Gerade im Komödiengenre ist das Ichbewusstsein eines Films eine
delikate Angelegenheit. Wenn ein Leinwandwerk dem Publikum
signalisiert, dass es sich darüber im Klaren befindet, dass es sich
bei ihm "nur" um einen Film handelt, dann lässt es sich
auf einen nicht ungefährlichen Drahtseilakt ein. Im seltenen
Idealfall kann ein raffiniertes Meta-Werk wie Spike Jonzes Adaptation
entstehen, in dem die Figuren sowohl den Verlauf der Handlung als
auch den des Films – für Jonze sind dies zwei verschiedene
Variablen – mitbestimmen. Wird der Bruch des Irrealen aber
übertrieben, sieht sich der Zuschauer mit infantilen Parodien wie
Date Movie, Disaster Movie oder Vampires Suck
konfrontiert – Clip-Shows bekannter Blockbuster, durchsetzt mit
Sex- und Fäkalhumor. Wer den Witz des Bruchs mit der Fiktion zu sehr
zelebriert, so scheint es, läuft Gefahr, diesen Witz zu zerstören.
Aber Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel. Auftritt 22
Jump Street, die Fortsetzung zum 2012 erschienenen Komödienhit
21 Jump Street von Phil Lord und Christopher Miller (Cloudy
with a Chance of Meatballs, The Lego Movie), welcher auf
der gleichnamigen Achtzigerjahre-Polizeiserie basierte, in der unter
anderen ein junger Johnny Depp als jugendlich aussehender
Drogenfahnder amerikanische Schulen infiltrierte. Sein Erbe traten in
der Verfilmung Jonah Hill als unbeliebter Nerd-Inspektor Morton
Schmidt und Channing Tatum als Sportskanone Greg Jenko an. Mit ihnen
im Zentrum liessen Lord und Miller ihrer Liebe zur Selbstreflexivität
freien Lauf. Die Kritiker zeigten sich zufrieden, die Kassen
klingelten, ein Sequel war unausweichlich – und damit auch neue
Extreme des Sich-Referenzierens.
"When the issue first came up, nobody gave a shit about the Jump
Street reboot", informiert Kommissar Hardy (Nick Offerman,
bekannt als Ron Swanson in der Sitcom Parks and Recreation)
Schmidt und Jenko, und meint damit vordergründig die Wiederaufnahme
der geheimen Jump-Street-Operation, in deren Rahmen die Drogenszenen
an Amerikas High Schools observiert wurden. "It's always worse
the second time around", fährt Hardy fort und gibt seinen
Wachtmeistern den Rat: "Do the same thing as last time and
everyone's happy". Es ist der Beginn eines veritablen
Sperrfeuers von Sequel-Anspielungen, welches sich den ganzen, mit
Gags – nicht nur gelungenen – gespickten Film hindurch entlädt.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Jump-Street-Boss Dickson (Rapper
Ice Cube mit einer fantastischen komödiantischen Tour de force) hat
gegenüber von "21 Jump Street" – die Adresse lautet,
sinnigerweise, "22 Jump Street", derweil sich Nummer 23
gleich nebenan im Bau befindet – ein neues, geheimes Hauptquartier
eingerichtet, von wo aus Schmidt und Jenko verdeckt nach einer neuen
Droge ermitteln sollen – als College-Studenten. Während Ersterer
unter dem Namen Doug McQuaid unter Kunststudenten neue Freunde
findet, entdeckt Letzterer als Brad McQuaid die Freuden des
feucht-fröhlichen Fraternity-Lebens. Noch ahnen beide nicht, dass
hinter den Kulissen ein nostalgieseliger Drogenhändler (Peter
Stormare) den grossen Coup plant.
Eine Analyse von 22 Jump Street, welche über das Aufzählen
der besten Witze hinausgeht, ist an sich vergebliche Liebesmüh. Der
unvollkommene, an gewissen Stellen zu sehr auf unangenehme Dialogen,
verschmitzte Geschmacklosigkeiten und das Vorantreiben seiner
Subplots fixierte, aber durchgehend überaus unterhaltsame Film lebt
von grossen Einzelmomenten: Ice Cube, der eine Buffet-Einrichtung
einschliesslich dekorativer Topfpflanze malträtiert; Channing Tatums
exorbitanter Lachanfall; die im Stile der Benny Hill Show
ablaufende Verfolgungsjagd, welche Schmidt und Jenko am "Benjamin
Hill Center for Film Studies" vorbeiführt; der famose Abspann,
in dem die ganze Franchise mitsamt Merchandising und
Schauspieler-Vertragskonflikten bis 43 Jump Street durchgespielt
wird; Captain Dicksons selbstreflexiver Hinweis darauf, dass dem
Jump-Street-Programm "das Budget ausgegangen ist" ("We
had that expensive chase at the beginning"), woraufhin –
Adaptation lässt grüssen – sich die Qualität der
Spezialeffekte im letzten Akt plötzlich merklich verschlechtert.
Dieser Film, dessen Selbstironie seine wohl grösste Qualität ist,
macht Spass.
★★★
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen