Donnerstag, 14. August 2014

Dawn of the Planet of the Apes

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat. 

Als 20th Century Fox ein Prequel zur Science-Fiction-Kultreihe Planet of the Apes ankündigte, galt ein Fehlschlag als vorprogrammiert. Der Film begeisterte dann aber in fast allen Belangen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen für die Fortsetzung. Diese werden von Dawn of the Planet of the Apes bravourös erfüllt. 

Zehn Jahre sind vergangen, seit sich Dr. Will Rodman (James Franco) in Rise of the Planet of the Apes (2011) vom hochintelligenten – und sprechbegabten – Schimpansen Caesar (CGI-Motion-Capture-Virtuose Andy Serkis), den er einst aufgezogen hatte, verabschiedete. Nach einer wilden Jagd durch San Francisco, welche auf der Golden Gate Bridge ihren spektakulären Höhepunkt erreichte, führte Caesar Dutzende von anderen Primaten in die nahe gelegenen Wälder in die Freiheit. Der Medikamenten-Prototyp, der den Intellekt von Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Bonobos drastisch steigert, hat unter den Menschen inzwischen eine verheerende Pandemie ausgelöst, die über die Jahre mehr als eine Milliarde Todesopfer forderte und so den Untergang der Zivilisation eingeläutet hat. Während sich die Menschheit entweder in anarchischen Verhältnissen gegenseitig zerfleischt oder in kleinen Gruppen um die Aufrechterhaltung einer Art Ordnung bemüht, floriert im Muir-Nationalpark bei San Francisco Caesars Affen-Kolonie.

Diese Umkehr der Machtverhältnisse demonstrieren denn auch die beeindruckenden Anfangsminuten von Matt Reeves' Dawn of the Planet of the Apes (der Cloverfield-Regisseur trat die Nachfolge von Rupert Wyatt an). In einer wohl an den "Dawn of Man"-Prolog in Kubricks 2001: A Space Odyssey angelehnten Sequenz wird zur stimmungsvollen Musik von Michael Giacchino (Star Trek, Up) – der, wie Alexandre Desplat in Godzilla, an einem Punkt sogar auf György Ligetis sphärisches Monolith-Thema von 2001 zurückgreift – die knospende äffische Kultur gezeigt: Caesar bläst zur Hirschjagd, Affen zu Pferde durchstreifen das Gehölz, Orang-Utan Maurice (Karin Konoval) unterrichtet die Jugend der Kolonie, in per Zeichensprache geführten Ratssitzungen wird über die Geschicke der Gesellschaft bestimmt. Diese Szenen, von deren spartanischem Stil sich der Film niemals allzu weit entfernt, fordern in ihrer Wortlosigkeit, ihrer faszinierenden Kargheit die Vorurteile über die ästhetischen Grenzen von Hollywoods Popcorn-Blockbuster heraus.


Während die Menschheit dahinsiecht, führt Schimpanse Caesar (Andy Serkis) eine schlagkräftige Kolonie hochintelligenter Affen an.
© 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation
Daran ändert auch der Auftritt der Menschen, welche in Caesars Territorium einen Staudamm wieder in Betrieb nehmen wollen, nicht viel; anders als noch in Wyatts Vorgänger, spielen die ausnahmslos verblüffend lebensecht animierten Affen hier nicht mehr nur de facto, sondern explizit die Hauptrolle – ein würdevoller Ersatz für den wuchtigen Überraschungseffekt, der sich nach Rise nur schwer duplizieren liess. Der einmal mehr famos aufspielende Andy Serkis führt die Cast-Liste an; sein Konflikt mit dem Menschen hassenden, von seiner Labor-Vergangenheit traumatisierten Bonobo Koba (Toby Kebbell) ist demjenigen zwischen dem auf Frieden mit der Muir-Kolonie bedachten Malcolm (Jason Clarke) und seinem Vorgesetzten (Gary Oldman), der sich – die Golfkriege lassen grüssen – im Angesicht einer Energiekrise kriegerischer Mittel bedienen will, eindeutig übergeordnet.

Thematisch verfolgt Dawn Motive wie Rassismus, die arrogante Achtlosigkeit, mit der die Menschheit ihrer Umwelt begegnet, sowie politische Intrige, was besonders in der zweiten Hälfte George Orwells Animal Farm aufzugreifen scheint. Verpackt ist dies in einen hervorragend bebilderten Film voller kraftvoller, postapokalyptisch angehauchter Einstellungen – ein Affe erklimmt eine Fahnenstange, während unter ihm unterjochte Menschenmassen vorbeiziehen –, der es wagt, sein Publikum intellektuell wie emotional herauszufordern. 

★★★★

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