Sonntag, 31. Januar 2016

Anomalisa

Das ohnehin schon exzentrische Universum des Autors Charlie Kaufman wird um eine Kuriosität erweitert: Auf beklemmende Halbetagen und eine Reise ins Bewusstsein eines realen Hollywood-Schauspielers (Being John Malkovich), einen Bruderzwist zwischen Kaufman und seinem fiktiven Zwilling Donald (Adaptation), eine Romanze über das Vergessen (Eternal Sunshine of the Spotless Mind) und ein allzu lebensechtes Theaterprojekt (Synecdoche, New York) folgt das animierte Drama Anomalisa.

Auf den ersten Blick wirkt Kaufmans zweite Regiearbeit (nach Synecdoche) – sein erstes Experiment mit Animation – im Vergleich zu seinen anderen Filmen geradezu überschaubar. Ja, die grau-braun dominierte Farbpalette hat etwas Bedrückendes an sich, und an die an Crashtest-Puppen erinnernden Stop-Motion-Figuren mit den Furchen neben den Augen muss man sich erst gewöhnen. Doch im Grunde wird hier eine relativ alltägliche Geschichte erzählt: Der Kundendienst-Experte Michael (hervorragend gesprochen von David Thewlis) soll auf einer Konferenz in Cincinnati eine Rede halten. Am Abend zuvor trifft er in seinem Hotel die schüchterne Lisa (ebenfalls grossartig: Jennifer Jason Leigh), von der er zutiefst fasziniert ist.

Dass in dieser Welt aber etwas nicht stimmt, wird nicht erst dann klar, als Kaufman und Co-Regisseur Duke Johnson ihre Hauptfigur sich mit ihrer eigenen Materialität – dem entnehmbaren unteren Teil des Puppen-Gesichts – auseinandersetzen lassen. Schon nach Michaels ersten paar Gesprächen mit anderen Leuten wird klar: Anomalisa hat nur drei Sprecher – Thewlis, Leigh und Tom Noonan, dessen Rollenbeschrieb ("Everyone else") treffender nicht sein könnte. Ausser Michael und Lisa haben nicht nur alle Charaktere das gleiche austauschbare Gesicht: Taxifahrer, Rezeptionisten, Pagen, Kellnerinnen, sogar Michaels Ehefrau und Sohn sprechen in derselben monotonen Männerstimme.

Ein paar Kritiker werfen dem Film vor, er stelle dadurch eine elitär-abgehobene Abschätzung der Probleme des "gemeinen Volkes" dar, sozusagen ein gönnerhaftes Bemitleiden von oben herab. Während man Kaufmans Perspektive zwar durchaus als privilegiert lesen kann – seine Skripte drehen sich fast ausschliesslich um gebildete, finanziell gut situierte Vertreter der weissen amerikanischen Mittelklasse –, greift dieses negative Urteil dennoch viel zu kurz.

Der gelangweilte Michael (Stimme: David Thewlis) lernt in einem Hotel in Cincinnati die einzigartige Lisa (Jennifer Jason Leigh) kennen.
© Universal Pictures International Switzerland
Michael, für den das Leben zu einer frustrierenden Abfolge des ewig Gleichen geworden ist, wirkt weniger wie ein Jedermann, der stellvertretend für bourgeoisen Ennui stehen soll, sondern mehr wie jemand, der an Depressionen leidet. Seine Mitmenschen sind ihm fremd geworden, sein Leben eine graue Routine; jeder Funke von Abwechslung – Lisa, die "Anomalie" – nimmt die Gestalt einer grossen Hoffnung an, nur um wenig später wieder von der Tristesse des Alltags eingeholt zu werden.

Kaufman und Johnson tragen die Entwicklung dieser ebenso simplen wie tief traurigen Erkenntnis mit einer überaus gelungenen Mischung aus trockener Lakonie und emotional ehrlicher Menschlichkeit vor. In knappen 80 Minuten, die sicherstellen, dass der Film auf seiner Botschaft nicht unnötig herumreitet, wird eine aussergewöhnliche Miniatur entworfen, die, ausgestattet mit Kaufmans schlichtweg brillanten Dialogen, zu gleichen Teilen amüsiert, fasziniert und erschüttert.

★★★★

Montag, 25. Januar 2016

Creed

Wie führt man eine Sportfilm-Franchise weiter, deren Star fast 70 Jahre alt ist? Im siebten Eintrag in die Rocky-Reihe lautet das Rezept: Alles auf Anfang. Box-Weltmeister Rocky Balboa (Sylvester Stallone) hängt die Handschuhe endgültig an den Nagel, um sich als Mentor neuen Herausforderungen zu stellen.

Sein Schützling ist nicht irgendjemand: Sein Name ist Adonis Creed (Michael B. Jordan) und er ist der uneheliche Sohn d legendären Championss Apollo Creed (Carl Weathers) – Rockys Freund und erstem grossen Gegner, der in Rocky IV (1985) tragisch im Ring zu Tode kam. Glücklich ist Adonis, genannt Donnie, mit dem Ruhm seines Vaters allerdings nicht: Die Villa, die er mit Apollos Witwe Mary Anne (Phylicia Rashād) bewohnt, fühlt sich für ihn fremd an; wenn er an Wochenenden in Tijuana in den Ring steigt, kämpft er unter dem Namen Johnson.

Schliesslich zieht es ihn, wie die Franchise selbst, zurück zu den Wurzeln des Erfolgs – und der liegt, unüblich für das amerikanische Kino, nicht im sonnendurchfluteten Westen, sondern im grauen, wirtschaftlich angeschlagenen Osten. Donnie lässt seine kalifornische Heimat hinter sich und quartiert sich in Philadelphia in einer bescheidenen Einzimmer-Wohnung ein – mit dem Ziel, sich von Rocky Balboa trainieren zu lassen.

Inszeniert wurde Creed von Ryan Coogler, dem 29-Jährigen, der sich 2013 mit seinem Regiedebüt Fruitvale Station scheinbar in Stellung brachte, das Erbe des vorübergehend etwas in Vergessenheit geratenen Spike Lee anzutreten. Dieser hat sich seither allerdings mit der Aristophanes-Adaption Chi-Raq furios zurückgemeldet. Doch selbst wenn hier weder Polizeibrutalität noch institutioneller Rassismus eine Rolle spielen, ist Cooglers Zweitwerk dennoch ein selbstständiger, nicht zu unterschätzendes Beitrag zum zeitgenössischen afroamerikanischen Filmkanon.

