf eine
Beziehung mit ihm einlassen soll.
Als zusammenhängendes Ganzes vermag Enough Said nicht so recht
zu überzeugen, weniger noch als so mancher Eintrag ins
Mumblecore-Genre, dessen Hang zur Dialog-Improvisation, zu
unangenehmen Gesprächspausen sowie zum erzählerischen Minimalismus
auch hier merklich mitschwingt. (Angesichts der nicht selten
desorientierenden Montage scheinen auch dessen notorisch niedrige
Produktionswerte einen Einfluss gehabt zu haben.) Viele von
Holofceners Dialogen, mit ihren (zunächst) zärtlich-lakonischen
Neckereien im Stile von Lynn Sheltons Your Sister's Sister und
dem beinahe resignierten Seufzen über den erwachsenen Alltag wie in
Jennifer Westfeldts Friends with Kids, sind durchsetzt von
amüsanten, bisweilen auch bissigen Einzeilern ("I find that I
don't like younger people"), welche, von einigen Fehltritten ins
Profane ("She's got no cellulite!") abgesehen, der unliebsamen
Thematik der Midlife-Crisis sowohl mit Humor als auch mit einer Prise
Wehmut begegnen.
Eva (Julia Louis-Dreyfus) lernt den sympathischen Albert (James
Gandolfini) kennen, dessen Ex-Frau ihn als abstossendes Ekel
bezeichnet.
© cineworx
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Doch das Problem, das sich stellt, ist das der Figurenzeichnung.
Während sich selbst schwächere Mumblecore-Produktionen oftmals
durch hervorragend realisierte Figuren auszeichnen – ganz nach Mike
Leighs Philosophie, dass ein Auteur seine Kreationen zusammen mit
seinen Darstellern entwickeln sollte –, dominieren in Enough
Said die eher flachen Charakterisierungen; die Eigenarten der
Figuren wirken kaum je natürlich. Holofcener bürdet ihrer
Protagonistin hölzerne Selbstgespräche und vage Schrullen auf,
welche eher zu Julia Louis-Dreyfus' Rolle in der satirischen
Fernsehserie Veep denn zu ihrer Eva passen würden. James
Gandolfini muss sich indes damit begnügen, dass sich das Drehbuch
nie definitiv entscheiden kann, ob es ihn feiern oder seine
Angewohnheiten verurteilen soll; Toni Collette damit, dass ihre
Figur, Evas beste Freundin, keine weiteren Facetten als die der
impulsiv-neurotischen Australierin erhalten zu haben; derweil
Catherine Keener stets eine eindimensionale Nörglerin bleibt. Aber
genau hier zeigt sich letztendlich, wie sehr Holofcener von ihrem
vorzüglichen Cast profitiert: Dank ausnahmslos gelungener,
würdevoller, im Rahmen der (Skript-)Möglichkeiten nuancierter
Darbietungen – Glanzlicht: "Soprano" Gandolfini – vermögen
mittelmässige Witze plötzlich zu unterhalten, zweifelhafte
Wendungen zu überzeugen, Dialog-Plattitüden zu berühren. So wird Enough Said zwar nicht zu einem begeisternden Film, wohl aber
zu einer bekömmlichen Ansammlung von reizvollen Momenten.
★★★
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