Freizeit findet in diesem Paris nicht statt. Samba zeigt Menschen, die in Asylzentren arbeiten, in Friseursalons, Müllverarbeitungsanlagen, Anwaltskanzleien, Callcentern, Kiosken, Handyläden, Hotels und Restaurants. Wer nicht arbeitet, will arbeiten: Man steht Schlange vor der Temporär-Jobvermittlung; man wartet am Ufer der Seine auf Handwerker auf der Suche nach Schwarzarbeiter-Gehilfen; man versucht, sein Burnout so schnell wie möglich zu überwinden. Passanten, Bus- und Metropassagiere befinden sich entweder auf dem Weg von oder zur Arbeit; wer keinen Job hat – wie der Protagonist Samba Cissé (Omar Sy), der nach zehn Jahren illegalem Aufenthalt in Frankreich aufgegriffen und zum heimlichen Geldverdienen verdonnert wird –, fährt in Anzug und Krawatte und mit Aktenkoffer in der Hand die ÖV-Linien rauf und runter, um wenigstens den Anschein zu erwecken, man sei beschäftigt.
Samba, obschon auch er wie Intouchables Züge eines modernen Märchens trägt, wirkt realitätsnäher als sein faktenbasierter Vorgänger; die pointierte Einbettung in Zeit und Ort scheint ebenso wichtig zu sein wie der Verlauf der Erzählung selber. Gesellschaftsbild und -kritik werden, ganz nach gallischer Tradition, in die Handlung einer Tragikomödie integriert.
Im Zentrum des Films steht der Senegalese Samba, dessen Leben aufgrund seiner Verhaftung, kurz vor Abschluss seiner Kochlehre, abrupt durcheinander gebracht wird. Als zur Ausreise Aufgeforderter versucht er fortan mit Hilfe des gesprächigen Sans-Papiers Wilson (Tahar Rahim), der sich von einer Depression erholenden Sozialarbeiterin Alice (Charlotte Gainsbourg) sowie deren Kolleginnen (Izïa Higelin, Hélène Vincent, Jacqueline Jehanneuf) seinen Alltag zu meistern.
Zusammen mit
dem geselligen Wilson (Tahar Rahim, links) sucht der zur Ausreise
aufgeforderte Samba (Omar Sy) in Paris nach Arbeit. © Frenetic Films |
Das assoziative Konstrukt funktioniert dann am besten, wenn
Toledano und Nakache die Plot-Elemente ruhen lassen und sich auf die tägliche
Routine der Immigranten Samba und Wilson konzentrieren. In diesen Szenen
entsteht ein bestechend lebendiges Bild des multikulturellen Paris, welches
gänzlich abseits xenophobischer Massendemonstrationen und
Front-National-Parolen zu existieren scheint. Samba porträtiert Leute,
welche ihren unentbehrlichen Teil zum Funktionieren der urbanen Maschinerie
beitragen – welche nicht parallel zu, sondern mitten in der Gesellschaft leben.
Selbst Papierlose können der französischen Bürokratie nicht entfliehen; ihre
Tage drehen sich um Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen, um Flüchtlings- und
Illegalen-Ausweise, mit denen unter der Hand so freizügig gehandelt wird, dass
manch einer seinen eigenen Namen schon längst gegen ständig wechselnde
Pseudonyme eingetauscht hat. Es ist ein paradoxes System, dessen Subjekte sich
im bizarren Limbo zwischen Existenz und Non-Existenz befinden.
Diese Realität mit Komik zu vermitteln, ist ein heikles Unterfangen, und streckenweise wirken die komödiantischen Einschläge, wie auch die romantischen Ansätze, ein wenig forciert. Doch letzten Endes weiss Samba dank überzeugender Darbietungen – insbesondere vom wunderbar harmonierenden Duo Sy und Rahim – und hervorragend realisierter, dreidimensionaler Figuren zu gefallen. Die einzelnen Elemente greifen nicht ganz so nahtlos ineinander wie in Intouchables; dafür erweisen sich Toledano und Nakache hier als noch konkretere, schärfere Chronisten der zeitgenössischen Grande-Nation-Metropole.
★★★★
Diese Realität mit Komik zu vermitteln, ist ein heikles Unterfangen, und streckenweise wirken die komödiantischen Einschläge, wie auch die romantischen Ansätze, ein wenig forciert. Doch letzten Endes weiss Samba dank überzeugender Darbietungen – insbesondere vom wunderbar harmonierenden Duo Sy und Rahim – und hervorragend realisierter, dreidimensionaler Figuren zu gefallen. Die einzelnen Elemente greifen nicht ganz so nahtlos ineinander wie in Intouchables; dafür erweisen sich Toledano und Nakache hier als noch konkretere, schärfere Chronisten der zeitgenössischen Grande-Nation-Metropole.
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