Nicht nur wird hier in erster Linie eine schwarze Familiengeschichte erzählt, die sich um Donnie, seine Nachbarin Bianca (die hervorragende Tessa Thompson), in die er sich verliebt, Mary Anne und den langen Schatten Apollos dreht. Auch Donnies Beziehung zum gealterten Rocky ist nicht ohne symbolische Note: Der altehrwürdige Italoamerikaner reicht mit seinem Wissen auch die Hauptrolle seiner ikonischen Franchise an den jungen schwarzen Boxer weiter, den Coogler und Co-Autor Aaron Covington im Gegenzug einige berühmte Momente aus der Rocky-Historie neu auslegen lassen. Allein die Szene, in der Donnie durch die Strassen von Philadelphia joggt, angefeuert von einer schwarzen Biker-Gruppe, musikalisch begleitet von einem Mix aus Rap und dem Rocky-Hauptthema, hat das Potenzial, ihrerseits Ikonenstatus zu erlangen.

Zurück in den Ring: Rocky Balboa (Sylvester Stallone) trainiert den aufstrebenden Boxer Adonis Creed (Michael B. Jordan).
© 2015 Warner Bros. Ent.
Womöglich bedeutet Creed mehr als er letztendlich ist. Das kann auch damit zusammenhängen, dass der Film einen Balanceakt vollführen muss, bei dem sowohl der neue als auch der alte Titelheld zu ihrem jeweiligen Recht kommen – Creed Junior will eingeführt, Balboa Senior auf die ihm zustehende Ehrenrunde geschickt werden. Figurentechnisch funktioniert das gut, nicht zuletzt dank zweier ausgezeichneter Darbietungen, die sich ideal ergänzen: Während Jordan den jugendlichen Eifer, durchsetzt von Unsicherheit und Aggression, einbringt, glänzt Stallone mit der vielleicht besten Leistung seiner Karriere, die gerade in ihren leisen Momenten begeistert und in die er, so scheint es, die ganze Melancholie einer nicht optimal verlaufenen Hollywood-Laufbahn hineinsteckt.

Erzählerisch besteht somit nicht viel Spielraum, um aus den vorgefertigten Mustern auszubrechen. Zwar bleibt der Film der anregend antiklimaktischen Rocky-Tradition treu, dass der persönliche Sieg mehr wert ist als der offizielle, doch unterscheidet er sich letztlich nur geringfügig von vergleichbaren Werken wie etwa Antoine Fuquas Southpaw. Da jedoch die Formel – das hat auch Southpaw gezeigt – nach wie vor zu mitreissenden Filmen verarbeitet werden kann, ist es schwer, Creed seinen engen Bezug zum eigenen Genre nachzutragen. Nach fünf zunehmend zweifelhaften Fortsetzungen hat es Rocky dank Ryan Coogler geschafft, sich auf den Olymp des Boxkinos zurückzukämpfen.

★★★★

Sonntag, 24. Januar 2016

The Revenant

© 2015 Warner Bros. Ent.

★★★

"In the moment, I did enjoy The Revenant, as much as it can be "enjoyed". The imagery truly is a stunning work of art; the cast does a fine job at humanising the often underwritten characters; and Iñárritu is an accomplished enough director to paper over the cracks visible in the scenario. But there is something seriously wrong with the way in which the depiction of grisliness is seemingly viewed as a means to an end here."

Ganze Kritik auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Donnerstag, 21. Januar 2016

The Peanuts Movie

"Dear Friends. I have been fortunate to draw Charlie Brown and his friends for almost 50 years. It has been the fulfillment of my childhood ambition. Unfortunately, I am no longer able to maintain the schedule demanded by a daily comic strip, therefore I am announcing my retirement. I have been grateful over the years for the loyalty of our editors and the wonderful support and love expressed to me by fans of the comic strip. Charlie Brown, Snoopy, Linus, Lucy…how can I ever forget them…."

So lautete die Botschaft, die Peanuts-Schöpfer Charles M. Schulz in seinem letzten originalen Tages-Strip, erschienen am 3. Januar 2000, an seine Leser richtete. Fünf Wochen später starb er an Krebs, im Alter von 77 Jahren. Eine Ikone der amerikanischen Nachkriegs-Popkultur verabschiedete sich – zurück blieben fast 18'000 Comics, vier Filme und 38 TV-Specials, allesamt entstanden unter der kreativen Aufsicht des 2008 verstorbenen Animators Bill Melendez.

Unmöglich also, diesem wohl einzigartigen Phänomen unvoreingenommen entgegenzutreten – sowohl als Zuschauer als auch als Produzent. Dessen waren sich die Schulz-Nachfahren Craig und Bryan, die zusammen mit Cornelius Uliano das Drehbuch verfassten, sowie Regisseur Steve Martino (Horton Hears a Who!, Ice Age: Continental Drift) augenscheinlich bewusst: The Peanuts Movie – der erste Peanuts-Langspielfilm seit Bon Voyage, Charlie Brown (and Don't Come Back!!) aus dem Jahr 1980 – ist in erster Linie grosszügig budgetierte Denkmalpflege.

Das ist nichts Neues im filmischen Peanuts-Universum, wo die Missgeschicke von Charlie Brown gerne als nostalgische, einfach zu vermarktende Hommage an eine unbeschwerte Kindheit inszeniert werden. Dass dies eigentlich am Kern des Comics vorbei zielt, ging im Laufe der Boom-Jahre, welche die Franchise spätestens ab den späten Sechzigerjahren erlebte, ein wenig vergessen. Schulz, wie etwa eine Astrid Lindgren, wurde in gewisser Hinsicht zum Opfer des eigenen Erfolgs: So wie sich Lindgren plötzlich in der Rolle der schwedischen "Grossmutter der Nation" wiederfand, wurde Schulz von seinem ihm treu ergebenen Publikum – in den besten Absichten – zum ungekrönten Meister der unschuldigen Americana erhoben.

Charlie Brown (Stimme: Noah Schnapp) will das kleine rothaarige Mädchen beeindrucken, braucht von seinem Hund Snoopy aber jede Menge Hilfe.
© 2014 Twentieth Century Fox Film Corporation
Keine Frage, dieser Aspekt ist präsent in seinem Werk, weshalb es auch nichts als legitim ist, ihn in filmischer Form hervorzuheben. Melendez' Arbeit hat zu Recht Klassiker-Status erlangt; und auch Martinos Film dürfte mit seiner einfachen Geschichte, in welcher der glücklose Charlie Brown (Stimme: Noah Schnapp) mit Hilfe seines treuen Hundes Snoopy wieder einmal um die Gunst des "kleinen rothaarigen Mädchens" (Francesca Angelucci Capaldi) kämpft, und seiner charmant simplen CGI-Animation das Herz jedes eingefleischten Peanuts-Fans erwärmen.

