Gut zehn Jahre, nachdem Musiker wie Ray Charles oder Johnny Cash auf gleiche Weise filmisch verewigt wurden, erweist Regisseur Tate Taylor der 2006 verstorbenen Funk-Soul-Legende James Brown dieselbe Ehre. Get on Up liefert ansprechende Unterhaltung im routinierten, gestandenen Biopic-Format.
Als der 17-jährige, frisch inhaftierte James Brown, gespielt von Chadwick Boseman (welcher im vergangenen Jahr als Baseballspieler Jackie Robinson in 42 schon Erfahrung in der Rolle einer Bürgerrechtsikone sammeln konnte) nach einem Gefängnisaufruhr seine Auffassung von musikalischer Leidenschaft mit dem Gospel-Musiker Bobby Byrd (Nelsan Ellis), seinem späteren besten Freund, teilt, fällt der Satz: "You gotta fill the song with somethin', or it won't move nobody!" Er, der über Gospel und R 'n' B quasi eigenhändig den Funk erfand, verdientermassen zum "Godfather of Soul" stilisiert wurde und mit seinem unvergleichlichen Stil den Grundstein für Motown-Sound und schwarzen Hip-Hop legte, erfährt in Get on Up eine enzyklopädische biografische Behandlung, die, trotz erratisch-assoziativem Schnitt quer durch die Jahrzehnte, nach dem von Filmen wie Ray oder Walk the Line vorgegebenen (und von Jobs eben nur scheinbar unwiderruflich zerstörten) Biopic-Schema folgt. Tate Taylor (The Help) pflügt durch die wichtigen Stationen von Browns Vita – die ärmliche Kindheit in Mississippi und Georgia, seine vagabundenhaften Jugendjahre im rassistischen Süden, sein Einstieg ins Musikgeschäft, Werde- und Niedergang sowie die schlussendliche Erlösung – ohne jemals zwingend zu fesseln, zu "bewegen".
Das Publikum erhält lediglich kurze Einblicke in die
soziokulturelle Bedeutung dieser überlebensgrossen Persönlichkeit, welche der
Nachwelt unauslöschliche Hits wie "I Got You (I Feel Good)", "Please, Please,
Please", "I Got the Feelin'" oder "Get Up (I Feel Like Being a) Sex Machine"
hinterlassen hat: In Zusammenarbeit mit Manager Ben Bart (Dan Aykroyd in guter
Form) und Produzent Syd Nathan (Fred Melamed – eine blosse Karikatur) erstritt
er sich inmitten der turbulenten Sechzigerjahre geschäftliche Autonomie; am Tag
nach der Ermordung Martin Luther Kings spielte er ein im Fernsehen übertragenes
Konzert in Boston, wobei er praktisch im Alleingang einen Publikumskrawall –
und mit ihm wohl dutzende weitere im ganzen Land – abwenden konnte, indem er an
die Vernunft der schwarzen Bevölkerung appellierte. Eine der letzten Szenen des
Films zeigt Brown und Byrd im Gespräch, während Byrds Swimming Pool für den
Winter vorbereitet wird: "We've come a long way", sagt Brown, "white folks
cleanin' our pool".
"I Got the Feelin'": Mit seinen Innovationen in Gospel und R 'n' B wird James Brown (Chadwick Boseman) zum legendären "Godfather of Soul". © Universal Pictures Switzerland |
Was dominiert, ist Browns Persona – seine nicht selten die
Bandmitglieder überfordernde Spontaneität, seine unbändige Energie, die Boseman
eindrücklich wiederzugeben weiss, sein gespaltenes Verhältnis zu den Frauen in
seinem Leben, inklusive seiner Mutter (Viola Davis), sein Hang zu Tyrannei und
Egomanie; je länger der Film, desto mehr häufen sich die Momente, in denen er
von sich selber in der dritten Person spricht. Das alles mag untrennbar mit
Brown verbunden sein, doch da Taylor den Fokus überwiegend auf derart alt
bekannte Muster legt – Cash und Charles wurden in ihren jeweiligen Biopics mit
ähnlichen Problemen konfrontiert –, greift der Film niemals tiefer als es
solider Boulevardjournalismus zu tun pflegt.
Doch Get on Up wartet
grosszügig mit mitreissend inszenierten Musikszenen, bisweilen zumindest
ansatzweise anregenden Nebenfiguren – Höhepunkt: Brandon Mychal Smith als
Little Richard – und äusserst wirkungsvollen Setdesigns auf, um mühelos zu
unterhalten. Dass der Film 140 Minuten dauert, ist dank seines flotten
Erzählrhythmus kaum zu bemerken. Der Godfather of Soul hätte wahrlich Besseres
verdient, doch gegen diese kurzweilige Reise durch die amerikanischen
Nachrkiegsjahrzehnte hätte wohl auch er nichts einzuwenden gehabt.
★★★
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