Irgendwie klingt das alles sehr vertraut. Gab es da vor ein paar Jahren nicht Akiva Goldsmans Winter's Tale, in dem es Colin Farrell in den 1910er Jahren mit einer Dämonenmafia aufnahm und sich plötzlich im Jahr 2014 wiederfand, um ein sterbendes Mädchen zu retten? "Everything is connected by light" war damals die zentrale Grusskarten-Weisheit, die in letzter Konsequenz dafür sorgte, "that the universe bends over backwards to help a dying child". Es lässt sich darüber streiten, ob wirklich alles so miteinander zusammenhängt. Offenkundiger ist jedoch die Verbindung zwischen Winter's Tale und Collateral Beauty – beide sind aus dem gleichen sentimental-manipulativen Holz geschnitzt.
Während Goldsmans Film aber immerhin auf höchst fantasievolle und unterhaltsame Art und Weise hirnrissig ist – vom fliegenden Hundepferd bis zu Russell Crowes Vorliebe für Eulengerichte –, macht sich bei Frankel schon früh Langeweile breit. Will Smith – in Winter's Tale ein haarstäubend lächerlicher Luzifer – schlafwandelt durch eine Erzählung, deren Figuren unsauber geschriebene Stereotypen, deren Konflikte hoffnungslos konstruiert und deren ethische Implikationen hochgradig fragwürdig sind.
Seit dem Tod seiner Tochter ist der depressive Howard (Will Smith) kaum noch ansprechbar. © 2016 Warner Bros. Ent. |
Mündet diese Prämisse ins Spirituelle und Philosophische? Natürlich. Lernt Howard, das Leben aus einer neuen Perspektive zu sehen? Selbstverständlich. Wird auch das Leben seiner verzweifelten Freunde durch die Bemühungen der Schauspieler bereichert? Wie könnte es auch anders sein? Man könnte Collateral Beauty mühelos in ein Bingo-Spiel über das "esoterisch angehauchte C'est-la-vie-Rührstück"-Genre verwandeln: Totes Kind? Bingo. Zu dramatischen Zwecken missbrauchte Depression? Bingo. Eine kinderlose Karrierefrau ist unglücklich? Bingo. Ein Mann versucht, sich mit seiner entfremdeten Tochter zu versöhnen? Bingo. Krebs? Bingo.
Howards Freunde und Geschäftspartner Whit (Edward Norton, links), Claire (Kate Winslet) und Simon (Michael Peña) bemühen sich vergeblich, ihn zur Rede zu stellen. © 2016 Warner Bros. Ent. |
Mit dieser inneren Diskontinuität hängt auch der Umstand zusammen, dass Collateral Beauty letztlich mehr als nur ein schlechtes Melodrama ist – dass Frankel und Loeb nämlich hart an der Grenze zum Anstössigen operieren. Willentliche Aussetzung des Unglaubens – auch bekannt als "suspension of disbelief" – mag zu den Grundfesten des Kinos gehören; doch hier wird das Prinzip zu weit getrieben. Der Film liefert keine befriedigende Begründung dafür, warum Whit (Norton), Claire (Winslet) und Simon (Peña) mit ihrem verworrenen Plan schneller zum Ziel gelangen würden, als wenn sie Howard mit vereinten Kräften ins Gewissen reden würden. Was das Publikum zu Gesicht bekommt, sind isolierte Einzelversuche nach Feierabend – obwohl Howard täglich Stunden damit verbringt, vor den Augen seiner Partner Dominosteine aneinander zu reihen.
Drei Schauspieler sollen Howard in den Rollen von Tod (Helen Mirren, links), Liebe (Keira Knightley) und Zeit (Jacob Latimore) besuchen, um ihn wach zu rütteln. © 2016 Warner Bros. Ent. |
Schon Winter's Tale war beleidigend – was hat das vom Universum gerettete Kind, was Millionen andere nicht haben? –, aber wenigstens auf eine weniger spezifische Weise. Edward Norton, Jacob Latimore, und Michael Peña mögen versuchen, diesem Machwerk wenigstens ein bisschen Leben einzuhauchen; es ist ein Fest, wenn Figuren mit heiligem Ernst Dinge wie "He's reaching out to the cosmos for answers" von sich geben. Doch schlussendlich bleibt Collateral Beauty eine stümperhaft zusammengeschusterte, manipulative Schnulze, die vor lauter kosmischer Gefühlsduselei Ethik und Moral vergisst.
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