Doch Schulz war auch immer mehr als das, wofür er vom Mainstream verehrt wurde. Seine Kinder-Figuren waren nicht – oder zumindest nicht immer – dazu da, der unschuldigen Romantik der Kindheit zu huldigen. Vielmehr dienten sie nicht selten als Zerrspiegel, in dem erwachsene Zeitungleser sich selbst, ihre Alltagsfrustrationen, ihr Hadern mit den Fährnissen des Lebens wieder erkannten. Gerade in den frühen Jahren des Strips war Charlie Brown ein durch und durch tragischer Antiheld, der oft grundlos dem Hohn seiner sogenannten Freunde ausgesetzt war. Sein erster Auftritt, im Peanuts-Debütstrip vom 2. Oktober 1950, endete mit der Pointe "Good ol' Charlie Brown… How I hate him!". Unter den lustigen Anekdoten über Drachen fressende Bäume, weggezogene Footballs, ewig fallierende Baseball-Mannschaften und einen Hund, der beliebter ist als Charlie selbst, verbargen sich stets düstere Motive wie menschliche Grausamkeit, Fatalismus, Depression und Lebensüberdruss. Wer Peanuts liest, sollte nicht vergessen, dass Schulz einen Fanbrief einmal mit der Zeichnung einer seiner Figuren beantwortete, in deren Kopf eine Axt steckte.

Diese Dimension von Schulz' Schaffen ist letztlich das Primat des gedruckten Comics geblieben, während Melendez, wohl auch unter dem Eindruck des öffentlichen Rufs des Quellenmaterials, vor allem die harmonischere Seite der Peanuts virtuos in Szene setzte. Martino bewegt sich eindeutig in dieser Tradition: The Peanuts Movie ist bunt und unterhaltsam; die häufig tiefenlos gezeichneten Schauplätze von Schulz und Melendez wurden vom Kreativteam in eine idyllische Vorstadt-Nachbarschaft verwandelt.

Wenn Charlie Brown alleine zurecht kommt, schlüpft Snoopy in die Rolle eines Fliegerasses aus dem Ersten Weltkrieg.
© 2014 Twentieth Century Fox Film Corporation
In episodischen, kurzweiligen 88 Minuten – eine Standard-Laufzeit, die vor allem dank einer Reihe allzu ausgedehnter Szenen, in denen Snoopys Weltkriegs-Alter-Ego Jagd auf den Roten Baron macht, erreicht wird – berufen sich Martino, Uliano, Schulz und Schulz auf den bestehenden Peanuts-Kanon und konfrontieren Charlie Brown und Snoopy mit Slapstick-Komik und Situationen, welche der Franchisen-Tradition durchaus gerecht werden. Charlie versucht sich bei einer Schul-Talentshow als Magier; um das kleine rothaarige Mädchen zu beeindrucken, lernt er tanzen; eine Prüfung hat einen für ihn höchst überraschenden Ausgang – derweil Snoopy auf spektakuläre Weise seinen Eistanz aus dem legendären A Charlie Brown Christmas (1965) neu auflegt.

The Peanuts Movie ist es gelungen, den Charme von Schulz' Kreation neu aufleben zu lassen. Gerade die optimistische Moral – dass es sich lohnt, ein guter Mensch wie Charlie Brown zu sein – entspricht ganz dem grundsätzlich humanistischen Geist der Peanuts. Und auch wenn der Film niemals die existenzielle Tiefe erreicht, die Schulz dieser Philosophie abgewinnen konnte – die ernüchternd realistische Erkenntnis, dass in aller Regel Undank eben doch der Welten Lohn ist –, so trägt er immerhin seinen Teil zur Erhaltung der Peanuts als aussergewöhnliches Kulturgut bei.

★★★

Dienstag, 19. Januar 2016

Brooklyn

© 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation

★★★★

"Ein grosser Teil des Reizes von Brooklyn fusst auf dem Fingerspitzengefühl, das sowohl Crowley als auch Hornby an den Tag legen. Auch wenn hier mit grossen Gefühlen jongliert wird, kippt das Ganze zu keinem Zeitpunkt ins Sentimentale oder Überfrachtete. Wie in den besten Dramen von Stephen Frears (Stichwort: Philomena) zeichnen sich Dialoge und Inszenierung durch subtile, wohl temperierte Eleganz aus – die emotionale Tiefe des Films liegt in Blicken, Pausen und ausgehaltenen Einstellungen."

Ganze Kritik auf Maximum Cinema (online einsehbar).

Mittwoch, 13. Januar 2016

Joy

Zum dritten, vielleicht sogar vierten, Mal in fünf Jahren bemüht David O. Russell die dysfunktionale Familie als Metapher für ein Amerika der Ungerechtigkeiten, Klassengräben und – nichtsdestotrotz – Möglichkeiten.

Joy (Jennifer Lawrence) – die Figur basiert auf der realen Unternehmerin Joy Mangano – ist eine kluge junge Frau, deren belastete Familienverhältnisse sie daran hindern, mittels einer College-Ausbildung ihre Zukunftschancen zu verbessern. Nach ihrer Scheidung von Joys Vater Rudy (Robert De Niro) verschanzt sich Mutter Terri (Virginia Madsen) in ihrem Zimmer und verfolgt tagein tagaus das Geschehen in ihrer Lieblings-Seifenoper; derweil Rudy mit Joys Halbschwester Peggy (Elisabeth Röhm) versucht, eine mässig erfolgreiche Autowerkstatt über Wasser zu halten. Anstatt ihre zahlreichen Ideen verwirklichen und ihre Haushalts-Erfindungen patentieren lassen zu können, bemüht sich Joy darum, die Manganos vor dem mentalen und finanziellen Ruin zu bewahren.

Doch die inzwischen geschiedene zweifache Mutter erhält unverhofft die Gelegenheit, sich als Geschäftsfrau zu beweisen, als Rudy sich in die reiche Witwe Trudy (Isabella Rossellini) verliebt, die zögernd bereit ist, Joys neueste Erfindung – einen selbstauswringenden Wischmopp aus Plastik – zu finanzieren. Doch der ohnehin schon steinige Weg zum Erfolg ist geprägt von Rückschlägen, hinterlistigen Geschäftspartnern und einer unablässig nörgelnden Familie.

