Sein Schützling ist nicht irgendjemand: Sein Name ist Adonis Creed (Michael B. Jordan) und er ist der uneheliche Sohn d legendären Championss Apollo Creed (Carl Weathers) – Rockys Freund und erstem grossen Gegner, der in Rocky IV (1985) tragisch im Ring zu Tode kam. Glücklich ist Adonis, genannt Donnie, mit dem Ruhm seines Vaters allerdings nicht: Die Villa, die er mit Apollos Witwe Mary Anne (Phylicia Rashād) bewohnt, fühlt sich für ihn fremd an; wenn er an Wochenenden in Tijuana in den Ring steigt, kämpft er unter dem Namen Johnson.
Schliesslich zieht es ihn, wie die Franchise selbst, zurück zu den Wurzeln des Erfolgs – und der liegt, unüblich für das amerikanische Kino, nicht im sonnendurchfluteten Westen, sondern im grauen, wirtschaftlich angeschlagenen Osten. Donnie lässt seine kalifornische Heimat hinter sich und quartiert sich in Philadelphia in einer bescheidenen Einzimmer-Wohnung ein – mit dem Ziel, sich von Rocky Balboa trainieren zu lassen.
Inszeniert wurde Creed von Ryan Coogler, dem 29-Jährigen, der sich 2013 mit seinem Regiedebüt Fruitvale Station scheinbar in Stellung brachte, das Erbe des vorübergehend etwas in Vergessenheit geratenen Spike Lee anzutreten. Dieser hat sich seither allerdings mit der Aristophanes-Adaption Chi-Raq furios zurückgemeldet. Doch selbst wenn hier weder Polizeibrutalität noch institutioneller Rassismus eine Rolle spielen, ist Cooglers Zweitwerk dennoch ein selbstständiger, nicht zu unterschätzendes Beitrag zum zeitgenössischen afroamerikanischen Filmkanon.
Nicht nur wird hier in erster Linie eine schwarze Familiengeschichte erzählt, die sich um Donnie, seine Nachbarin Bianca (die hervorragende Tessa Thompson), in die er sich verliebt, Mary Anne und den langen Schatten Apollos dreht. Auch Donnies Beziehung zum gealterten Rocky ist nicht ohne symbolische Note: Der altehrwürdige Italoamerikaner reicht mit seinem Wissen auch die Hauptrolle seiner ikonischen Franchise an den jungen schwarzen Boxer weiter, den Coogler und Co-Autor Aaron Covington im Gegenzug einige berühmte Momente aus der Rocky-Historie neu auslegen lassen. Allein die Szene, in der Donnie durch die Strassen von Philadelphia joggt, angefeuert von einer schwarzen Biker-Gruppe, musikalisch begleitet von einem Mix aus Rap und dem Rocky-Hauptthema, hat das Potenzial, ihrerseits Ikonenstatus zu erlangen.
Zurück in den Ring: Rocky Balboa (Sylvester Stallone) trainiert den aufstrebenden Boxer Adonis Creed (Michael B. Jordan). © 2015 Warner Bros. Ent. |
Erzählerisch besteht somit nicht viel Spielraum, um aus den vorgefertigten Mustern auszubrechen. Zwar bleibt der Film der anregend antiklimaktischen Rocky-Tradition treu, dass der persönliche Sieg mehr wert ist als der offizielle, doch unterscheidet er sich letztlich nur geringfügig von vergleichbaren Werken wie etwa Antoine Fuquas Southpaw. Da jedoch die Formel – das hat auch Southpaw gezeigt – nach wie vor zu mitreissenden Filmen verarbeitet werden kann, ist es schwer, Creed seinen engen Bezug zum eigenen Genre nachzutragen. Nach fünf zunehmend zweifelhaften Fortsetzungen hat es Rocky dank Ryan Coogler geschafft, sich auf den Olymp des Boxkinos zurückzukämpfen.
★★★★
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