Ernsthafte Auseinandersetzungen mit autonomen und selbstbewussten
Maschinen – welche vielleicht schon bald Realität sind – und den
damit verbundenen transhumanistischen Fragen sind in Hollywood
Mangelware. Transcendence stellt sich zunächst der
herausfordernden Thematik, verfällt letztlich aber wieder in alte
Muster.
Überfliegt man die Synopsis zum Regiedebüt von Kameramann Wally
Pfister (Oscar-Nominationen für Batman Begins, The
Prestige und The Dark Knight; Oscar für Inception) –
Dr. Will Caster (Johnny Depp), Experte für künstliche Intelligenz,
wird von einer Ludditen-Terrorgruppe ermordet, schafft es aber gerade
noch, sein Bewusstsein auf eine Computer-Festplatte zu laden –,
erinnert man sich plötzlich an jene Szene im Pixar-Animationsfilm Ratatouille, in welcher der von Peter O'Toole gesprochene
Restaurantkritiker Anton Ego seine Bestellung aufgibt: "You know
what I'm craving? A little perspective". Endlich befasst sich eine
amerikanische Mainstream-Produktion mit einem der vielleicht
wichtigsten Felder der nahen Zukunft: der technologischen
Singularität, dem Punkt, an dem die Intelligenz eines Computers
diejenige der klügsten Menschen übersteigt, an dem es möglich
wird, das Fassungsvermögen des menschlichen Gehirns gänzlich als
Code nachvollziehen zu können. Man hofft, dass Transcendence
sich nicht den Genre-Platitüden hingibt, wie sie etwa in I,
Robot (2004) zu sehen waren, sondern sich auf sachlich-kritische
Weise an das heikle, aber nicht minder faszinierende Konzept des
Transhumanismus heran wagt.
Doch obwohl Pfisters Film, basierend auf einem jahrelang von
Produktionsfirma zu Produktionsfirma weitergereichten Drehbuch von
Jack Paglen, sich insgesamt um ein ausgeglichenes Bild des
Mensch-Computer-Hybriden bemüht, fällt seine Perspektive
schlussendlich enttäuschend begrenzt aus. Was als visuell virtuos
realisiertes Science-Fiction-Drama beginnt, dessen Macher sich
offenkundig mit der Arbeit von KI-Pionieren und Singularitäts-Denkern
wie Alan Turing und Ray Kurzweil beschäftigt haben, degeneriert
zunehmend zu irrisinnigem Genre-Humbug, in dem der Datenmensch Will
Caster seine Macht zu missbrauchen beginnt, was seine treue Frau
(Rebecca Hall – Chemie ist zwischen ihr und Depp nicht
auszumachen), seinen besten Freund (Paul Bettany), seinen Mentor
(Morgan Freeman) sowie einen Polizisten (Cillian Murphy) dazu bewegt,
mit den technikfeindlichen Terroristen, welche aber
nichtsdestoweniger Brillen tragen und Auto fahren – eine Ironie,
die dem Film zu entgehen scheint –, gemeinsame Sache zu machen.
So verliert Transcendence mit seinem Rückfall in altbekannte
narrative Muster nicht nur ein grosses Stück seines
Realitätsbezuges, sondern auch an dramaturgischem Reiz. Die
philosophischen Implikationen seines cineastisch vergleichsweise
unberührten Themas liegen weit ausserhalb der Reichweite seines
löchrigen, auf der emotionalen Ebene kaum bewegenden, bisweilen
haarsträubenden Plots. Einzig optisch – mit seinem wirkungsvollen
Setdesign, seinen hervorragend komponierten Bildern und seinen
kunstvollen Pillow Shots – vermag der Film durchgehend zu
überzeugen. Wer eine seriöse Auseinandersetzung mit künstlicher
Intelligenz sehen will, ist mit Stanley Kubricks 2001: A Space
Odyssey schon vor 46 Jahren bestens bedient worden. Die
zwischenmenschliche Komponente wurde unlängst von Spike Jonze in Her grandios ausgelotet. Wer an KI-Dystopie im
Popcornkino-Format interessiert ist, wird bei James Camerons Terminator 2: Judgment Day fündig. Transcendence ist in
all diesen Belangen schlicht nicht gut genug.
★★
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