Hitzige Auseinandersetzungen am Familientisch, die verzweifelte, nicht immer legal geführte Suche nach Ruhm und finanzieller Stabilität, der Glaube an den Amerikanischen Traum vor dem Hintergrund des Hyperkapitalismus zwischen Carter und Clinton – Russell macht in Joy da weiter, wo er vor zwei Jahren mit American Hustle aufgehört hat. Wie auch schon in The Fighter und Silver Linings Playbook wirbelt seine Kamera durch den Raum, den Figuren dicht auf den Fersen; sie bietet rasante Rundumblicke der Schauplätze, in denen der einmal mehr herausragend aufspielende Cast Dialoge austauscht, die in ihren besten Momenten daran erinnert, dass Screwball noch nicht tot ist.

Joy (Jennifer Lawrence) hat viele gute, potenziell lukrative Ideen, wird aber von ihrer zerrütteten Familie, darunter ihrem Vater Rudy (Robert De Niro), an deren Verwirklichung gehindert.
© 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation
The Fighter spielte Anfang der 1990er Jahre, American Hustle um 1980; Joy, der 1989 einsetzt, porträtiert parallel zum Aufstieg der Titelfigur den beginnenden Siegeszug von Shopping-Kanälen, 24-Stunden-Fernsehen und Selbstmarketing, der letztendlich in die YouTube-Kultur des 21. Jahrhunderts münden sollte. Seine Charaktere sind, wie so oft bei Russell, katholische Einwanderer der dritten oder vierten Generation, deren religiöser Eifer sich aufs durch und durch Weltliche verschoben hat – waren es in The Fighter der Boxsport und in Silver Linings Playbook die Football-Mannschaft Philadelphia Eagles, ist es hier nichts anderes als der selbst erwirtschaftete Reichtum.

Diesen populärhistorischen Blick auf die jüngere amerikanische Vergangenheit verwebt Russell mit einer flott vorgetragenen, an sich leicht verdaulichen Underdog-Geschichte, die, neben Jennifer Lawrences grossartiger Darbietung, besonders durch ihre streckenweise äusserst kuriose Inszenierung auffällt. Joy wirkt skizzenhafter und zugleich konzeptioneller als seine Vorgänger. Zeichneten sich The Fighter und Silver Linings Playbook noch durch ihren angedeuteten Sozialrealismus aus, scheint dieser Film den ironischen Hyperrealismus von American Hustle – mit seinen stilisierten Kostümen und überzeichneten Frisuren – weiterzuführen.

Die erste Szene zeigt eine durchzogen gespielte, ungeschnittene Seifenoperszene in Schwarzweiss, die wenig später auf Terris Bildschirm in einer sauber montierten Fassung zu sehen ist. Diverse Schauplätze wirken seltsam leer, wodurch Joy teils fast schon eine theaterhafte Aura erhält – ein Gefühl, das durch abrupte Rückblenden noch verstärkt wird. Obwohl der Bezug dieser gewollten Brüche zur erzählten Geschichte nie wirklich hergestellt wird, steht diese Experimentierfreude Russells Kino nicht schlecht zu Gesicht, gerade im Vergleich mit dem etwas allzu routiniert aufgezogenen American Hustle.

Mit Hilfe des Geschäftsmannes Neil Walker (Bradley Cooper) schafft es Joy, eine ihrer Erfindungen auf den Markt zu bringen.
© 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation
Auch die Fransen, die Russell und Co-Autorin Annie Mumolo (Bridesmaids) der Handlung zugestehen, wirken sich positiv auf den Gesamteindruck aus. Vignetten wie Terris Beziehung zum haitianischen Klempner Toussaint (Jimmy Jean-Louis), die Freundschaft zwischen Joy und ihrem Ex-Mann Tony (Édgar Ramírez) – der an einem Punkt gemeinsam mit Rudy in ihrem Keller wohnt – oder ihre utopische Rivalen-Kameradschaft mit dem Unternehmer Neil Walker (Bradley Cooper) verleihen dem Film eine sympathisch menschliche Dimension, die in vergleichbaren Produktionen nicht selten zu kurz kommt.

Doch nicht alles Ungewöhnliche vermag aufzugehen. Joys als Erzählerin abkommandierte Grossmutter Mimi wirkt trotz einer soliden Performance von Diane Ladd wie ein verschwendeter Kniff. Überhaupt bekundet Russell hier Mühe damit, seinen unkonventionellen Ideen die passende Rahmung zu geben. Bemerkbar macht sich dies vor allem in Form des letztlich enttäuschenden Drehbuchs – einem Bereich des Filmemachens, der eigentlich zu den Stärken dieses Regisseurs gehört. Zu oft sprechen hier Figuren darüber, wie sie sich gerade fühlen; zu unbeholfen wirken ihre gedanklichen Reisen in die Vergangenheit ("Remember that party where it all started?"). Das Bisschen Innovation in Joy geschieht auf Kosten von ein wenig Virtuosität.

★★★★

Donnerstag, 7. Januar 2016

The Big Short

Wenn J. C. Chandors Margin Call etwas bewiesen hat, dann dass dem Finanzkollaps von 2007/2008 mit einem geradlinigen Drama nur schwer beizukommen ist. Zu dicht ist das Gestrüpp von technokratischem Kauderwelsch, zu üppig sind die zahllosen Abkürzungen, zu vernetzt ist das ganze System, um sich auch nur ansatzweise einen Überblick zu verschaffen.

Entsprechend überrascht es wenig, dass Chandors oscarnominiertes Regiedebüt seit seinem Erscheinen 2011 praktisch in Vergessenheit geraten ist. Der Film war gut gemeint, elegant aufgezogen und versuchte sich in gewissen Momenten sogar an Satire. Doch bleibende Spuren hat er kaum hinterlassen.

Feuer, so scheint es, muss mit Feuer bekämpft werden – sprich: Der schieren Absurdität der Wall Street kann nur mit einer Groteske adäquat begegnet werden. Diesen Weg hat Adam McKay eingeschlagen, ein Regisseur, dessen Name man bislang ausschliesslich mit den Komödien des dahinsiechenden "Frat Packs" um Will Ferrell und Vince Vaughn in Verbindung brachte. Auf Talladega Nights, Step Brothers, The Other Guys sowie zwei Anchorman-Filme folgt mit The Big Short nun ein unverhoffter Oscarkandidat, der seinem Publikum mit Hilfe eines ausladend toupierten Star-Casts vorführen will, dass die beste Persiflage des amerikanischen Finanzsektors immer noch eben dieser ist.

