Der Titel von John Greens Young-Adult-Weltbestseller The Fault in
Our Stars ist Shakespeares Julius Caesar entnommen; "the
fault, dear Brutus, is not in our stars, but in ourselves, that we
are underlings", verkündet die dem Tode geweihte Titelfigur im
ersten Akt. Nicht den Bewegungen der Gestirne, den Launen der Götter
seien die Geschicke der Menschen untertan, sondern den fehlbaren
Sterblichen selber. Es gehört zu den vielen anregenden Feinheiten in
Greens wundervollem Roman, dass er sich sanft gegen dieses Narrativ
wendet, indem er ihm seine beiden Protagonisten, die unheilbar an
Schilddrüsenkrebs erkrankte Hazel Grace Lancaster, 16, und den um
ein Jahr älteren Osteosarkom-Überlebenden Augustus Waters,
gegenüber stellt: Wie kann man diese beiden "star-crossed
lovers" (um den Barden noch einmal ins Spiel zu bringen) für
ihr tragisches Schicksal verantwortlich machen, wenn sie letztendlich
doch nichts anderes sind als "gescheiterte Experimente in
Mutation"?
Josh Boones Filmadaption des 2012 erschienenen Buches verzichtet auf
einen Nennung der Titelquelle, ebenso auf Greens Hommagen an The
Great Gatsby und The Catcher in the Rye; nach den
hässlicheren Passagen, in denen die traurige physische Wirklichkeit
einer Krebserkrankung den Schleier der zentralen Liebegeschichte
zerreisst, sucht man, zumindest in dieser Form, vergebens. The
Fault in Our Stars ist eine Verfilmung, wie von einem Komitee
konzipiert; eine vergleichsweise "saubere" Version eines
nicht immer "sauberen" Buches. Das bedeutet jedoch nicht,
dass Boones zweites Regieprojekt nach Stuck in Love schlecht
wäre – oder gar Verrat am originalen Material beginge.
Im Gegenteil: Ihm ist eine anrührende, oftmals abseitig komische,
kathartisch traurige Romanze gelungen, welche ein stimmiges
cineastisches Pendant zu ihrer gedruckten Inspiration darstellt.
Fault der Film hebt andere Elemente hervor als Fault das
Buch; dem Film geht es weniger darum, den Fokus auf die körperliche
Realität eines Lebens mit Krebs zu legen, als sich auf die mentale
zu konzentrieren. Glich indes der Charakter des Peter Van Houten, des
eigenbrötlerischen Autors von Hazels (Shailene Woodley)
Lieblingsbuch, den diese zusammen mit Augustus (Ansel Elgort) in den
Niederlanden besuchen geht, auf dem Papier trotz aller
Hintergrund-Erläuterungen einer eher groben (aber nichtsdestoweniger
überzeugenden) Karikatur, erwacht er hier dank einer hervorragenden,
geradezu surrealen Darbietung Willem Dafoes zu völlig neuem Leben.
Lieben unter dem Damoklesschwert Krebs: Hazel (Shailene Woodley) und Augustus (Ansel Elgort). © 2014 Twentieth Century Fox Film Corporatio |
Wie Jonathan Levines 50/50 gelingt es auch diesem Film, aus
einer Geschichte, deren Dreh- und Angelpunkt eine Krebserkrankung
ist, ein lebensbejahendes Erlebnis zu machen, das sich den Nicholas
Sparks'schen Klischees verwehrt und der Gefahr der thematischen
Ausbeutung souverän ausweicht. Mit grossem Einfühlungsvermögen
loten die Drehbuchautoren Scott Neustadter und Michael H. Weber
((500) Days of Summer) die Emotionen von Greens Figuren aus,
was dem Film auch über zweifelhafte Sequenzen wie etwa Hazels und
Augustus' Besuch im Amsterdamer Anne-Frank-Haus (vielleicht der
einzige signifikante Fehlgriff, den sich der Roman ankreiden lassen
muss), hinweg hilft.
Wer die Defizite in The Fault in Our Stars sucht, wird sie
wohl finden – in den durchzogenen Schauspielleistungen von Laura
Dern und Lotte Verbeek vielleicht, während schon mancher Kritiker
die Handlung der Manipulation beschuldigt hat. Doch gerade für
Bewunderer von Greens Buch, zu denen sich dieser Kritiker zählt,
hält Boones werkgetreuer Film zahlreiche kleine und grosse Freuden
bereit, von den Anspielungen auf ansonsten ausgelassene Aspekte des
Romans bis hin zu den perfekt besetzten und harmonierenden Shailene
Woodley und Ansel Elgort. Wunderbar, abwechselnd witzig und
melancholisch auch die Szenen, in denen der durch Augenkrebs
erblindete Isaac (der grossartige Nat Wolff, welcher in der nächsten
Green-Adaption, dem für 2015 angesetzten Paper Towns, die
Hauptrolle spielen wird) figuriert; derweil der Moment, in dem der
beinamputierte Augustus seine verhasste Jungfräulichkeit verliert,
mit seiner emotionalen Ehrlichkeit wahrlich zu bewegen und begeistern
weiss.
★★★★
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