Geändert hat sich nicht viel. Auf der Leinwand besteht eine Musikerkarriere immer noch aus einem ungeahnten Aufstieg, einem drogeninduzierten Niedergang und einem triumphalen Comeback, wobei der künstlerischen Freiheit keinerlei Grenzen gesetzt zu sein scheinen. 2018 avancierte dieses erzählerische Malen nach Zahlen in Form von Bryan Singers miserablem Queen-Vehikel Bohemian Rhapsody zu einem der grossen Kassenschlager des Jahres und wurde aus unerfindlichen Gründen mit vier Oscars betraut.
Entsprechend hoch sind die Erwartungen an Rocketman, das neue Elton-John-Biopic von Dexter Fletcher, der am Ende der Dreharbeiten zu Bohemian Rhapsody auf dem Regiestuhl Platz nahm, nachdem Singer wegen unbefriedigender Arbeitsweise entlassen worden war. Fletchers Film ist tatsächlich besser als Singers Freddie-Mercury-Klamauk – vor allem handwerklich –, doch auch er kann sich nicht aus den klischierten Fesseln des Genres befreien.
Man kann Rocketman aber nicht vorwerfen, dass er es nicht versucht. Die Geschichte des schüchternen Klavier-Wunderkindes Reginald Dwight, das es unter dem Namen Elton John (Taron Egerton) mit Anfang 20 zum bestverdienenden Popstar der Welt bringt, gibt sich alle Mühe, sich nicht mit dem blossen Abhaken biografischer Meilensteine zufriedenzugeben.
Anstatt Johns Hits, deren Texte sein kreativer Partner Bernie Taupin (Jamie Bell) bis heute für ihn verfasst, in repetitiven Studio- und Konzertsequenzen zum Besten zu geben, bedient sich Fletcher beim Stilkatalog des Musicals und verbindet die Songs in aufwändigen, streckenweise hervorragend inszenierten Sing- und Tanzeinlagen ("The Bitch Is Back", "Saturday Night's Alright for Fighting", "Rocket Man") mit wichtigen Stationen im Leben seines Protagonisten. So legt Rocketman eine erfrischende Camp-Sensibilität an den Tag, die Johns schriller künstlerischer Persona zweifellos gerecht wird.
Elton John (Taron Egerton) hat mit dem Preis des Ruhms zu kämpfen. © Paramount Pictures |
Das ist alles dermassen bekannt und austauschbar, dass sich irgendwann Langeweile einstellt, woran auch Taron Egertons inbrünstige Darbietung in der Hauptrolle nichts ändern kann. Vielleicht ist es einfach an der Zeit, sich einzugestehen, dass sich die Musik-Biopic-Formel in dieser Form endgültig totgelaufen hat.
★★
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