Basierend auf dem gleichnamigen Non-Fiction-Buch von Michael Lewis, erzählt McKays Film vom Hedgefonds-Manager Michael Burry (Christian Bale), der im Jahr 2005 entdeckt, dass der US-Immobilienmarkt hauptsächlich auf maroden Hypotheken fusst, die das Potenzial haben, die ganze Wirtschaft zu Fall zu bringen. Burry, ganz der gewinnorientierte Turbo-Kapitalist, packt die Gelegenheit beim Schopf und wettet, sehr zum Ärger seiner Vorgesetzten, Unsummen auf den Kollaps der Immobilienbranche. Auch andere Wall-Street-Strategen orten die Fäulnis im Kern des amerikanischen Kapitalismus: Mark Baum (Steve Carell), Jared Vennett (Ryan Gosling) sowie die Jung-Broker Jamie Shipley (Finn Wittrock) und Charlie Geller (John Magaro), die mit dem desillusionierten Investor Ben Rickert (Brad Pitt) zusammenarbeiten, versuchen, aus der bevorstehenden Krise Profit zu schlagen.

Hedgefonds-Manager Michael Burry (Christian Bale) ahnt den Wall-Street-Crash schon im Jahr 2005 und versucht, dieses Wissen zum eigenen finanziellen Vorteil zu nutzen.
© Universal Pictures Switzerland
Drei Szenen in diesem Film brechen einem das Herz. Die erste liegt ungefähr in der Mitte des Films, als Mark Baums Mitarbeiter in einer beinahe leer stehenden Vorstadt-Siedlung in Florida mit eigenen Augen sehen wollen, in welch katastrophalem Zustand sich das Immobiliengeschäft befindet. An einer Haustür werden sie von einem beleibten Herrn im Unterhemd begrüsst, dem die Besucher nahe legen, er solle doch seinen Vermieter fragen, was es mit der Haus-Hypothek auf sich hat. "I'm always paying my rent", weiss der verdatterte Mieter nur zu antworten. Und: "Will I have to leave this house?"

Verstärkt wird der Effekt durch jenen Moment im dritten Akt, in dem Ben Rickert seinen jungen Schützlingen ins Gewissen redet. Im Laufe ihres Besuchs einer Broker-Tagung in Las Vegas wird klar, dass niemand der Anwesenden den bevorstehenden GAU auch nur ahnt, wodurch ihr Wettgewinn so gut wie gesichert ist – für Charlie und Jamie ein Grund zum Feiern. "People are gonna lose their houses", mahnt Ben jedoch. "Their savings, their pensions. Millions of people are gonna be out of a job". Durch die Gier, die Bequemlichkeit und – anders lässt es sich nicht sagen – die Dummheit der Reichsten wurden die Ärmsten in den Abgrund gestürzt; derweil die Verantwortlichen weiterhin ihre fetten Boni kassierten und als vorbildliche Verwirklicher des Amerikanischen Traums dargestellt wurden.

Auch der Investor Mark Baum (Steve Carell, 2.v.l.) bekommt Wind vom maroden Finanzsystem.
© Universal Pictures Switzerland
Zum vernichtenden Schlag setzt The Big Short in seinen letzten Minuten an. Per Voiceover wird über den grossen Crash reflektiert – über den Bailout und die verpasste Chance, die Banken aufzutrennen und den Verursachern der Rezession den Prozess zu machen. Alles blieb beim Alten: "The next time there's a recession, it will be the same people who will have been responsible. And the people will blame immigrants and poor people." Und siehe da, sieben Jahre nach dem Konkurs der Lehman Brothers: "It did happen, and the people blamed immigrants and poor people. Hell, they even blamed teachers this time."

Verbindet man diese Szenen miteinander, ergibt sich ein klares Bild davon, worauf Adam McKay hinaus will. The Big Short ist eine flammende Anklageschrift sowohl gegen das moralisch bankrotte kapitalistische System in den USA als auch gegen die von den Medien unterstützte Apathie der Bevölkerung. Die krummen Touren im Finanzsektor werden als staatstragende Geschäftstüchtigkeit verkauft, während die Forderung nach Mindestlöhnen und einem ausgebauten sozialen Sicherheitsnetz im öffentlichen Diskurs wahlweise mit Stalinismus oder ochlokratischer Faulheit gleichgesetzt wird. So ertappt der Film seine Zuschauer quasi auf frischer Tat: Die Jagd seiner ohnehin schon gut situierten Figuren nach noch mehr Gewinn bildet das dramaturgische Zentrum; das Publikum fiebert fast schon automatisch mit diesem Vorhaben mit, obwohl dies auf Kosten normaler Bürger geschieht.

Indem sie auf den Kollaps des Immobilienmarkts wetten, versprechen sich die Jung-Broker Jamie Shipley (Finn Wittrock, links) und Charlie Geller (John Magaro) den ganz grossen Zahltag.
© Universal Pictures Switzerland
Es sind diese Nadelstiche, die The Big Short zu einem kraftvollen Beitrag zum amerikanischen Post-Crash-Kino machen. Eingebettet sind sie in ein Ganzes, dem offenkundig daran gelegen ist, die eigene Realitätsnähe zu betonen, um damit die haarsträubende Absurdität der Finanzkrise zu unterstreichen. Nimmt der Film eine erzählerische Abkürzung, dann wird die vierte Wand gebrochen, um den Zuschauern mitzuteilen, dass dies so historisch nicht hundertprozentig akkurat sei; wirkt ein Ereignis allzu perfekt koordiniert, weist Erzähler Ryan Gosling darauf hin, dass sich dies tatsächlich so zugetragen habe. Die labyrinthische Welt der wirtschaftlichen Terminologie wird unablässig der Lächerlichkeit preisgegeben – etwa indem Gaststars wie Margot Robbie (nota bene bekannt dank The Wolf of Wall Street) oder Selena Gomez in narrativ isolierten Szenarien komplexe Konzepte praktisch veranschaulichen.

