Mittwoch, 25. Juni 2014

The Fault in Our Stars

Der Titel von John Greens Young-Adult-Weltbestseller The Fault in Our Stars ist Shakespeares Julius Caesar entnommen; "the fault, dear Brutus, is not in our stars, but in ourselves, that we are underlings", verkündet die dem Tode geweihte Titelfigur im ersten Akt. Nicht den Bewegungen der Gestirne, den Launen der Götter seien die Geschicke der Menschen untertan, sondern den fehlbaren Sterblichen selber. Es gehört zu den vielen anregenden Feinheiten in Greens wundervollem Roman, dass er sich sanft gegen dieses Narrativ wendet, indem er ihm seine beiden Protagonisten, die unheilbar an Schilddrüsenkrebs erkrankte Hazel Grace Lancaster, 16, und den um ein Jahr älteren Osteosarkom-Überlebenden Augustus Waters, gegenüber stellt: Wie kann man diese beiden "star-crossed lovers" (um den Barden noch einmal ins Spiel zu bringen) für ihr tragisches Schicksal verantwortlich machen, wenn sie letztendlich doch nichts anderes sind als "gescheiterte Experimente in Mutation"?

Josh Boones Filmadaption des 2012 erschienenen Buches verzichtet auf einen Nennung der Titelquelle, ebenso auf Greens Hommagen an The Great Gatsby und The Catcher in the Rye; nach den hässlicheren Passagen, in denen die traurige physische Wirklichkeit einer Krebserkrankung den Schleier der zentralen Liebegeschichte zerreisst, sucht man, zumindest in dieser Form, vergebens. The Fault in Our Stars ist eine Verfilmung, wie von einem Komitee konzipiert; eine vergleichsweise "saubere" Version eines nicht immer "sauberen" Buches. Das bedeutet jedoch nicht, dass Boones zweites Regieprojekt nach Stuck in Love schlecht wäre – oder gar Verrat am originalen Material beginge.

Im Gegenteil: Ihm ist eine anrührende, oftmals abseitig komische, kathartisch traurige Romanze gelungen, welche ein stimmiges cineastisches Pendant zu ihrer gedruckten Inspiration darstellt. Fault der Film hebt andere Elemente hervor als Fault das Buch; dem Film geht es weniger darum, den Fokus auf die körperliche Realität eines Lebens mit Krebs zu legen, als sich auf die mentale zu konzentrieren. Glich indes der Charakter des Peter Van Houten, des eigenbrötlerischen Autors von Hazels (Shailene Woodley) Lieblingsbuch, den diese zusammen mit Augustus (Ansel Elgort) in den Niederlanden besuchen geht, auf dem Papier trotz aller Hintergrund-Erläuterungen einer eher groben (aber nichtsdestoweniger überzeugenden) Karikatur, erwacht er hier dank einer hervorragenden, geradezu surrealen Darbietung Willem Dafoes zu völlig neuem Leben.

Lieben unter dem Damoklesschwert Krebs: Hazel (Shailene Woodley) und Augustus (Ansel Elgort).
© 2014 Twentieth Century Fox Film Corporatio
Wie Jonathan Levines 50/50 gelingt es auch diesem Film, aus einer Geschichte, deren Dreh- und Angelpunkt eine Krebserkrankung ist, ein lebensbejahendes Erlebnis zu machen, das sich den Nicholas Sparks'schen Klischees verwehrt und der Gefahr der thematischen Ausbeutung souverän ausweicht. Mit grossem Einfühlungsvermögen loten die Drehbuchautoren Scott Neustadter und Michael H. Weber ((500) Days of Summer) die Emotionen von Greens Figuren aus, was dem Film auch über zweifelhafte Sequenzen wie etwa Hazels und Augustus' Besuch im Amsterdamer Anne-Frank-Haus (vielleicht der einzige signifikante Fehlgriff, den sich der Roman ankreiden lassen muss), hinweg hilft.

Wer die Defizite in The Fault in Our Stars sucht, wird sie wohl finden – in den durchzogenen Schauspielleistungen von Laura Dern und Lotte Verbeek vielleicht, während schon mancher Kritiker die Handlung der Manipulation beschuldigt hat. Doch gerade für Bewunderer von Greens Buch, zu denen sich dieser Kritiker zählt, hält Boones werkgetreuer Film zahlreiche kleine und grosse Freuden bereit, von den Anspielungen auf ansonsten ausgelassene Aspekte des Romans bis hin zu den perfekt besetzten und harmonierenden Shailene Woodley und Ansel Elgort. Wunderbar, abwechselnd witzig und melancholisch auch die Szenen, in denen der durch Augenkrebs erblindete Isaac (der grossartige Nat Wolff, welcher in der nächsten Green-Adaption, dem für 2015 angesetzten Paper Towns, die Hauptrolle spielen wird) figuriert; derweil der Moment, in dem der beinamputierte Augustus seine verhasste Jungfräulichkeit verliert, mit seiner emotionalen Ehrlichkeit wahrlich zu bewegen und begeistern weiss.

★★★★

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