Donnerstag, 31. Juli 2014

How to Train Your Dragon 2

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat.


Pixar-Rivale DreamWorks gelang 2010 mit dem begeisternden How to Train Your Dragon, einer sehr freien Adaption von Cressida Cowells gleichnamiger Buchreihe, ein qualitativer Meilenstein. Auch Teil zwei weiss zu gefallen, opfert den Tiefgang aber allzu oft dem vordergründigen und überhasteten Spektakel.

Seit es dem Teenager Hiccup (Stimme: Jay Baruchel) im ersten Film gelungen ist, die Bewohner seiner Heimat, der einsamen Wikinger-Insel Berk, davon zu überzeugen, dass Drachen keine Gefahr für sie darstellen und sich zu treuen Haus- und Reittieren domestizieren lassen, sind fünf Jahre vergangen. Der Franchisen-Titel How to Train Your Dragon hat an sich keine Gültigkeit mehr – die fliegenden, Feuer speienden Echsen sind gezähmt, Frieden ist im Reich von Häuptling Stoick (Gerard Butler) eingekehrt und Hiccup hat alle Zeit der Welt, mit seinem schwarzen Drachen Toothless neue Gestade zu erkunden. Dort findet Regisseur und Autor – eine seltene Kombination bei den Filmen der grossen Animationsstudios – Dean DeBlois (Co-Regisseur des Disney-Hits Lilo & Stitch) neue Gefahren: Der finstere Drago (grandios: Djimon Hounsou) schart eine Armee von Drachen um sich, der wohl auch das trutzige Berk nicht gewachsen wäre. Während Stoick dementsprechend das bewaffnete Réduit plant, will es Hiccup, inzwischen 20 Jahre alt, mit Diplomatie versuchen. Auf dem Weg zu Drago wird er jedoch von der Drachenzähmerin Valka (die hervorragende Cate Blanchett) abgefangen, die sich als seine tot geglaubte Mutter entpuppt.

Trotz mehrerer, ineinander verzahnter Handlungsstränge voller emotionaler Spannung reisst How to Train Your Dragon 2 kaum durch seine Plot-Konzeption mit, weniger noch als sein Vorgänger, der zum grössten Teil aus der Etablierung von Berk und dem Drachen-Bestiarium bestand. Knapp bis zur Hälfte widmet sich DeBlois der Exposition: Figuren werden eingeführt, Hintergründe erklärt, die nötigsten Brücken zum ersten Film geschlagen. (Detailliertere Informationen dazu finden sich angeblich in der Fernsehserie DreamWorks Dragons.) Und dennoch wirkt in Sachen Charaktermotivation und -konflikte in diesem Film vieles unterentwickelt, mitunter sogar irritierend verkürzt. Hiccup erholt sich zu schnell vom Schock, seiner Mutter zu begegnen; Dragos Plan bleibt stets unklar skizziert; die Differenzen Stoicks und Valkas werden zu leicht beiseite geschafft. Gelöst werden die aufgeworfenen Konflikte schlussendlich in zwei actionreichen Schlussakt-Schlachtszenen, deren Wendungen nicht alle restlos überzeugen.

Auf zu neuen Abenteuern: Hiccup (Stimme: Jay Baruchel) und sein Drache Toothless erforschen unbekannte Lande.
© 2014 Twentieth Century Fox Film Corporation
Doch mit Ausnahme einer deplatzierten, als komödiantische Ablenkung angelegten "Romanze" zwischen einer von Hiccups Kameradinnen und einem Ex-Schergen Dragos beweist auch der zweite Teil von DreamWorks' Drachen-Reihe, warum sie es – mehr noch als Shrek, Madagascar und Kung Fu Panda – verdient hat, zum Studio-Flaggschiff erkoren zu werden. Aus den Kinderbüchern von Cowell werden hier, trotz aller erzählerischer Vereinfachung, Geschichten gewonnen, die sich nicht selten durch ihre emotionale Reife und ihren Mut, düsterere Motive zu erkunden, auszeichnen. Wunderbar die anrührende Szene, in welcher der Film (fast) aller Kindlichkeit entsagt und Stoick und Valka ihr Hochzeitslied "For the Dancing and the Dreaming" – geschrieben vom irischen Celtic-Punker und Pogues-Bandleader Shane MacGowan (sein erster neuer Songtext seit mehr als einem Jahrzehnt) – anstimmen.

Nicht verändert hat sich das Pièce de résistance der Franchise: Auch How to Train Your Dragon 2 entstand mit der Hilfe von Kameramann Roger Deakins, dessen visuelle Beratung in den atemberaubend animierten Bildern mühelos erkennbar ist. Gerade die immer wieder an Meister Hayao Miyazaki erinnernden Flugsequenzen verleihen diesem Film die Portion Magie, die seine Handlung ein wenig vermissen lässt.

★★★

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