Das hitzige Chaos Wall Street wird von McKay – mit Ausnahme eines auffälligen Durchhängers im Mittelteil – in streckenweise fiebrigem Tempo in Szene gesetzt, würdig unterstützt von einem virtuosen Schnitt und der abgeklärten Kameraarbeit von Kriegsfilm-Experte Barry Ackroyd (The Hurt Locker). Das überwältigende Delirium von The Wolf of Wall Street vermag The Big Short zwar nicht heraufzubeschwören, doch genau wie Martin Scorseses exzessive Brachialsatire trifft McKay mit seinem feurigen Humor dorthin, wo es wehtut: Gier und Korruption überleben, weil wir, die Kinogänger, es nicht nur zulassen, sondern unbändig davon fasziniert sind.

★★★★

Mittwoch, 6. Januar 2016

Star Wars: The Force Awakens

Nachdem George Lucas mit den Star Wars-Episoden 4 (A New Hope, 1977), 5 (The Empire Strikes Back, 1980) und 6 (Return of the Jedi, 1983) eine der beliebtesten Blockbuster-Trilogien der Filmgeschichte geschaffen hatte, brachte er Jahre später eine ganze Fangemeinde gegen sich auf. Episoden 1 (The Phantom Menace, 1999), 2 (Attack of the Clones, 2002) und 3 (Revenge of the Sith, 2005) gehören zum Verhasstesten, was Hollywood im neuen Jahrtausend hervorgebracht hat; Lucas, mit seinem allzu ausgeprägten Hang zu digitaler Nachbearbeitung – vor der auch die DVD-Ausgaben der Originale nicht gefeit blieben – avancierte zum Buhmann.

Neue Hoffnung für die "weit entfernte Galaxie" von Star Wars blüht nun dank J. J. Abrams auf, dem Spielberg- und Zemeckis-Jünger und Neuaufleger des ewigen Konkurrenten Star Trek. Mit ihm an der Spitze des kreativen Teams, unterstützt von Empire- und Jedi-Drehbuchautor Lawrence Kasdan, sollten die Prequels vergessen gemacht und eine neue Ära ohne jeglichen Einfluss Lucas' eingeläutet werden. Mit Erfolg: Episode 7, The Force Awakens, vielleicht Abrams' bester Film bisher, ist eine nostalgische Weltraum-Oper, die sich auf den Charme der originalen Trilogie bezieht, gleichzeitig aber auch einer neuen Vision Tür und Tor öffnet.

Selbst wer kein begeisterter Anhänger der Franchise ist, wird kaum von der Gänsehaut verschont bleiben, die sich einstellt, wenn zu Beginn des Films, unterlegt mit John Williams' legendärem musikalischem Hauptthema, die berühmte gelbe Schrift über den schwarzen Hintergrund rollt und in der Ewigkeit des Alls verschwindet. 30 Jahre nach dem Fall von Darth Vader sind die Jedi-Helden von damals zu Legenden geworden: Während Luke Skywalker (Mark Hamill) Gerüchten zufolge auf einem abgelegenen Planeten zum Einsiedler geworden ist, kommandiert seine Schwester Leia Organa (Carrie Fisher) die Rebellen der Neuen Republik, die von der dunklen Kraft des First Orders, dem Nachfolger von Vaders Imperium, bedroht werden.

Eine neue Hoffnung: 30 Jahre nach dem Ende der originalen Trilogie ist die Galaxie einmal mehr in Gefahr. Die Hoffnung der lichten Seite ruht auf der Schrottsammlerin Rey (Daisy Ridley) und dem Ex-Stormtrooper Finn (John Boyega).
© Lucasfilm
Die Suche nach einer Karte, auf der Lukes Aufenthaltsort eingezeichnet sein soll, führt den Anführer des First Order, Kylo Ren (Adam Driver), auf den Wüstenplaneten Jakku. Dort befindet sich gerade der Rebellen-Pilot Poe Dameron (Oscar Isaac), der von einem Dorfältesten (Max von Sydow) den Auftrag erhält, die Karte in Sicherheit zu bringen. Er versteckt sie kurzerhand in seinem Roboter BB-8 und wird gleich darauf von Rens Truppen gefangen genommen. Auf deren Raumschiff trifft er den meuternden Stormtrooper Finn (John Boyega), mit dem er die Flucht wagt. In der Zwischenzeit wird BB-8 in der Einöde von Jakku von der Schrottsammlerin Rey (Daisey Ridley) gefunden.

Erzählerisch bietet The Force Awakens kaum Bahnbrechendes. Wie Return of the Jedi und The Phantom Menace vor ihm übernimmt auch er die grundlegende Struktur von A New Hope – mitsamt einem Wüstenplaneten als Ausgangspunkt. Doch das wirkt weniger wie ein Selbstplagiat denn als Aneignung eines bewährten Schemas für Entstehungsgeschichten. Zwar binden Abrams, Kasdan und Co-Autor Michael Arndt (Little Miss Sunshine, Toy Story 3) auch bekannte Gesichter wie Leia, Han Solo (Harrison Ford) und seinen treuen Co-Piloten Chewbacca (Peter Mayhew) in die Handlung ein; doch der Plot ruht eindeutig auf den Schultern von Rey und Finn.

Zusammen mit Poe und Ren begründen die beiden ein neues Kapitel in der Star Wars-Historie, sowohl figurentechnisch als auch im grösseren Zusammenhang. Auf die weisse Macho-Kultur der ersten drei Teile – in denen Lucas unter anderem darauf bestand, dass Carrie Fisher in ihrem Kostüm keine Unterhosen tragen dürfe – folgt ein Film, der von einem schwarzen Ex-Stormtrooper, einer vergleichsweise äusserst differenziert geschriebenen Frau und einem Latinx-Rebellen getragen wird. Gerade in diesem Bereich beweist sich Abrams, trotz seines gerechtfertigten Rufs als begabter Stilimitator, als Regisseur von Rang.

Die dunkle Bedrohung hat einen neuen Namen: Kylo Ren (Adam Driver) will die Galaxie unterjochen.
© Lucasfilm
Von der gesteigerten Diversität abgesehen, bleibt sich Star Wars jedoch weiter treu. Exotische Planeten und verwinkelte Sternenkreuzer aller Grössen dienen als Schauplätze; im Hintergrund tummeln sich wunderliche Kreaturen (unter deren Masken sich bekannte Darsteller wie Judah Friedlander, Warwick Davis, Kevin Smith und Simon Pegg verbergen); die rasanten, oft mit praktischen Effekten statt CGI realisierten Verfolgungsjagden werden mitreissend bebildert; zwischen den dramatischen Höhepunkten tauschen die Charaktere äusserst witzige Dialoge aus. The Force Awakens liefert genau das, was die Franchise verspricht: virtuos inszenierten Weltraum-Eskapismus, der den Kinobesuch zum Erlebnis macht.

