Montag, 21. März 2016

Trumbo

Wie unlängst schon sein Zeitgenosse Alfred Hitchcock in Sacha Gervasis Hitchcock (2012), ist nun auch der legendäre Hollywood-Drehbuchautor Dalton Trumbo zum Thema eines Biopics geworden, das trotz eines unbestrittenen Unterhaltungswerts so unspektakulär daher kommt wie sein Titel. Mit Helen Mirren und Michael Stuhlbarg teilen sich Gervasis Film und Jay Roachs Trumbo sogar zwei Nebendarsteller.

Beide Werke bieten leicht verdaulich aufbereitete Geschichten von der dunklen Seite des klassischen Hollywood. Das eine rollt die turbulente Produktionsgeschichte von Psycho auf, das andere kartografiert Aufstieg und Fall von McCarthyismus und dem House Un-American Activities Committee (HUAC) am Beispiel des erklärten Kommunisten Trumbo, der 1947 als Teil der berühmt-berüchtigten "Hollywood Ten" ein Berufsverbot auferlegt bekam.

Schlussendlich ist es Trumbo, der insgesamt den besseren Eindruck macht, nicht zuletzt weil Kommunismus auch fast ein halbes Jahrhundert nach dem Ende von Trumbos Karriere in den USA noch ein heikles Thema ist; derweil Hitchock mit seinen Anekdoten über hyperempfindliche Zensurbehörden und die Allmacht des Studiosystems überwiegend offene Türen einrannte. Ohne Angst vor konservativen Protesten stellen Roach und Autor John McNamara den Autor von Thirty Seconds Over Tokyo, Roman Holiday, The Brave One und Spartacus nicht nur als das Opfer ungerechtfertigter staatlicher Unterdrückung dar, das er war, sondern finden in seinen sozialistischen Überzeugungen sogar etwas Heldenhaftes.

Der Fokus des Films liegt aber weniger auf der politischen als auf der Künstler- und Familien-Persona Dalton Trumbo, dessen schlagfertiger Galgenhumor von Bryan Cranston in einem eindrücklichen Balanceakt zwischen Komik und Tragik grossartig eingefangen wird. Episodisch erzählt Trumbo von den wohl wichtigsten 15 Jahren im Leben seiner Titelfigur, reich ausgestattet mit prominenten Nebenfiguren wie Hedda Hopper (Mirren), Edward G. Robinson (Stuhlbarg), Otto Preminger (Christian Berkel), Kirk Douglas (Dean O'Gorman) und John Wayne (David James Elliott).

Für den filmhistorisch versierten Zuschauer sind aber gerade diese Quasi-Cameos ein eher zweifelhaftes Vergnügen: So amüsant es auch sein mag, diese bekannten Persönlichkeiten imitiert zu sehen, so sehr fehlt es diesen Charakteren an Tiefe. John Goodman setzt als B-Movie-Produzent Frank King ein komödiantisches Glanzlicht, Michael Stuhlbarg holt Beachtliches aus seinem in den Dienst erzählerischer Bequemlichkeit gestellten Edward Robinson heraus, Mirren hat ihre Momente; während Wayne, Douglas und Preminger blosse Karikaturen bleiben, deren Auftritte zu sehr auf Stimme und Aussehen statt auf dramaturgischen Effekt fixiert sind.

Star-Drehbuchautor Dalton Trumbo (Bryan Cranston) bekommt während der Fünfzigerjahre die Gewalt der antikommunistischen Hexenjagd, in Hollywood vorangetrieben von der Klatschkolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren), zu spüren.
© Ascot Elite Entertainment Group
Überhaupt stellt John McNamaras Drehbuch den vielleicht grössten Schwachpunkt von Trumbo dar. Unterstützt von hübschen Kulissen, hakt die Handlung beflissen, aber weitgehend profillos die Stationen von Trumbos Leben während der Kommunistenhatz in Hollywood ab. Hinter fast jeder Dialogzeile ist die erzählerische Funktion zu hören: Exposition findet ohne Subtilität statt; die emotionalen Höhepunkte verdanken ihre Resonanz hauptsächlich den Leistungen von Cranston und Diane Lane, die als Trumbos Ehefrau Cleo, eine ehemalige Vaudeville-Darstellerin, eigene starke Akzente setzt.

Der Grund, warum Roachs Film trotz seiner Defizite über eine Dosis Kraft verfügt, liegt darin, dass viele Szenen auf wahren, audiovisuell protokollierten Begebenheiten basieren: den Verfahren gegen die Hollywood Ten – die mit Arlen Hird (Louis C. K.) zu einer ungeschickt eingeflochtenen Kompositfigur verknappt wurden –, den Interviews, die Trumbo vor, während und nach seinem Berufsverbot gab. Hier, wie auch in den Ausschnitten und Nachstellungen der Filme, für die Trumbo das Skript lieferte, profitiert das Biopic von der beträchtlichen Eloquenz des historischen Trumbo und erreicht während dessen brillant formulierten Plädoyers für freie Meinungsäusserung und gegen hurrapatriotische Willkür – darunter eine wunderbare Auseinandersetzung mit John Wayne –, auch dank Cranston, seine besten Momente. Die Kehrseite dieser "Best of Trumbo"-Strategie: McNamaras Material wirkt im direkten Vergleich noch inadäquater.

★★★

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