Mit Une nouvelle amie, der Verfilmung einer Ruth-Rendell-Kurzgeschichte um Freundschaft, Transvestitismus und gesellschaftliche Normen, erteilt der gefeierte Regisseur von 8 femmes, Swimming Pool und Potiche dem heteronormativen Spiessbürgertum einmal mehr eine süffisant-provokante Absage.
Dem Franzosen François Ozon seine unübersehbare Affinität zu den erzählerischen Konventionen des klassischen Hollywood-Melodramas zum Vorwurf machen zu wollen, käme dem Versuch gleich, Woody Allen dafür zu kritisieren, dass in seinen Filmen zu oft neurotische New Yorker Intellektuelle im Mittelpunkt stehen. Ozon liebt die gross geschriebene Emotionalität, die dramatische Intrige, das Anziehen der psychologischen Schraube, den unwahrscheinlichen Zufall, der das Leben seiner Figuren für immer verändert. In Werken wie 8 femmes, Dans la maison und Jeune & Jolie ist der Einfluss von Classic-Hollywood-Genre-Giganten wie Wyler, Hitchcock und Sirk mindestens ebenso spürbar wie derjenige europäischer Provokateure Buñuel, Antonioni, Fassbinder und Almodóvar, mit denen der 47-jährige Ozon immer wieder gerne verglichen wird.
Auch Une nouvelle amie ist geprägt von emotionaler Überhöhung, expressiver Musikuntermalung und einem Plot, der wiederholt den Realismus der zweckdienlichen Wendung unterordnet; derweil dem allzu sauberen Ende sowohl die konkrete logische Herleitung als auch die dramatische Notwendigkeit fehlt. Doch auch wenn der Film der narrativen Finesse eines Dans la maison oder der radikalen Subversion eines Jeune & Jolie letztlich nicht das Wasser reichen kann, überzeugt Ozons Adaption von Ruth Rendells Erzählung The New Girlfriend aus dem Jahr 1985 dennoch als hintersinnig-geschmackvolles Porträt der Existenz abseits der gesellschaftlichen Mitte. Die Figuren entstammen der Haute Bourgeoisie, einem semifiktiven Frankreich der Landsitze und der amerikanisch anmutenden Suburbia-Paläste. In diesem Umfeld sind Laura (Isild Le Besco) und Claire (Anaïs Demoustier) in den Achtziger- und Neunzigerjahren aufgewachsen; beste Freundinnen sind sie bis heute geblieben. Nachdem Laura aber einer nicht näher definierten Krankheit erliegt, wird Claire von tiefer Schwermut erfasst. Unterstützt von ihrem Mann (Raphaël Personnaz), sucht sie deswegen den Kontakt zu Lauras Witwer David (Romain Duris), den sie während eines Besuchs dabei ertappt, wie er in Frauenkleidern seine wenige Monate alte Tochter in den Schlaf wiegt. David gesteht ihr, ein Transvestit zu sein – ein Geheimnis, das von ihm und Laura jahrelang gehütet wurde.
Claire (Anaïs Demoustier) freundet sich mit David (Romain Duris), dem Witwer ihrer besten Freundin, an. Doch er hat ein Geheimnis: Er ist ein Transvestit. © filmcoopi |
★★★★
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