Der Grundstein für die dritte Trilogie ist also gelegt. Wie Lucas nach A New Hope wird auch Abrams sein Mandat im zweiten Teil abgeben; bereit steht der wohl innovativere Brick- und Looper-Regisseur Rian Johnson, der in Episode 9 wiederum durch Colin Trevorrow (Jurassic World) ersetzt werden soll. Alleinherrschaft, das hat Lucas' Prequel-Egotrip gezeigt, steht Star Wars nicht gut zu Gesicht; die Magie seiner fabelhaften Erfindung entfaltet sich dann am besten, wenn er sie von anderen Filmemachern interpretieren lässt. Mit Abrams' hervorragendem The Force Awakens ist Star Wars einmal mehr eine Kraft, mit der es zu rechnen gilt.

★★★★

Dienstag, 5. Januar 2016

The Danish Girl

© Universal Pictures Switzerland

★★

"Man muss bei diesem Film zwischen seinem Inhalt und seiner Ausführung differenzieren. Denn es besteht gar kein Zweifel daran, dass The Danish Girl ein wichtiger Beitrag zum Queer-Diskurs im Weltkino ist. Ein gefeierter Regisseur nimmt sich der (fiktionalisierten) Biografie eines der ersten Menschen an, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen – das setzt ein starkes Zeichen. Filmemacherisch jedoch lässt das Drama leider einiges zu wünschen übrig."

Ganze Kritik im ZIN mag.

"Facing the Bitter Truth"-Filmpreis 2015

BESTER FILM


  • 45 Years
  • Carol
  • Inside Out
  • La isla mínima
  • It Follows
  • The Look of Silence
  • Mad Max: Fury Road
  • Mr. Holmes
  • A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence
  • Taxi


BESTE REGIE


  • Roy Andersson – A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence
  • Alex Garland – Ex Machina
  • Todd Haynes – Carol
  • George Miller – Mad Max: Fury Road
  • David Robert Mitchell – It Follows
  • Jafar Panahi – Taxi
  • Sebastian Schipper – Victoria


BESTER HAUPTDARSTELLER


  • Michael Caine als Fred Ballinger in Youth
  • Steve Carell als John Eleuthère du Pont in Foxcatcher
  • Johnny Depp als James "Whitey" Bulger in Black Mass
  • Antonythasan Jesuthasan als Dheepan in Dheepan
  • Michael Keaton als Riggan Thomson in Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)
  • Ian McKellen als Sherlock Holmes in Mr. Holmes
  • David Oyelowo als Martin Luther King, Jr. in Selma


BESTE HAUPTDARSTELLERIN


  • Amy Adams als Margaret Keane in Big Eyes
  • Cate Blanchett als Carol Aird in Carol
  • Adèle Haenel als Madeleine Beaulieu in Les combattants
  • Julianne Moore als Alice Howland in Still Alice
  • Carey Mulligan als Bathsheba Everdene in Far from the Madding Crowd
  • Charlotte Rampling als Kate Mercer in 45 Years
  • Kalieaswari Srinivasan als Yalini in Dheepan


BESTER NEBENDARSTELLER


  • Josh Brolin als Detective Christian F. "Bigfoot" Bjornsen in Inherent Vice
  • Oscar Isaac als Nathan Bateman in Ex Machina
  • Jason Mitchell als Eric Lynn "Eazy-E" Wright in Straight Outta Compton
  • Edward Norton als Mike Shiner in Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)
  • Mark Rylance als Rudolf Abel in Bridge of Spies
  • J. K. Simmons als Terence Fletcher in Whiplash
  • Donald Sutherland als Coriolanus Snow in The Hunger Games: Mockingjay – Part 2


BESTE NEBENDARSTELLERIN


  • Elizabeth Banks als Melinda Ledbetter in Love & Mercy
  • Carmen Ejogo als Coretta Scott King in Selma
  • Laura Linney als Mrs Munro in Mr. Holmes
  • Melissa McCarthy als Maggie Bronstein in St. Vincent
  • Meryl Streep als The Witch in Into the Woods
  • Alicia Vikander als Ava in Ex Machina
  • Kate Winslet als Joanna Hoffman in Steve Jobs


BESTE VOICEOVER-PERFORMANCE


  • Scott Adsit als Baymax in Big Hero 6
  • Lewis Black als Anger in Inside Out
  • Jeff Bridges als The Aviator in The Little Prince
  • Sam Elliott als Butch in The Good Dinosaur
  • Richard Kind als Bing Bong in Inside Out
  • Amy Poehler als Joy in Inside Out
  • Geoffrey Rush als Erzähler in Minions


BESTES SCHAUSPIEL-ENSEMBLE


  • The Big Short – Christian Bale, Steve Carell, Ryan Gosling, Melissa Leo, Hamish Linklater, John Magaro, Brad Pitt, Rafe Spall, Jeremy Strong, Marisa Tomei, Finn Wittrock
  • Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance) – Lindsay Duncan, Zach Galifianakis, Michael Keaton, Edward Norton, Andrea Riseborough, Amy Ryan, Emma Stone
  • Les combattants – Kévin Azaïs, Adèle Haenel, Antoine Laurent, William Lebghill, Maxime Mège, Brigitte Roüan, Nicolas Wanczycki
  • Foxcatcher – Steve Carell, Anthony Michael Hall, Sienna Miller, Vanessa Redgrave, Mark Ruffalo, Channing Tatum
  • Fury – Jon Bernthal, Scott Eastwood, Jason Isaacs, Shia LaBeouf, Logan Lerman, Michael Peña, Brad Pitt
  • Steve Jobs – Jeff Daniels, Michael Fassbender, Perla Haney-Jardine, Makenzie Moss, John Ortiz, Seth Rogen, Adam Shapiro, Sarah Snook, Ripley Sobo, Michael Stuhlbarg, Katherine Waterston, Kate Winslet
  • Straight Outta Compton – Bruce Beatty, Neil Brown Jr., Tate Ellington, Paul Giamatti, Angela Elayne Gibbs, Corey Hawkins, Aldis Hodge, O'Shea Jackson Jr., Jason Mitchell, Lisa Renee Pitts, Corey Reynolds, Alexandra Shipp, Keith Stanfield, R. Marcos Taylor, Marlon Yates Jr.


BESTER NICHT-ENGLISCHSPRACHIGER FILM


  • Les combattants
  • Dheepan
  • Das ewige Leben
  • Ich seh ich seh
  • La isla mínima
  • Leviathan
  • The Look of Silence
  • A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence
  • Rams
  • Taxi


BESTER ANIMATIONSFILM


  • Big Hero 6
  • Inside Out
  • Shaun the Sheep Movie


BESTER DOKUMENTARFILM


  • El botón de nácar
  • Die Demokratie ist los!
  • The Look of Silence
  • National Gallery
  • The Wolfpack


BESTES ORIGINALDREHBUCH


  • Les combattants – Thomas Cailley, Claude Le Pape
  • Inside Out – Josh Cooley, Pete Docter, Meg LeFauve
  • La isla mínima – Rafael Cobos, Alberto Rodríguez
  • Leviathan – Oleg Negin, Andrey Zvyagintsev
  • A Most Violent Year – J. C. Chandor
  • A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence – Roy Andersson
  • Rams – Grímur Hákonarson


BESTES ADAPTIERTES DREHBUCH


  • 45 Years – Andrew Haigh (basierend auf der Kurzgeschichte In Another Country von David Constantine)
  • Carol – Phyllis Nagy (basierend auf dem Roman The Price of Salt von Patricia Highsmith)
  • Das ewige Leben – Wolf Haas, Josef Hader, Wolfgang Murnberger (basierend auf dem Roman Das ewige Leben von Wolf Haas)
  • Inherent Vice – Paul Thomas Anderson (basierend auf dem Roman Inherent Vice von Thomas Pynchon)
  • Mr. Holmes – Jeffrey Hatcher (basierend auf dem Roman A Slight Trick of the Mind von Mitch Cullin)
  • Steve Jobs – Aaron Sorkin (basierend auf der Biografie Steve Jobs von Walter Isaacson)
  • Whiplash – Damien Chazelle (basierend auf dem Kurzfilm Whiplash von Damien Chazelle)


BESTE KAMERA


  • Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance) – Emmanuel Lubezki
  • Carol – Edward Lachman
  • Ex Machina – Rob Hardy
  • Far from the Madding Crowd – Charlotte Bruus Christensen
  • It Follows – Mike Gioulakis
  • Mad Max: Fury Road – John Seale
  • Victoria – Sturla Brandth Grøvlen


BESTER SCHNITT



  • The Big Short – Hank Corwin
  • Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance) – Douglas Crise, Stephen Mirrione
  • Ex Machina – Mark Day
  • Fury – Jay Cassidy, Dody Dorn
  • Mad Max: Fury Road – Margaret Sixel
  • Southpaw – John Refoua
  • Steve Jobs – Elliot Graham


BESTE FILMMUSIK


  • Craig Armstrong – Far from the Madding Crowd
  • Alex Ebert – A Most Violent Year
  • Tom Holkenborg – Mad Max: Fury Road
  • Jóhann Jóhannsson – Sicario
  • Daniel Pemberton – Steve Jobs
  • Antonio Sánchez – Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)
  • Richard Vreeland – It Follows


BESTER TON


  • American Sniper – Bub Asman, Alan Robert Murray
  • Big Hero 6 – Shannon Mills
  • Fury – John Hughes, Lisa Pinero
  • Ich seh ich seh – Klaus Kellermann
  • It Follows – Christian Dwiggins, Clayton Perry, Lauren Robinson
  • Love & Mercy – Eugene Gearty, Nicholas Renbeck, Edward Tise
  • Whiplash – Thomas Curley, Lauren Hadaway, Craig Mann


BESTE AUSSTATTUNG


  • Carol – Judy Becker, Jesse Rosenthal, Heather Loeffler
  • Ex Machina – Michelle Day, Mark Digby, Katrina Mackay, Denis Schnegg
  • The Hunger Games: Mockingjay – Part 2 – Andrew Max Cahn, Larry Dias, Priscilla Elliott, Philip Messina, Wolfgang Metschan, Lauren E. Polizzi, Mark Rosinski, David Scheunemann, Stefan Speth, Steve Summersgill, Dan Webster
  • It Follows – Joey Ostrander, Michael Perry
  • Mad Max: Fury Road – Colin Gibson, Shira Hockman, Jacinta Leong, Katie Sharrock, Lisa Thompson, Gena Vazquez
  • Men & Chicken – Jesper Clausen, Anders Engelbrecht, Cornelia Ott, Mia Stensgaard
  • A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence – Ulf Jonsson, Nicklas Nilsson, Sandra Parment, Isabel Sjöstrand, Julia Tegström


BESTE KOSTÜME


  • Carol – Sandy Powell
  • Far from the Madding Crowd – Janet Patterson
  • The Hunger Games: Mockingjay – Part 2 – Bart Mueller, Kurt Swanson
  • Inherent Vice – Mark Bridges
  • Into the Woods – Colleen Atwood
  • Love & Mercy – Danny Glicker
  • Mad Max: Fury Road – Jenny Beavan


BESTE SPEZIALEFFEKTE


  • Ant-Man
  • Avengers: Age of Ultron
  • Ex Machina
  • Jurassic World
  • Mad Max: Fury Road
  • The Martian
  • Star Wars: The Force Awakens

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Nominationen-Total:
  • 8 Nominationen: Mad Max: Fury Road
  • 7 Nominationen: Carol, Ex Machina
  • 6 Nominationen: Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance), Inside Out, It Follows
  • 5 Nominationen: A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence, Steve Jobs
  • 4 Nominationen: Les combattants, Far from the Madding Crowd, Mr. Holmes
  • 3 Nominationen: 45 Years, Big Hero 6, Dheepan, Fury, The Hunger Games: Mockingjay – Part 2, Inherent Vice, La isla mínima, The Look of Silence, Love & Mercy, Taxi, Whiplash
  • 2 Nominationen: The Big Short, Das ewige Leben, Foxcatcher, Ich seh ich seh, Into the Woods, Leviathan, A Most Violent Year, Rams, Selma, Straight Outta Compton, Victoria
  • 1 Nomination: American Sniper, Ant-Man, Avengers: Age of Ultron, Big Eyes, Black Mass, El botón de nácar, Bridge of Spies, Die Demokratie ist los!, The Good Dinosaur, Jurassic World, The Little Prince, The Martian, Men & Chicken, Minions, National Gallery, Shaun the Sheep Movie, Sicario, Southpaw, Star Wars: The Force Awakens, Still Alice, St. Vincent, The Wolfpack, Youth